Zwei Jahre Zentrum für Bibelstudien
Das Zentrum für Bibelstudien, Teil der Prager Akademie der Wissenschaften, sowie der Prager Karlsuniversität, feierte diesen Januar sein zweijähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wurden im Beisein der Öffentlichkeit aktuelle Projekte präsentiert. Jörn Nuber stellt die Einrichtung vor:
Theologen und Religionswissenschaftler waren an der Akademie der Wissenschaften, als auch an der Karlsuniversität schon seit ihrer Gründung tätig. Sogar während des kommunistischen Regimes konnten die Wissenschaftler -wenn auch mit wesentlichen Einschränkungen- weiterarbeiten. Den Angehörigen der Fakultät für evangelische Theologie gelang es sogar, Kontakte ins Ausland aufrecht zu erhalten.
Idee des Mitbegründers des Zentrums für Bibelstudien, Professor Petr Pokorny, war es, die an verschiedenen Prager Instituten zerstreut tätigen Wissenschaftler zusammenzubringen, um die gemeinsame Arbeit zu erleichtern. Die Liste der Projekte und inzwischen veröffentlichten Werke kann sich sehen lassen: Beispielsweise Jan Dus' Buch über die Apokryphen, Martin Prudkys Arbeit über den Einfluss des alten Testaments auf die Kultur oder die geplante Konferenz für Hermeneutik, bei der Bibelwissenschaftler über das Lesen und Verstehen von Bibeltexten diskutieren werden.
Jan Heller, pensionierter Professor an der Fakultät für evangelische Theologie, fasst den Schwerpunkt der Arbeit des Zentrums für Bibelstudien folgendermaßen zusammen:
"Einerseits bemühen wir uns die grundlegenden Texte, die noch nicht in tschechischer Sprache erschienen sind zu übersetzen, möglichst aus dem Original, nicht also aus den anderen modernen Sprachen, und der tschechischen Leserschaft vorzulegen. Zweitens haben wir bestimmte Gebiete, wo wir uns bemühen auch die Forschung irgendwie im Gespräch mit den Spitzen der wissenschaftlichen Forschung in der Welt vorwärtszutreiben."
Befragt nach der Aktualität von Bibelstudien in einer säkularisierten Welt, die darauf ausgerichtet ist, auch ohne Gott zu funktionieren, antwortet Professor Heller:
"Die Ereignisse der letzten Jahre, besonders des vorigen Jahres - der 11. September und alles was damit zusammenhängt - zeigen eigentlich, dass das Problem der Zukunft das moralisch-spirituelle Problem ist. Wenn wir uns diesen Sachen irgendwie nicht stellen können, und zwar innerlich - also nicht in erster Linie äußerlich - dann erwartet uns eine sehr schlechte Zukunft. Und ein Beitrag in dieses moralisch-spirituelle Ringen sollte auch von Seiten der Christen kommen und zwar mit Berufung auf die Quellen. Und das ist natürlich für uns die Bibel. Es ist aber notwendig die Bibel neu und modern zu interpretieren."
Nicht nur politische Antworten sucht Professor Heller in dem meistgedruckten Buch der Welt. Er hält es auch für den wichtigsten Beitrag zur persönlichen Lehre:
"Die Demut, die Geduld, die Selbstlosigkeit, die Selbstkritik, für das alles gibt es kein besseres Lehrbuch als die Bibel."
Man darf also gespannt sein, wie sich die nächsten zwei Jahre für das Zentrum für Bibelstudien entwickeln werden.