Zweitakter in Tschechien

Obwohl die legendären ehemaligen ostdeutschen Zweitakter heute eher als technische Rarität wirken, an manchen Strassen Tschechiens sind immer noch viele zu sehen. Doch die Anzahl der Besitzer sinkt rapide. Trotzdem sind die stinkenden Karossen so manchen Abgeordneten ein steter Dorn im Auge. Und so versuchten sie schon mehrmals, diese per Verbot aus dem Verkehr zu ziehen. Es informiert Sie Ladislav Kylar.

Solch einen für ostdeutsche Zweitakter typischen Sound hört man heuzutage in Tschechien inzwischen selten. Obwohl noch vor ein paar Jahren die Trabbis und Wartburgs in der Top 10 der meistgefahrenen Vehikel die Plätze 5. und 9. belegten. Heute ist es ganz anders. Neuere Autos haben ihre Plätze eingenommen, der alte Schrott musste die Straßen frei machen. Vor allem gilt das für die Großstädte, wo die ökonomische Lage besser ist. Einen neueren Skoda kann sich mittlerweile fast jeder leisten. Doch auf dem Lande herrscht eine ganz andere Situation. Der Wartburg oder Trabant ist da immer noch beliebt - als Arbeitswagen beim Bauen, bei der Feldarbeit, oder als billiges Verkehrsmittel für Jugendliche, wenn sie ins nächste Dorf in die Disco wollen und das Wetter die Fahrt mit dem Motorrad nich zulässt. Aus dem Kultwagen der Ostdeutschen ist ein Nutzfahrzeug geworden.

Für manche ist es einfach durch Geldnot bedingt. Ein normaler Gebrauchtwagen in gutem Zustand ist in Tschechien nicht unter 2 bis 3 Tausend DM zu bekommen. Ein Trabbi oder sogar Wartburg kostet dagegen bloss die Hälfte. Die Ersatzteile sind fast umsonst - eine Flasche Rum oder noch besser ein Kasten Bier, dafuer kriegt man schon eine grosse Kiste voller Schrauben, Federn, Axen oder ein Paar Kotfluegel und die Motorhaube dazu. Aber den Ruf eines Autos für die Armen haben sich die Zweitakter mit der Erfindung des Lackbenzins erworben. Klar. Ein Zweitakter frist alles und Lackbenzin ist fast um die Hälfte billiger als eine normale Oel-Benzin-Mischung. Die Rauch- und Gestankfahne, die dann entsteht, vergiftet jeden Autofahrer, der das Pech hat, in einer Kolone hinter so einem Zweitakter stecken zu bleiben.

So etwas ist wahrscheinlich einigen der tschechischen Abgeordneten passiert. Beinahe jährlich kommen Gerüchte auf, dass die Regierung die Zweitakter verbieten will. Gleich danach spaltet sich die Öffentlichkeit in zwei leidenschaftliche Gruppen. Die eine begrüßt ein Verbot von Herzen, die andere kämpft heftig fuer ihre Fahrrechte und für das Überleben ihrer Lieblingsfahrzeuge. Dann wird das Gerücht vom Abgeordnetenhaus und der Regierung dementiert und die ganze Affäre wird sich beruhigen. Das Drehbuch ist immer das gleiche. Was sich ändert, sind die Zahlen der angemeldeten Zweitakter, die nach einem solchen Aufruf drastisch sinken. Und auch die Preise fallen.

Das 10-jährige Jubiläum der Beendigung der Zweitakterproduktion in Eisenach und Zwickau haben die Trabbis und Wartburgs in Tschechien noch überlebt. Doch die Zukunft sieht eher schwarz aus. Wenn es wahr ist, dass die Regierung wirklich ein Zweitakterverbot plant, dann werden sie "europäischer" als die EU selbst. Denn laut dem Allgemeinen IFA-Club Europa, der die Wartburg- und Trabbifahrer vereint, denkt man in Brüssel überhaupt nicht über ein Zweitakterverbot nach.

Autor: Ladislav Kylar
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