36. Filmfestival in Karlovy Vary: Balkan-Krieg sowie Probleme der erwachsenwerdenden Mädchen
Siebzehn Filme haben im Wettbewerb auf dem Filmfestival in Karlovy Vary / Karlsbad vom 5. bis 14. Juli um die Gunst der Jury gekämpft. Insgesamt wurden jedoch um die 280 Streifen gezeigt. Zu einem Besuch des größten Filmfestes in Tschechien lädt Sie nun Markéta Maurová ein.
Werfen wir zuerst einen allgemeinen Blick auf den Wettbewerb. Wie schätzt sie das Niveau des Karlsbader Festivals ein, fragte ich die Filmjournalistin, Martina Vackova.
"Die Wettbewerbsektion gewinnt meiner Meinung nach von Jahr zu Jahr an Prestige. Ich würde sagen, dass die Qualität der Filme mit der auf den Festivals in Berlin und Cannes vergleichbar ist. Das ist wohl das Verdienst der Programmdirektorin Eva Zaoralová, die bereits so gute Kontakte hat, dass sie viele gute Filme nach Karlsbad holen kann. Andererseits glaube ich, dass die Produzenten und Regisseure selbst gerne Filme hierher schicken. Wichtig ist, dass es hier viele Filme aus den östlichen Ländern gibt. Sie bekommen mehr Raum als auf den westlichen Festivals, und gerade wegen dieser Filme kommen ausländische Besucher hierher".
Kann man im gegenwärtigen Filmschaffen gemeinsame Tendenzen und Stoffe finden? Kann ein solches Festival modische Themen nachweisen?
"Würden wir uns die Filme hier in Karlovy Vary anschauen, können wir zwei Filme finden, einen von der sozusagen westlichen Seite, den anderen von der östlichen: den amerikanischen "Ghost World" und den polnischen Streifen "Hallo Tereska". Die beiden Filme erzählen über Probleme heranwachsender Jugendlicher. Ich muss sagen, dass der polnische ein bisschen grober ist, denn es wird darin gezeigt, wie ein normales Mädchen lernt zu klauen, zu rauchen, Alkohol zu trinken und letztendlich macht es auch sexuelle Erfahrungen. Der amerikanische Film ist ein bisschen leichter, aber auch dort findet man die Probleme der Jugend, was man in diesem kritischen Alter mit 16-17 Jahren so treibt."
Über eine Freundschaft von zwei Mädchen und Probleme der 15-jährigen sowie über die Gleichgültigkeit der Erwachsenen erzählte auch der mexikanische Film "Das Veilchen-Parfüm" von Maryse Sistach. Doch dieser Problembereich war nicht der einzige in Karlsbad.
"Und eine andere Seite der gemeinsamen Themen ist das, was Osteuropa vereinigt, und zwar der Balkan-Krieg oder überhaupt Konflikte in Europa. Das war der zweite Typ der Filme, wie z.B. "Chico" der ungarischen Regisseurin oder der jugoslawische Film "Der Krieg live" . Diese Filme widmen sich den Konflikten, die es in diesen Territorien gibt und erörtern die Frage, wie die Menschen dadurch beeinflusst werden."
Nicht nur gemeinsame Themen, auch gemeinsame technische Methoden konnte man in Karlsbad beobachten. Auffallend war dabei ein enorm häufiger Gebrauch der Digital-Kamera anstatt der klassischen Filmtechnologie. Dies war auch beim deutschen Wettbewerbs-Film "Birthday" der Fall, dessen Regisseur Stefan Jäger ich nach den Vorteilen dieser Technologie fragte:
Unter den genannten Filmen waren bereits einige Preisträger erwähnt. Der polnische Film "Hallo Tereska" wurde mit dem Sonderpreis der Hauptjury sowie mit dem Preis der Filmkritiker FIPRESCI und dem Don-Quijote-Preis der Filmklub-Föderation belohnt: Sein Regisseur Roman Glinski zeichnete sich auch mit einem originellen Dankwort aus:
"Mit dem Film ist es wie mit Möhren. Man sucht kompliziert nach geeigneten Beeten, in denen man sie sät. Es dauert lange Zeit, bis sie wachsen, dann werden sie geerntet, gereinigt, gekocht, gewürzt. Letztendlich legen Sie den Kuchen dem Gast vor und er schüttelt sich - brr! pfui! - und alles wird weggeschmissen. Ich danke Ihnen, dass ihnen meine Möhren geschmeckt haben."
Der Preis für die beste Regie ging an die Ungarin Ibolya Fekete. Ihr Film "Chico" erhielt aber des weiteren auch den Preis der ökumenischen Jury. Diese hat die Filme nicht nach technischen und formellen Merkmalen, sondern nach deren Botschaft beurteilt. Ihr Mitglied Milos Rejchrt dazu.
Wer in diesem Jahr den Gesamtsieger tippen wollte, der hatte eine leichte Aufgabe. Als klarer Favorit galt schon viele Tage vor dem Ende des Festivals der französische Streifen "Amelie vom Montmartre" des Regisseurs Jean-Pierre-Jeunet.
"Es ist eine schöne Ggeschichte über ein Mädchen, das sich verliebt. Der Film erzählt davon, wie sie ihn sucht und wie er sie sucht. Dabei erfinden sie verschiedensten Spiele, bis sie sich schließlich treffen."
Soviel Martina Vacková. Der Film hat nicht nur ihr, sondern auch dem Schweizer Regisseur Stefan Jäger gefallen.