Altprager Kapelle "Slapeto"

Slapeto

Der Juli hat sich gerade in den August hinübergeschwungen, der Sommer kulminiert und unsere Hörerinnen und Hörer sind im Urlaub, kehren gerade aus diesem zurück oder überlegen, wohin sie sich noch begeben können. Beim Hören von Radio Prag werden sie sich in dieser Zeit wohl eher nicht über ernsthafte Themen ihre Köpfe zerbrechen wollen. Von solchen Gedanken ließen wir uns leiten, als wir im Archiv von Radio Prag ein Thema für unseren heutigen Kultursalon gesucht haben. Letztendlich haben wir ein Porträt der Altprager Kapelle Slapeto gewählt, deren Lieder Ihnen sicher gefallen werden. Am Mikrophon werden Sie gleich von Markéta Maurová und Olaf Barth begrüßt.

"Am Anfang war das Bier... ein goldenes, schaumiges Nass, das an Prager Theken und in Kneipen allen Stamm- und zufälligen Gästen eingeschenkt wurde. Es handelte sich dabei doch um keine Dahergelaufenen: es trafen sich dort der brave Soldat Schwejk mit Jaroslav Hasek, Franz Kafka, Karel Hasler, Eduard Bass und Karel Capek ..., es mischte sich dort Tschechisch und Deutsch, es wurden Reden über Politik und Frauen geführt, aber vor allem - und das war die Hauptsache - wurde dort gesungen."

Wir haben aus einem Text zitiert, der als eine Programmerklärung der Kapelle Slapeto gelten kann. Seit Jahren bemühen sich Mitglieder dieser Kapelle, die Welt der Straßen, Kneipen und Kabarette des Alten Prags, aber vor allem die alten Lieder dieses Milieus wieder zu beleben. Wie - das werden Sie gleich erfahren.

Slapeto wurde 1989 gegründet. Der Akkordeonspieler und Sänger Jiri Hötzel erzählt uns mehr:

"Die Kapelle entstand damals als eine Studentenkapelle. Eigentlich wollten die Mitglieder, damals noch junge Männer, einfach beim Bier zusammen singen. In der Kapelle waren damals zwei Computeringenieure, ein Historiker, ein Tischler, ein Wirt usw."

Und wie ist die Entscheidung getroffen worden, gerade alte Lieder aus Prag zu singen und zu spielen?

"Das hat sich von allein herausgebildet. Man sang Volkslieder. Am meisten haben uns die Moritaten aus dem alten Prag gefallen - Anezka Böhmová und solche groben Lieder, in denen man singt, wie das Blut spritzt usw. Die Experten nennen das Stadtfolklore. Einfach gesagt - es geht um Bier, Frauen und Essen."

Um das Genre, das die Kapelle spielt, zu charakterisieren wollen wir eine Erinnerung des Theatermannes und Liederautors Jiri Suchy zitieren, die man in einer der Slapeto-CDs findet. "Es erschienen damals vor dem Haus zwei oder drei Musiker und begannen aufzuspielen. Die Besetzung einer solchen Kapelle war unterschiedlich. Gewöhnlich war eine Geige dabei, ein Akkordeon, manchmal eine Flieghorn... Das Repertoire war sehr volkstümlich. Die Lieder, künstlerisch häufig nicht sehr anspruchsvoll, trugen eine besondere Poesie in sich, die die Zeit nicht verweht, sondern noch vergrößert hat."

Ein weiteres Slapeto-Mitglied, Ota Litomiský, hat noch etwas hinzuzufügen:

"Wir haben dieses Genre gewählt, weil es dem Publikum gefallen hat. Wir wollten uns diesem Genre widmen und es vertiefen. Am Anfang dachte man aber sicher nicht daran, es irgendwann professionell zu machen. Es passierte aber Folgendes: Während eines Auftritts ging der Film- und Fernsehregisseur Zdenek Podskalský vorbei, der gerade seinen Hund spazieren führte. Er wurde aufmerksam, blieb stehen und dann ging er zur Kapelle und sagte: "Es gefällt mir, wie Sie da machen. Wenn Sie Interesse hätten, würde ich Sie gerne zu mir nach Hause einladen, wo ich ein Archiv habe. Der Besuch wurde natürlich realisiert und dadurch lernten wir Zdenek Podskalský kennen, wir haben unser Repertoire erweitert und er wurde unser weiser Freund und Ratgeber."

Zdenek Podskalský stand auch dem ersten Auftritt der Kapelle in den Medien Pate. Ihr erstes Fernsehprogramm hieß "Auf dem Prager Mordmartre". Diesem ersten folgten auch weitere komponierte Programme und Auftritte im Fernsehen und bei verschiedenen anderen Angelegenheiten.

Die Hauptquelle, in der man nach alten Liedern suchen kann, sind Archive verschiedener Personen. Michal Zára, der in Slapeto Geige, Bratsche und Banjo spielt, erzählt über sein Treffen mit einem der Archivare.

"Ich habe Jaromír Cervinka kennen gelernt. Er war mit Leib und Seele Archivar. Er wohnte in einer kleinen Wohnung, die vom Boden bis zur Decke von alten Materialien, Liedern, Schallplatten, Büchern überhäuft war, alles mit langjährigem Staub bedeckt. Mitten in diesen Sachen hatte er einen Tisch, ein Bett und einen Kocher und darin überlebte er. Er hat sein ganzes Leben den Liedern geopfert."

Aus den Archivbeständen stammen 99 Prozent der Slapeto-Lieder. In der letzten Zeit versuchen aber einige Mitglieder, im Altprager Geist neue, eigene Lieder zu schreiben. Sie lassen sich von den alten kaum unterscheiden. Jiri Hötzel:

"Es ist toll, wenn wir zwei, drei Jahre nach der Entstehung des Liedes dieses von einer anderen Kapelle hören können. Wir kommen irgendwohin und dort werden unsere Lieder gespielt, die allgemein bekannt sind. Sie sind aber keine 100 Jahre, sondern nur 2 Jahre alt. Das ist eine phantastische Reklame für die Kapelle und eine Auszeichnung für den Autor und Arrangeur."

Man verfasst Lieder auf politische Themen, Lieder über Frauen oder...

"Natürlich über das Essen. Ich bin ein bisschen einfach, ich setzte aufs Essen."

Diese Wahl lohnt sich für Michal Zára. Motiviert durch sein Lied "Gottesliebchen alias Apfelstrudel" kommen in der Pause Fans zu den Musikern und bringen ihnen Apfelstrudel.

Die Auftritte der Kapelle Slapeto sind keine bloßen Konzerte, wo man ein Lied nach dem anderen singt und spielt. Es handelt sich eigentlich um kleine Theatervorstellungen, die unglaubliche Geschichten erzählen und das Publikum zum Lachen bringen sollen. Autor der Szenarios sowie Moderator der Abende ist Ota Litomiský:

"Wir haben damit begonnen, dass jede Vorstellung eine andere Geschichte erzählte. Und im Laufe der Jahre haben wir festgestellt, dass wir 17 komponierte Programme gemacht haben, die thematisch ganz unterschiedlich waren."

Im Alltagsleben tragen die Slapeto-Mitglieder natürlich keinen aufgezwirbelten Bart, keine Pumphose und keine karierte Mütze, wie es während ihrer Auftritte der Fall ist. Ihre Stilisierung spielt aber doch eine gewisse Rolle in ihrem Leben. Jiri Hötzel:

"Wir sind wohl alle in unserem Denken dadurch beeinflusst. Dieses können eigentlich nur Leute machen, die konservativ denken. Sie können radikale Ansichten zur Politik oder zur technischen Entwicklung haben, aber was die Liebe zum alten Prag und zu alten Sachen überhaupt angeht, muss man konservativ denken und ein Patriot sein. Denn sonst hätte man keine innige Beziehung dazu und die Zuhörer würden das sofort spüren."

Liebe Hörerinnen und Hörer, die Altprager Kapelle Slapeto - übrigens auf Deutsch bedeutet der Name "es geht gut" - verabschiedet sich von Ihnen mit dem Lied Über die verschmähte Liebe. Und aus dem Studio verabschieden sich auch Olaf Barth und Markéta Maurová.