Andere Länder, andere Sitten

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Andere Länder, andere Sitten. Diese alte Weisheit ist weithin bekannt und auch unbestrittene Tatsache. In bezug auf den tschechischen Straßenverkehr macht sich Indra Hildebrandt-Sochor in unserem heutigen Feuilleton so ihre Gedanken.

Zwischen Deutschen und Tschechen gibt es wohl ebenso viele Gemeinsamkeiten wie Unterschiede, genau das macht ein Leben in Prag ja auch so spannend. Und Statistiken belegen oft unwiderruflich die Unterschiede. In einer Statistik zum Beispiel führen die Tschechen weit vor den Deutschen und werden nur noch von den Griechen übertroffen. Kein Grund zur Freude allerdings, denn diese Statistik belegt, dass die Tschechen die zweitschlechtesten Autofahrer Europas sind, gemessen an Autounfällen und Unfalltoden.

Auch die eigentlich ständige Präsenz der Polizei und Aktionen wie die Verkehrskontrolle"Christoph" konnten dem Geschehen auf Tschechiens Straßen bisher nicht wirklich ein Ende setzen. Beim Betrachten der tschechischen Fahrweise wird schnell klar, wie die tschechischen Autofahrer zu solch zweifelhaften Ruhm kommen konnten. Auf den Straßen scheinen andere Regeln zu gelten, wer auch immer sie aufgestellt haben mag.

So scheint eine inoffizielle Regel zum Beispiel zu sein, grundsätzlich so schnell zu fahren wie irgendwie möglich. Dummerweise gibt es dann aber tatsächlich Spielverderber, die sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten und bei einem "30" Schild plötzlich bremsen - für viele eine nicht nachvollziehbare Aktion, die als Reaktion häufig einen Auffahrunfall nach sich zieht.

Interessant ist auch das Fahrverhalten an Ampeln. Gelb bedeutet in Tschechien "gib Gas" rot bedeutet "einer geht noch". Und so kommen sich in der Mitte von Ampelkreuzungen immer diejenigen unvermeidbar näher, die bei grün losfahren und solche, die bei rot noch rüber gefahren sind.

Die Regel "Rechts vor links" wird in Tschechien eigentlich auch nicht wirklich praktiziert, Vorfahrt hat die größere Straße, was leider manchmal relativ ist.

Und auch für Fußgänger ist es auf den Straßen nicht ganz ungefährlich. Seit zwei Jahren müsste per Gesetz der Autofahrer am Zebrastreifen eigentlich halten. Dies hatte laut Statistik leider zur Folge, dass es mehr Tote und Verletzte Fußgänger an Zebrastreifen gibt. Diese traurige Tatsache hat einen einfachen Grund: 50 Jahre waren die Streifen nur hübsche Straßendekoration und plötzlich haben sie eine Bedeutung, dass muss sich erst langsam herumsprechen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, Umstellungen dauern halt.

In diesem Sinne bleibt für alle am Straßenverkehr Beteiligte eigentlich nur zu hoffen, dass es in absehbarer Zeit einige Umstellungen in den Einstellungen der Autofahrer gibt. In jedem Land gibt es schwarze Schafe auf den Straßen, aber schöner ist es, wenn dies eine Ausnahme und nicht die Regel ist.

Autor: Indra Hildebrandt-Sochor
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