„Angst vor dem Unbekannten“- Meinungsforscher Buchtík zur Abwehrhaltung gegenüber Flüchtlingen
Die Hälfte der tschechischen Bevölkerung will keine Flüchtlinge aus Kriegsgebieten im Land aufnehmen. In der Slowakei liegt die Zahl sogar bei 62 Prozent, während sich in Polen 38 Prozent dagegen aussprechen. Dies geht aus den jüngsten Umfragen hervor, die Meinungsforscher in Ost-Mitteleuropa durchgeführt haben. Wie lässt sich diese Abwehrhaltung einordnen? Der Meinungsforscher Martin Buchtík von der Prager Karsluniversität hat Erklärungsversuche.
Besonders groß ist die Abwehr gegenüber Flüchtlingen aus dem Nahen Osten und aus Nordafrika. 41 Prozent wollen sie „mit Sicherheit“ nicht im Land haben, 28 Prozent „eher nicht“. Dass sich aber auch die tatsächlichen Gründe für das „Nein“ mit Hilfe der Umfrage ermitteln lassen, bezweifelt Meinungsforscher Buchtík.
„Dabei handelt es sich eher um eine Art Rationalisierung der Situation. Der tatsächliche Grund für solche Einstellungen ist aber in den allermeisten Fällen die Angst vor dem Unbekannten.“
Für eine vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Rückkehr in die Heimat möglich ist, sprechen sich 40 Prozent aller Tschechen aus. Vier Prozent befürworten eine dauerhafte Ansiedlung der Immigranten. Die Prager Wissenschaftler haben ihre Umfrageergebnisse gemeinsam mit Daten von Meinungsforschern aus Polen und der Slowakei veröffentlicht. Während in Polen eine knappe Mehrheit (56 Prozent) für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten plädiert, sind in der Slowakei 62 Prozent dagegen. Martin Buchtík:
„Die Kluft zwischen der tschechischen und der slowakischen Öffentlichkeit ist nicht sonderlich groß. In beiden Ländern ist die Einstellung gegenüber Flüchtlingen sehr negativ und kritisch. Auf der anderen Seite denke ich, dass diese noch negativere Einstellung in der Slowakei mit dem medialen Diskurs dort zusammenhängt. Immerhin gibt es in der tschechischen Regierung zwei, drei Minister, die die Meinung vertreten, dass man Flüchtlinge aufnehmen sollte. In der slowakischen Regierung gibt es dagegen niemanden, soweit ich weiß.“ Für Tschechien konstatiert Buchtík eine relativ gefestigte Haltung. Statisch sei sie jedoch keinesfalls, sagt der Meinungsforscher.„Lange Zeit kamen die Flüchtlinge hauptsächlich nach Griechenland und Italien. Nun sind sie aber bereits in den Nachbarländern, und sogar sehr viele. Das heißt, die Situation kann sich ganz anders entwickeln, und das wiederum kann zu neuen Interpretationen und einer Einstellungsänderung führen.“