Bierbrauereimuseum in Prag
Willkommen zu unserem Sonderprogramm am Ostermontag, am Mikrofon begrüssen Sie Martina Schneibergova und Dagmar Keberlova.
Die Bierbrauerei "U Fleku" befindet sich in der Prager Neustadt, sie war Jahrhunderte lang Bestandteil des sog. St. Adalbert-Viertels - eines kleinen Stadtviertels am rechten Moldauufer. Eine Dominante des Stadtviertels stellte der Sitkov-Wasserturm mit den naheliegenden Mühlen dar, die es noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab. Am Ende des dreißigjährigen Krieges - 1648 - als Prag von den Schweden belagert wurde, versuchte die Artillerie vor allem den Sitkov-Wasserturm zu vernichten. Damals wurde die ganze Umgebung des Turms beschädigt und auch das Brauereigebäude erlitt erhebliche Schäden.
Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts das ganze Objekt der Brauerei im romantischen Stil renoviert wurde, fand man zwei Artilleriegeschütze, die aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges stammten. Diese wurden zur Erinnerung in den Putz im Gartenrestaurant eingemauert. Während des 30-jährigen Kriegs besaß eine Protestantin die Bierbrauerei im damals schon katholischen Prag, sodass die Brauerei eine Zeit lang nicht in Betrieb war. Im Ersten sowie im Zweiten Weltkrieg wurden die Brauereigebäude jedoch nicht beschädigt, es wurde nur ein schwächeres Bier gebraut. Am Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zum Produktionsausfall, weil Malz eine Mangelware war. Erst im Herbst 1945 wurde der Betrieb in vollem Umfang wieder aufgenommen. Jetzt laden wir Sie in das Biermuseum ein, das sich direkt in der Bierbrauerei U Fleku befindet.
Das Biermuseum wurde anlässlich des 500. Gründungstags der Bierbrauerei U Fleku eröffnet. Gegründet wurde die Bierbrauerei 1499; das Museum wurde aber am 11.11. 1998 um 11 Uhr feierlich eröffnet - das symbolische Datum wurde deshalb gewählt, weil nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die Stammgäste an diesem Tag in ihr geliebtes Bierlokal zurückkehrten.
Der erste Teil der Ausstellung wurde in einem imposanten Renaissanceraum untergebracht, der von Anfang an als Arbeitsraum benutzt wurde, es wurde hier das Malz gedarrt und geröstet. Das Wort hat nun der Verwalter des Museums, Jan Smid: "Da in der Bierbrauerei U Fleku ununterbrochen Dunkelbier gebraut wird, braucht man für die Bierproduktion geröstetes Malz, und dies wurde eben hier zubereitet. Das Malz wurde durch heißen Rauch gedarrt, der durch Verbrennen von Buchenholz entstand. Das Bier gewann dadurch einen Rauchgeschmack und -Duft. Diese Produktionsetappe wurde während des Zweiten Weltkriegs beendet. Diese Malzdarre wurde damals geschlossen, sodass man heute für unser Bier 4 Malzsorten in der Mälzerei in Tabor einkaufen muss."
Passionierte Bierkenner können in dem Renaissanceraum weiter einige Anlagen aus kleinen historischen Bierbrauereien bewundern - z. B. einen Berieselungskühler, mit dem die Hopfenwürze gekühlt wurde, oder einen Verschneidebock, mit dem die einzelnen Bierproduktionsteile zusammengemischt wurden oder einen immer noch funktionierenden Verdichter:
Der zweite Teil der Ausstellung befasst sich mit einem anderen Handwerk, das in den historischen Bierbrauereien wichtig war - dem Fassbinderhandwerk. Die Fassbinder hatten ihre Werkstatt auch in der Bierbrauerei U Fleku und sie reparierten da sämtliche Holzbehälter. In den Brauereien wurden Holzfässer, aber auch viele andere Holzbehälter benutzt. Dazu Jan Smid: "In der Brauerei U Fleku wurden große Fässer - sogenannte Doppelfässer, die 200 Liter Inhalt haben, bis 1975 benutzt. Mit Bier gefüllte Fässer wurden durch einen unterirdischen Gang aus dem Keller der Brauerei in den Keller der Gaststätte gerollt. Das Rollen war eine anstrengende und gefährliche Arbeit - denn ein Fass wog 300 Kilo. Nach 1975 wurden kurz kleinere Aluminiumfässer benutzt. Seit der letzten Rekonstruktion des Objektes gibt es keine Fässer mehr, das Bier wird direkt aus dem Tank im Lagerkeller gezapft.
Das Bier von U Fleku hat ca. 5% Alkoholgehalt und 13% Stammwürzegehalt. Für dessen Brauen braucht man folgende Zutaten: Wasser, Hopfen, 4 Malzsorten und Bierhefepilze. Direkt im Objekt der Brauerei gibt es zwei historische Brunnen, ihr Wasser wird aber nicht für die Bierproduktion benutzt, da benutzt man das weiche Leitungswasser.
Vor der neuen Zweihordendarre, wo das Malz nicht durch heißen Rauch, sondern durch die Luft, gedarrt wird, kann man ein interessantes Tableau mit einem Foto von Vaclav Brtnik, dem einstigen Brauereibesitzer sehen. Brtnik war seit 1905 Braumeister und als die letzten Angehörigen der Familie Pstross starben, kaufte er die ganze Firma, sodass er seit 1921 Besitzer des ganzen Objektes "U Fleku" wurde.
Nach dem kommunistischen Putsch von 1948 wurde die Brauerei verstaatlicht und war seit 1949 Bestandteil des staatlichen Betriebs "Prager Brauereien". 1991 haben die Erben von Vaclav Brtnik die Gaststätte im Rahmen der Restitutionen zurückbekommen, ein Jahr später wurde ihnen auch die Brauerei zurückgegeben. Sie haben das Objekt renoviert und auch das Biermuseum errichtet. Auf der oberen Hordendarre sind zwei funktionierende Abfüllmaschinen ausgestellt. Früher wurde vor allem in Gaststätten auf dem Lande Bier in Flaschen abgefüllt, dazu benutzte man ähnliche Abfüllmaschinen.
Die Malzqualität wurde mit einem Maischapparat getestet. In der Hordendarre wurde das Malz mit heißer Luft gedarrt. Diese Luft wurde durch ein Loch in der Decke hinein geleitet. Dies wurde durch einen Deckel verschlossen.
In der unteren Hordendarre sind wieder verschiedene Einrichtungen aus Bierbrauereien ausgestellt - z. B. die Malzentkeimungsmaschine.
Auf einer Landkarte kann man die einzelnen Brauereien sehen, die es im Jahre 1914 in den böhmischen Ländern gab. Allein in Prag waren es damals 23 Brauereien - von den 6 ältesten Bierbrauereien ist heutzutage aber nur noch die Brauerei U Fleku im Betrieb, in deren Museum man einen alten Plattenspieler - den Vorgänger der Musikbox - bewundern kann. Nach dem Einwurf der entsprechenden Münze erklingt z. B. die folgende Melodie:
Den Rundgang durch das Biermuseum beenden wir im Sudhaus. Der Raum wird als Sudhaus schon einige Jahrhunderte lang benutzt. Die verzierte historische Decke ist mit einem Schutzanstrich gegen Holzwürmer, einem Gemisch aus Ochsenblut, Eigelb und Bienenwachs gestrichen worden. In dem ältesten Sudhaus in Tschechien werden in zwei Kupferbehältern zweimal in der Woche 60 Hektoliter Bier gebraut.
Bier machte Tschechien berühmt und das nicht nur durch die weltbekannten Biermarken wie Pilsner Urquell. Vielleicht wissen einige von Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, dass Tschechien auch den Weltrekord im Bierkonsum hält. Im Guinnessbuch der Weltrekorde steht es schwarz auf weiß: Tschechen konsumieren das meiste Bier auf der ganzen Welt. 160 Liter pro Jahr und Einwohner, 320 Biere in 365 Tagen, Säuglinge, Kinder und Antialkoholiker miteingerechnet. Deutschland ist uns hart auf den Fersen.