Am vergangenen Samstag sind 100 Jahre seit dem Attentat in Sarajevo vergangen. Opfer des Anschlags waren der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Chotek. Die Hauptresidenz des Erzherzogs war das Schloss Konopiště / Konopischt. Dem Thronfolger gehörte aber auch ein weitere Residenz in Böhmen, die weniger bekannt ist als das unweit von Prag gelegene Konopiště: das Schloss im südböhmischen Chlum u Třeboně / Chlumetz bei Wittingau. Am vergangenen Samstag wurde auch in Chlum des ermordeten Thronfolgerpaars gedacht.
Barockkirche Mariä Himmelfahrt (Foto: Martina Schneibergová)
Chlum u Třeboně / Chlumetz liegt etwa 25 Kilometer südlich von Jindřichův Hradec / Neuhaus und nahe der Grenze zu Österreich. Der rund 2000 Einwohner zählende Ort am Teich Hejtman ist im Sommer beliebt bei vielen Touristen, vor allem die Liebhaber des Wassersports und passionierte Fischer zieht es hierher. Außer dem Hejtman befinden sich noch weitere Teiche in der unmittelbaren Umgebung des Ortes. Chlum wurde zweimal in seiner Geschichte zum Marktflecken erhoben: zunächst 1857 und dann erneut 2006. Eine Dominante des Ortes ist die Barockkirche Mariä Himmelfahrt, die auf dem Marktplatz steht. Vom Teich führt ein Kreuzweg hinauf zur Kirche.
Oratorium (Foto: Martina Schneibergová)
Am vergangenen Samstag strömten besonders viele Menschen in die Kirche. Dies hatte einen besonderen Grund: Es wurde dort ein tschechisch-deutscher Gottesdienst zelebriert für den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gattin Sophie. In der Barockkirche versammelten sich nicht nur Gläubige aus Chlum, sondern auch viele Besucher aus der österreichischen Partnergemeinde Litschau. Zu den Konzelebranten der Messe gehörte der Bischofsvikar aus der Diözese Sankt Pölten, Karl Schrittwieser. In seiner Rede ging der Geistliche auf die Geschichte von Chlum ein. Er sprach zudem über die Beziehung des Thronfolgerpaars, das vor 100 Jahren in Sarajevo ermordet wurde, zu diesem südböhmischen Ort. In der Kirche gibt es rechts oberhalb des Altars ein Oratorium. Dort verfolgten eins Franz Ferdinand und seine Familie den Gottesdienst, wenn sie gerade in Chlum weilten. Dem Erzherzog gehörte das Schloss, das sich nahe der Kirche inmitten eines großen Parks befindet. Karl Schrittwieser:
Karl Schrittwieser (Foto: Martina Schneibergová)
„Franz Ferdinand hat das Schloss mit einem großen Grundbesitz von 90 Quadratkilometern mit zwölf Jahren von seinem kinderlos verstorbenen entfernten Verwandten Franz V: von Österreich-Este geerbt. Statt Chlumetz zu seinem Hauptsitz zu machen, kaufte Franz Ferdinand im Jahre 1887 das Schloss Konopiště in Mittelböhmen und ließ es aufwendig umbauen. Chlumetz war ihm scheinbar zu weit entfernt von den beiden Metropolen Wien und Prag. Am Schloss Chlumetz sind bis heute künstlerische Darstellungen erhalten, die an Franz Ferdinand erinnern. An der nördlichen Fassade ist der heilige Hubertus abgebildet mit einer deutlichen Ähnlichkeit in seinen Gesichtszügen mit dem Thronfolger. Zweitens gibt es vor der Südseite des Schlosses eine Skulptur, die einen Hirsch zeigt, der von den Jagdhunden niedergerissen wird. Es ist ein Hinweis auf Franz Ferdinands Passion für Jagd.“
Schloss in Chlum (Foto: Esperanto-klubo Písek, Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Das Schloss in Chlum wurde 1710 anstelle einer Festung erbaut, die zuvor seit dem 16. Jahrhundert an dem Ort gestanden hatte. Besitzer des Schlosses waren die Grafen von Stadion, 1861 kaufte Franz V. von Österreich-Este die Barockresidenz und ließ sie teilweise umbauen. Sein Erbe, der Thronfolger Franz Ferdinand, setzte den Umbau Anfang des 20. Jahrhunderts fort. Er ließ zudem den großen Schlosspark neu gestalten und mit Plastiken aus dem 18. und 19. Jahrhundert schmücken. Eben aus Chlum begab sich das Thronfolgerpaar auf die schicksalhafte Reise nach Sarajevo. Karl Schrittwieser:
Foto: Martina Schneibergová
„Franz Ferdinand war noch am 19. Juli 1914 auf Schloss Náměšť nad Oslavou zu Besuch. Einen Tag später traf er mit seiner Frau und seinen drei Kindern hier auf dem Schloss ein. Zwei Tage hat die Familie hier noch gemeinsam verbringen können. Am Morgen des 23. Juni schenkte Franz Ferdinand, bevor er zum Bahnhof fuhr, seinem langjährigen Vertrauten Franz Janacek eine goldene Uhr mit der Bitte, die Herzogin und die Kinder ja nicht zu verlassen, falls ihm etwas zustoßen würde.“
Die drei Kinder, Sophie, Max und Ernst, blieben in Chlum. Das Ehepaar fuhr nach Wien, von dort setzte Franz Ferdinand seine Reise nach Sarajevo fort. Sophie folgte ihm später nach, sie trafen erst in Sarajevo wieder zusammen. Was sich dann am 28. Juni 1914 in Sarajevo abspielte, wurde schon vielmals ausführlich beschrieben. Das Attentat wurde der Anlass zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs einen Monat später.
Foto: Martina Schneibergová
Karl Schrittwieser zufolge waren es aber nicht nur die Schüsse von Sarajevo, die zum Kriegsausbruch führten. Es habe eine Menge anderer Gründe gegeben, sagte er. Der Krieg wirkte sich auf die weitere Zukunft in ganz Europa aus, so Schrittwieser:
„In der Folge dieses Krieges entstanden totalitäre Ideologien, die unzählige Menschen in den Abgrund führten. Krieg heißt immer eine Niederlage für die Menschheit. So wollen wir bei diesem Gottesdienst der Opfer gedenken, die dieser Krieg gebracht hat und für den Frieden beten.“
Die Ereignisse vor dem Attentat von Sarajevo sowie die Beziehung des ermordeten Thronfolgerpaars zu Chlum, wie der Ort auf Deutsch heißt, sind das Thema einer Ausstellung, die im dortigen Schloss eröffnet wurde. Erwähnt wird dort auch die Tatsache, dass die drei Kinder von Franz Ferdinand eben in Chlum die schreckliche Nachricht über das Attentat erfuhren. Sophie, Max und Ernst von Hohenberg wurden die ersten Waisenkinder des Großen Kriegs.
Die Ausstellung mit dem Titel „Auf den Spuren von Franz Ferdinand d´Este“ im Schloss von Chlum u Trebone ist noch bis 13. Juli zu sehen.