Demonstration der Landwirte in Prag - und kurz vor Kopenhagen

Demonstration von Landwirten (Foto: CTK)

Bereits in der letzten Ausgabe unseres "Tagesechos" haben wir über die Demonstration von Landwirten berichtet, die am Mittwoch in Prag abgehalten wurde. Heute wollen wir noch einmal auf jene Protestaktion zu sprechen kommen. Das folgende Resümee, das die Kundgebung auch im Lichte des bevorstehenden EU-Gipfels in Kopenhagen betrachten soll, hat Gerald Schubert gestaltet:

Demonstration von Landwirten  (Foto: CTK)
Die historische Erweiterung der Europäischen Union rückt offenbar mit großen Schritten näher und nimmt immer klarere Gestalt an. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass in manchen gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Bereichen die Nervosität in letzter Zeit spürbar zunimmt. Das gilt sowohl für die Aufarbeitung historischen Unrechts als auch für die Verteidigung sehr aktueller Interessen.

Was letztere betrifft, so sind es vor allem die Landwirte, die Ihre Zukunft von der Europäischen Union und ihren Marktmechanismen gefährdet sehen. Nach Meinung der Bauern drohen die von der EU limitierten Produktionsquoten in einigen Bereichen die tschechische Landwirtschaft zu schwächen. Und vor allem die Unterstützungszahlungen, die - laut momentanem Plan - für neue Mitglieder nur 25% jener Subventionen betragen dürften, welche die Bauern in derzeitigen EU-Staaten beziehen, sind Stein des Anstoßes. Der Chef der Gewerkschaft der Landwirte, Bohumir Dufek, meint dazu:

"Ich denke, wenn es um die Direktzahlungen geht, liegt die für uns akzeptable Untergrenze bei 50% der Zahlungen, die die EU jetzt ihren Landwirten gewährt. Und bezüglich der Quoten müssen wir auf der Aufrechterhaltung der entsprechenden Dimensionen in der gegenwärtigen Landwirtschaft bestehen. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass man zehn Jahre lang die Landwirtschaft in gewisser Weise transformiert, und wir dann diesen Bereich noch weiter einengen, um schließlich Lebensmittel aus der EU zu importieren."

Doch nach wie vor besteht für Dufek Hoffnung, dass man in den Verhandlungen mit der Europäischen Union noch etwas bewegen kann. Und diese Hoffnung heißt - wie könnte es anders sein? - Kopenhagen. Auf dem dortigen EU-Gipfel am übernächsten Wochenende sollen ja die unterschriftsreifen Beitrittsverträge mit 10 Kandidatenstaaten ausgehandelt werden. Und bis dahin wird sich wohl niemand mehr auf vorschnelle Kompromisse einlassen. Bohumir Dufek:

"Ich glaube, das letzte Wort wird der Premierminister haben. Und ich hoffe, dass es ihm gelingt, im letzten Moment, also auf dem EU-Gipfel in Kopenhagen, noch bessere Bedingungen auszuhandeln. Denn nun haben die vier sogenannten Vysegrad-Staaten begonnen, ihre Vorgangsweisen zu koordinieren. Und diese gemeinsame Stärke wird sich, so meine ich, in besseren Bedingungen niederschlagen."

Ob dieser Optimismus aus Sicht der tschechischen Landwirte jedoch angebracht ist, bleibt abzuwarten. Denn der weitaus größte der vier Vysegrad-Staaten, also Polen, scheint inzwischen doch bereit, unter bestimmten Bedingungen auf die EU-Vorschläge einzugehen. Für die kleineren Beitrittskandidaten wie etwa Tschechien wird die Verhandlungsposition dadurch nicht gerade verbessert.