"Der Rattenfänger von Prag"

Auch nach den Premieren der Musicals "Olympic" und "Kleopatra", über die wir vor drei Wochen berichteten, geht der Musicalboom in Prag weiter. Seit Anfang März ist im Theater Kalich die Neuauflage von Daniel Landas "Krysar" - der Rattenfänger - zu sehen. Nach dem enormen Erfolg des Musicals, das bereits von 1996 bis 99 zu sehen war und seine Zuschauer auch in der Slowakei und in Österreich fand, entschloss sich das Theater Kalich, den Rattenfänger neu einzustudieren und wieder auf die Bühne zu bringen. Die Neuauflage hat besonders bei jungen Leuten Begeisterung hervorgerufen, unter denen das Musical bei seinen über 700 Aufführungen eine Art Kultstatus erlangt hat. Dennoch ist es unter Kritikern durchaus umstritten, da die Geschichte rassistische Neigungen nahelege.

Das Musical baut die uns bekannte Geschichte vom Rattenfänger von Hameln in einigen Bereichen aus. In dem Dorf, aus dem der Krysar die Ratten vertreiben soll, wohnen neben den armen Alteingesessenen die zugewanderten Ostrované, zu Deutsch Insulaner. Das Verhältnis zwischen diesen beiden Gruppierungen ist gespannt und im zweiten Akt beginnen die Alteingesessenen, die Insulaner anzugreifen. Dem Musical wird vorgeworfen, den blutigen Kampf zwischen den beiden Gruppierungen als Rassenkampf darzustellen, der vom Schicksal gewollt ist. Dieses tritt in Gestalt eines Greises am Anfang und am Ende auf. Der Autor und Komponist Daniel Landa wehrt sich jedoch gegen diese Vorwürfe. Er will den Kampf der Alteingesessenen gegen die Insulaner vielmehr als abschreckendes Beispiel für die Gefahr verstanden wissen, die von einem radikalisierten Kollektiv ausgeht.

Zu sehen ist der Krysar mehrmals pro Woche bis zum Jahresende im Theater Kalich in der Jungmannová-Straße in Prag. Als Vorgeschmack bieten wir jetzt einen kleinen Ausschnitt.

Autor: Paul Bornkamm
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