Die bunte Welt der Karten

Karten jeglicher Art sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Aber wie viel Karte braucht ein moderner Mensch eigentlich? Mit dieser Frage beschäftigt sich in unserem heutigen Feuilleton Indra Hildebrandt-Sochor.

Manchmal bekommt man schon das Gefühl, in einer absoluten Kartenwelt zu leben. Kreditkarten zum Beispiel sind die Karten Nr.1 und nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Jeder hat eine, oder auch zwei oder drei. Wenn ich ungefähr 10 Jahre in meiner Erinnerung zurückgehe, war das noch ganz anders. Es gab sie natürlich schon, aber so selbstverständlich wie heute war es nicht, immer mit Karte zu bezahlen.

Und genau diese Gewohnheit, nur noch mit Karte zu bezahlen, bringt mich in einem Supermarkt in Prag regelmäßig in eine ziemliche Zwangslage. Stellen sie sich vor, liebe Hörerinnen und Hörer, bei einer bestimmten Supermarktkette muss der Kunde doch wahrhaftig bar bezahlen. Und das führt immer zu den gleichen Szenen an der Kasse: jeder zweite - mich eingeschlossen - kramt hektisch im Portmonee, ob denn genug Geld da ist. Einige Kunden lassen plötzlich ihre Einkaufwagen stehen und begeben sich draußen auf die Suche nach einem Bankautomaten, wobei übrigens nicht alle zurückkehren.

Aber die Kreditkarte ist ja nicht die einzige Karte, die man als moderner Mensch mit sich herumträgt. Da wäre dann noch die Karte von der Krankenkasse, die ja auch durchaus noch ihre Berechtigung hat. Aber dann geht es erst richtig los. Es gibt Bonuskarten beim Frisör, im Spielzeuggeschäft, im Supermarkt, bei Fluglinien, an der Tankstelle und eigentlich überall.

Es wird gelockt mit großartigen Preisen und Prämien, wenn man nur immer die Karte vorzeigt und somit Treue beweist. Und jetzt kommt das tollste: alle Programme "kennen" sich und sind untereinander irgendwie verbunden. Hier einmal ein Beispiel, wie das in der Praxis dann aussieht: Also, wenn ich oft zum Frisör gehe, bekomme ich auch Punkte beim Spielzeugladen. Diese Punkte kann ich zum tanken nutzen, hier wieder die Karte vorlegen und im Anschluss bei einer Fluglinie einen Freiflug nach London "erpunkten". Super Sache.

Leider wird es immer schwerer, bei der Fülle der Karten überhaupt noch den Überblick zu behalten. Und es stellt sich auch die Frage, wohin das alles überhaupt führt. Hat denn der Kunde wirklich noch etwas davon, immer zu demselben Supermarkt zu gehen, oder immer bei dergleichen Tankstelle zu tanken. Selbst wenn es teurer ist? Nur um am Ende irgendetwas umsonst zu bekommen? Ich habe jedenfalls den Durchblick verloren, tanke dort, wo es günstig ist und habe mir meinen Flug nach London gekauft, ohne Punkte, zumindest diesmal.

Autor: Indra Hildebrandt-Sochor
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