Diskussion um deutsche Rechtschreibung: Im Prager Vitalis-Verlag bleibt alles beim Alten
In Deutschland - und mittlerweile auch in Österreich - gibt es zurzeit lebhafte Diskussionen über die Rechtschreibreform. Nachdem große Medien sich entschieden haben, zu den alten Regeln zurückzukehren, ist ein Streit über Sinn und Unsinn der neuen deutschen Rechtschreibung ausgebrochen, der immer weitere Kreise zieht. Auf den in Prag ansässigen, mehrheitlich deutschsprachigen Vitalis-Verlag haben die Spekulationen um eine etwaige Rücknahme der Reform vorerst keine Auswirkungen. Denn: Der Verlag hat die neue Rechtschreibung gar nicht erst eingeführt. Mehr von Gerald Schubert:
Neben den vielen Lehrern, die in Schulen oder aber in Privat- bzw. Firmenkursen Deutsch unterrichten, interessiert sich auch Harald Salfellner für die aktuellen Diskussionen jenseits der Grenze. Er ist Gründer und Leiter des Prager Vitalis-Verlags, der hauptsächlich Bücher in deutscher Sprache herausbringt. Warum hat er sich von Anfang an der Reform widersetzt? Harald Salfellner gegenüber Radio Prag:
"Die Art und Weise, wie die Rechtschreibreform seinerzeit durchgezogen wurde, die Art, wie das von oben herab verordnet wurde, hat mir prinzipiell, aus demokratiepolitischen Gründen, nicht gefallen. Hinter der Entscheidung, sie nicht zu übernehmen, war ein Stück Renitenz eines - sagen wir - Radikaldemokraten. So kann man mit den Dingen, die die Bürger betreffen, nicht umgehen. Und mit der Sprache - einem Kulturgut, das unsere Pflege und unseren Schutz braucht - schon gar nicht."
Fühlt sich der Wahlprager Harald Salfellner durch den aufkeimenden Widerstand gegen die Reform in Deutschland und Österreich nun bestätigt?
"Bestätigt nicht. Ich habe das ja auch nie zu einer verlagspolitischen Angelegenheit gemacht. Dass es Widersprüche gibt, ist bei etwas so Komplexem wie einer jahrhundertealten Sprache ganz selbstverständlich. Ich habe aber nicht erwartet, dass die Reform rückgängig gemacht wird, und bis jetzt ist das ja auch noch gar nicht klar. Wenn sie rückgängig gemacht werden sollte, so würde es mich freuen. Ich hielte das für einen vernünftigen Schritt. Eine Sprache ist ein lebendiger Fluss, der sich stets wandelt. Aber eine Wandlung kann nicht von oben her verordnet werden. Das ist so, als würde man einen Gebirgsfluss in ein Betonbachbett zwingen. Das hat man in den sechziger Jahren getan. Heute weiß man, dass das unvernünftig ist, und man beginnt mit Rückbauten. Also: Was bei Gebirgsflüssen machbar ist, das sollte doch letztendlich auch bei relativ jungen Entscheidungen machbar sein."