Prager Schüler Šimon Bízek – Vom zweiten Platz bei „Jugend debattiert“ zum Studium in Deutschland
„Jugend debattiert“ gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland. Der Unterschied ist, dass dann Schülerinnen und Schüler daran teilnehmen, die keine deutschen Muttersprachler sind. Sie sollen sich sowohl politisch weiterbilden, als auch ihre Deutschkenntnisse verbessern. Es ist eine ziemlich große Herausforderung. Der Tscheche Šimon Bízek hat diese auf hohem Niveau gemeistert. Ende September belegte er bei „Jugend debattiert in Mittel-, Ost- und Südosteuropa“ den zweiten Platz. Mit knappem Abstand unterlag der Schüler vom Prager Gymnasium „Na Pražačce“ dem Polen Joel Kojma. Im Interview spricht Šimon Bízek über sein Interesse an der deutschen Sprache und die Teilnahme am Wettbewerb.
Šimon, wie bist du dazu gekommen, Deutsch zu lernen?
„Es begann schon in der Grundschule. Wir hatten Deutsch als Pflichtfach in der siebten Klasse. Dann bin ich aufs Gymnasium ‚Na Pražačce‘ gewechselt. Und dort wurde mein Interesse an diesem Fach geweckt, vor allem durch den Lehrer von Vorst. Ich verbinde das auch mit meiner Mutti – sie hat mir dieses Gymnasium empfohlen.“
Warst du schon einmal für längere Zeit im Ausland?
„Ja, ich habe an einem Sprachaustausch meiner Schule teilgenommen. Der zweite Austausch fand wegen der Corona-Situation nicht statt. In der zweiten Klasse am Gymnasium habe ich in der Nähe von Bonn gewohnt. Das war aber nur für eine Woche. Mehr Zeit habe ich nicht in Deutschland verbracht.“
Könntest du dir aber einen längeren Aufenthalt mal vorstellen?
„Auf jeden Fall. Ich plane, Jura in Deutschland zu studieren. Wegen dieses Interviews habe ich ein bisschen recherchiert, da ich eben nicht wusste, wo ich studieren könnte. Ich bin mir nur sicher, dass es entweder Jura oder Journalismus sein soll. Ich neige etwas mehr zu Jura, da dort die künftigen Möglichkeiten für mich viel breiter sind. Auch meine Mutti sagt, ich sollte lieber Jura anstatt Journalismus studieren, weil ich sie in Zukunft irgendwann versorgen müsse.“
Du beherrscht Deutsch schon auf hohem Niveau. Du debattierst sogar in dieser Sprache. In der Finalrunde des Rhetorikwettbewerbs „Jugend debattiert in Mittel-, Ost- und Südosteuropa“ hast du Ende September den zweiten Platz belegt. Wie bist du auf die Idee gekommen, dich zu dem Wettbewerb anzumelden?
„Das habe ich schon angedeutet mit dem Lehrer von Vorst. Ich halte ihn für einen besonderen Menschen, der mich stark beeinflusst hat. Er hat mich in der zweiten Klasse zusammen mit ein paar anderen Mitschülern zu diesem Wettbewerb gebracht. Wir haben zwar viel Grammatik in der Schule gelernt, aber die Sprache selten wirklich genutzt. In der ersten Stunde war es wirklich peinlich, weil wir festgestellt haben, dass wir kein gutes Deutsch sprechen. Das Projekt ‚Jugend debattiert‘ hat uns dabei geholfen, uns zu verbessern.“
Wie bereits erwähnt, hast du im Finale dieses Wettbewerbs den zweiten Platz belegt. Bist du mit deinem Ergebnis zufrieden, oder hättest du doch lieber Gold geholt?
„Dieses Gefühl hat jeder, egal ob er im Finale eines Debattierwettbewerbs ist oder beispielsweise bei den Olympischen Spielen. Beim zweiten Platz denkt man: ‚Verdammt, ich hätte auch Erster werden können. Was hätte ich besser machen müssen?‘ Aber man findet nur Kleinigkeiten. Nach der Bekanntgabe der Ergebnisse habe ich meine Verwandten angerufen und mit Herrn von Vorst gesprochen. Sie haben mir gratuliert. Auch von den anderen Teilnehmern bekam ich Beifall. Da dachte ich mir, dass ich viel erreicht habe.“
Wie hast du dich auf deine Debatten vorbereitet?
„Erstens versuche ich oberflächlich nachzuschlagen, worum es überhaupt geht, wo das Problem liegt, was die Schwerpunkte sein könnten. Dann fange ich an, wichtige Daten aufzuschreiben, die möglicherweise eine Rolle spielen. Ich suche nach verschiedenen Studien oder Zitaten, damit es auch rhetorisch gut klingt. Man weiß nicht im Voraus, ob man auf der Pro- oder der Kontraseite steht. Also muss man sich klarmachen: Meine persönliche Präferenz liegt zwar auf der Pro-Seite, aber trotzdem muss ich zu beiden Seiten recherchieren, da ich eben nicht weiß, wo ich lande. Ich fange immer damit an, nach allgemeinen Informationen zu suchen und erst dann nach konkreten. Allmählich fallen mir dabei die Argumente ein. Manche von ihnen sind klar, zu anderen kommt man erst während der Recherche. Die gefundenen Daten verbinde ich dann mit den Argumenten. Die Vorbereitung spielt also eine bedeutsame Rolle.“
Sollen Jugendliche heutzutage debattieren lernen?
„Auf jeden Fall. Es kommt sehr häufig dazu, dass wir im Klassenzimmer oder während Pause über ein politisches Thema diskutieren. Meist gewinnt derjenige, der am lautesten spricht. So sollte es aber nicht funktionieren. Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich zu äußern, und die Anderen sollten ihm zuhören. Wenn man nicht aufeinander eingeht, bewegt sich die Debatte in keine Richtung, und man dreht sich im Kreis.“
Du bist jetzt in der vorletzten Klasse am Gymnasium, und nach dem Abitur willst du also Jura in Deutschland studieren. Weiß du schon, an welcher Uni?
„Ich habe schon im Internet gesucht. Ich bevorzuge Heidelberg. Dort ist eine sehr alte Uni mit langer Geschichte. Oder Passau – der große Vorteil dort ist, dass ich ein Stipendium bekommen kann.“
Mehr Informationen zu dem Wettbewerb gibt es unter: www.jugend-debattiert.eu.