Ballett & Oper in Prag: Saison 2025/26 mit Highlights und Neuentdeckungen
Das Prager Nationaltheater hat vor kurzem seine Pläne für die nächste Spielzeit vorgestellt. Martina Schneibergová war dabei und hat mit dem künstlerischen Leiter des Opernensembles, Per Boye Hansen, und dem Chef des Balletts, Filip Barankiewicz, gesprochen.
Herr Hansen, Sie haben erwähnt, dass das Opernensemble in den vergangenen Monaten gleich mehrere Erfolge feierte. Womit punktete das Ensemble in der internationalen Opernwelt?
„Die Mezzosopranistin Arnheiður Eiríksdóttir, die Mitglied unseres Ensembles ist, wurde als ,Rising Star‘ der Opernszene ausgezeichnet.“
„Es war eine sehr erfolgreiche und spannende Saison. Wir haben den 200. Geburtstag von Bedřich Smetana gefeiert und das Jahr der tschechischen Musik. Wir wurden zum Opernfestival in Savonlinna eingeladen, das als die besten Festspiele in der Opernwelt ausgezeichnet geworden ist. Das Prager Nationaltheater war das Residenzensemble, also der Hauptgast des Festivals. Unser Theater wurde zudem für den Preis für das Opernhaus des Jahres nominiert. Die Mezzosopranistin Arnheiður Eiríksdóttir, die Mitglied unseres Ensembles ist, wurde als ,Rising Star‘ der Opernszene ausgezeichnet. Wir sind heute sozusagen auf der internationalen Karte vermerkt. Zudem bezeichnete die FAZ unsere Produktion von Rameaus Oper ,Platée‘ als eine der besten Produktionen im Jahre 2024.“
Was bereiten Sie für die nächste Spielzeit vor? Gibt es auch neue Produktionen von tschechischen Opern?
„Es ist wie immer eine Mischung. Wir fangen mit Mozarts ,Idomeneo‘ an. Diesmal wird Mozart nicht im Ständetheater, sondern in der Staatsoper gespielt.“
Hat das einen besonderen Grund?
„Ja. Erstens denke ich, dass ,Idomeneo‘ eine große Chor-Oper ist und besser in ein größeres Opernhaus passt. Zudem muss ich sagen, dass das Orchester der Staatsoper bisher Mozart nicht gespielt hat. Mozart zu spielen, ist für ein Orchester und für seine Entwicklung sehr wichtig. Ich finde es sehr schön, die Oper dort aufzuführen.“
In dieser Saison wurde nach Jahrzehnten Fibichs ,Šárka’ im Nationaltheater einstudiert. Gibt es demnächst erneut eine Wiederentdeckung eines wenig gespielten Werks?
„Ja. Es wird die Oper ,Legenda z Erinu‘, die ,Legende von Erin‘ von Otakar Ostrčil aufgeführt. Es handelt sich um eine mythologische Geschichte aus Irland. Unser Musikdirektor Robert Jindra hat dies ausgegraben. Die Musik ist sehr stark. Ostrčil war für mich als Komponist unbekannt, er hatte eher als Operndirektor hier Bedeutung. In den 1920er Jahren arbeitete er sehr eng beispielsweise mit Alexander Zemlinsky zusammen. Die Oper ist seit den 1920er Jahren nicht mehr gespielt worden, nur einmal als Konzert, aber nicht auf der Bühne.“
Die Produktion von Rameaus ,Platée‘ war ein großer Erfolg. Wird in der nächsten Saison vielleicht ebenfalls eine Barockoper neu einstudiert?
„Wir gehen in das 17. Jahrhundert zurück und führen Henry Purcells ,Dido und Aeneas‘ auf. Ich bin sehr froh, dass wir wieder die tschechische Regisseurin Alice Nellis engagieren konnten. Sie hat mit ihrer ,Prodaná nevěsta‘ (Die verkaufte Braut, Anm. d. Red.) für Furore gesorgt. Das war sehr kontrovers, aber es hat sich gezeigt, dass es eine sehr erfolgreiche Inszenierung ist. Wir spielen sie zum 30. Mal und immer mit vollem Haus. Das Publikum ist begeistert. Nellis ist eine sehr begabte Regisseurin.“
Geplant wurde auch Wagner. Welche Werke stehen auf dem Programm?
„Wenn die Menschen nach Prag kommen, um den ,Ring‘ zu sehen, werden sie eine Regisseurin und einen Dirigenten erleben, die das Stück interpretieren, aber mit zwei Orchestern in zwei Opernhäusern.“
„Ja, dann fangen wir mit Wagner an. Im Februar 2026 hat ,Das Rheingold‘, das erste Stück vom ,Ring des Nibelungen‘, seine Premiere. 2027 werden die ,Walküre‘ und 2028 ,Siegfried‘ und ,Die Götterdämmerung‘ folgen. Wir werden den gesamten Zyklus dreimal im Mai und im Juni spielen. Robert Jindra wird dirigieren. Wir verteilen die Produktionen an die beiden Häuser. Wir fangen mit dem ,Rheingold‘ im Nationaltheater an, dann ,Walküre‘ und ,Siegfried‘ in der Staatsoper und am Ende ,Die Götterdämmerung‘ im Nationaltheater. Wenn die Menschen nach Prag kommen, um den ,Ring‘ zu sehen, werden sie eine Regisseurin und einen Dirigenten erleben, die das Stück interpretieren, aber mit zwei Orchestern in zwei Opernhäusern. Und wir planen noch einmal Wagner. 2026 sind vergehen 150 Jahre seit der Gründung des Bayreuther Festivals. Das Festspielhaus wurde vor allem für Wagners letzte Oper ,Parsifal‘ gebaut. Im März 2026 planen wir die Premiere von ,Parsifal‘ in der Staatsoper, wir werden das Stück am Karfreitag spielen. Andreas Homoki aus Zürich, der dort mit seinem ,Ring‘ jetzt großen Erfolg hatte, wird die Oper inszenieren. Homoki hat zuvor in Prag auch den erfolgreichen ,Rosenkavalier‘ inszeniert. Dirigent ist der Markus Poschner aus Deutschland, der schon in Bayreuth dirigiert hat. Ich habe große Erwartungen an dieses Team.“
Wie sieht es mit den Solisten für den „Ring“ aus?
„Hauptsächlich sind es tschechische und slowakische Sänger. Im ,Rheingold wird Adam Plachetka den Wotan singen. Die Partie von Loge übernimmt Štefan Margita. Er ist ein international angesehener Loge, er hat die Rolle überall gesungen. Die Besetzung für den ganzen ,Ring‘ werde ich jetzt nicht verraten.“
Denken Sie im Programm auch an Familien mit Kindern?
„Wir werden die Oper ,Kolotoč‘, Karussell, von Václav Trojan im Nationaltheater spielen. Lange wurde dort keine Oper mehr aufgeführt, die speziell für Kinder bestimmt wäre.“
In der Regel wird auch zum Abschluss der Saison eine Neuproduktion aufgeführt. Ist das auch kommendes Jahr der Fall?
„Ich halte Barbora Horáková Joly für eine der begabtesten jungen Regisseurinnen überhaupt.“
„Ja, wir planen die ‚Dialogues des Carmélites‘ von Francis Poulenc. Die Oper wurde 1957 uraufgeführt. Ich glaube, es ist die höchste Zeit, sie hier zu inszenieren. Wir haben dafür die Regisseurin Barbora Horáková Joly gewonnen, die gerade einen großen Erfolg mit der ,Zauberflöte‘ an der Wiener Staatsoper feierte. Es wird ihre vierte Inszenierung bei uns in Prag sein. Ich halte sie für eine der begabtesten jungen Regisseurinnen überhaupt. Sie stammt aus Prag.“
Herr Barankiewicz, welche Premieren bereiten Sie mit dem Ensemble für die nächste Spielzeit vor?
„Ich glaube, unser Publikum hat gemerkt, dass nicht nur das klassische Repertoire, sondern auch moderne Stücke wichtig sind. Ohne unsere harte Arbeit wäre das alles nicht möglich gewesen.“
„Es sind drei Premieren. Die erste ist ein Werk von John Neumeier. Er hat 2011 das Stück ,Liliom‘ für das Hamburg Ballett kreiert. In der Geschichte geht es um Liebe und darum, kein perfekter Mensch zu sein. Ich war davon tief beeindruckt. Bei dem Ballett haben wir nicht nur ein Orchester im Graben, sondern auch eine Jazzband auf der Bühne. Es ist wirklich ein Spektakel ohne Ende, nicht nur Tanz, sondern auch viel Musik. Die Premiere findet am 23. Oktober in der Staatsoper statt. Die nächste Premiere gibt es im Nationaltheater. Der Abend heißt ,Avant-Garde: Cutting Edge‘. In seinem Rahmen werden zwei neue Stücke des polnischen Choreografen Robert Bondara aufgeführt, eine Choreografie von Marco Goecke, und der weltberühmte tschechische Choreograf Jiří Kylián kehrt mit seinem Werk ,27‘52‘ nach Prag zurück. Ich freue mich sehr auf den Abend. Denn ich glaube, unser Publikum hat gemerkt, dass nicht nur das klassische Repertoire, sondern auch moderne Stücke wichtig sind. Ohne unsere harte Arbeit wäre das alles nicht möglich gewesen.“
Wurde zuvor nicht ein Abend mit George Balanchines Choreografien geplant?
„Ja, für die Spielzeit 2022/23 hatten wir eigentlich den Abend ,Who Cares?‘ vorgeplant. Leider mussten wir die Premiere verschieben, kurz nach der Corona-Zeit war es aus logistischen Gründen nicht möglich, die Choreografien aufzuführen. Nun haben wir die Gelegenheit, den Abend zu verwirklichen. Es ist eine Hommage an George Balanchine. Die Inszenierung ist aus zwei seinen Choreografien zusammengestellt: ,Who Cares?‘ und ,Brahms-Schönberg Quartett‘.“
Wird in der Weihnachtszeit wieder der sehr beliebte „Nussknacker“ gespielt?
„Wir haben das Ballett in der Choreografie von Yuri Vamos immer im Nationaltheater aufgeführt. Die Kostüme und Dekorationen sind inzwischen leider alt geworden. Im Nationaltheater wird das Stück in der kommenden Saison zum letzten Mal gespielt. Gleichzeitig bereiten wir für die Staatsoper eine neue Inszenierung vor, zwar mit derselben Choreografie, aber mit neuen Kostümen und einem neuen Bühnenbild. Wir bekommen immer wieder Einladungen, den Nussknacker im Ausland aufzuführen. Darum spielen wird das Stück mit neuen Kostümen und Dekorationen in der Staatsoper. Denn nicht jedes Theater ist so klein wie das Nationaltheater. Das hat also logistische Gründe. Am 6. Januar 2026 gibt es gleichzeitig zwei Nussknacker-Vorstellungen: im Nationaltheater und in der Staatsoper. In unserem Repertoire bleiben natürlich weiterhin ,Der Schwanensee‘, ,Romeo und Julia‘, ,L’Histoire de Manon‘, ,Coppélia‘ sowie die ,Scheherezade‘.“
Wird das Ballettensemble auch auf Tournee gehen?
„Wir haben drei Tourneen vorgeplant. So gastieren wir wieder in Turin, diesmal mit ,Romeo und Julia‘. Von Krzysztof Pastor wurden wir zum Tanzfestival nach Warschau eingeladen. Zudem reisen wir nach Ludwigshafen. Dort gibt es ein wunderbares Publikum, das konnte ich mit dem Stuttgarter Ballett selbst erleben. Wir führen dort die ,Coppélia‘ auf.“
Die Karten für die Aufführungen im Prager Nationaltheater werden in der Regel maximal sechs Monate im Voraus verkauft. Für die ganze nächste Spielzeit lässt sich bisher nur das Abonnement erwerben. Mehr Informationen finden Sie unter: www.narodni-divadlo.cz/en.