Eishockey: Frölunda gewinnt vierten CHL-Titel, Hradec die Anerkennung

Hradec Králové - Frölunda Göteborg (Foto: ČTK / David Taneček)

Das tschechische Eishockey hatte international in letzter Zeit nicht mehr viel zu lachen. Die Nationalmannschaften der Senioren und Junioren sind seit sieben beziehungsweise 15 Jahren ohne WM-Medaille. Auf Clubebene aber setzt man Achtungszeichen. So standen jüngst zwei Vereine im Finale bedeutender Wettbewerbe: Třinec Ende Dezember beim Spengler Cup und Hradec Králové am Dienstagabend in der Champions Hockey League. Das Endspiel in der ostböhmischen Elbestadt war zugleich das Highlight in der damit beendeten CHL-Saison.

Hradec Králové - Frölunda Göteborg  (Foto: ČTK / David Taneček)

Foto: ČTK / David Taneček
Zum ersten Male unmittelbar vor einem Endspiel war sie auch außerhalb Skandinaviens zu hören: die Hymne der Champions Hockey League. Möglich geworden ist dies durch die hervorragenden Leistungen des tschechischen Clubs Mountfield HK, dessen Bezeichnung sich aus dem Namen des Hauptsponsors und der Stadt Hradec Králové / Königgrätz zusammensetzt. Die Ostböhmen trafen dabei im Finale auf die schwedische Mannschaft Frölunda Indians, gegen die sie bereits in der Gruppenphase gespielt hatten. In den Duellen mit dem Titelverteidiger gewannen sie auswärts mit 3:2, verloren aber zu Hause mit 3:4. Da Mountfield im Gegensatz zum Verein aus Göteborg in den sechs Playoff-Begegnungen bis zum Finale ungeschlagen blieb, hatten sich die Tschechen für das abschließende Match das Heimrecht erkämpft. Dennoch waren sie im Vergleich mit dem schwedischen Team nur Außenseiter, denn Frölunda hatte die Champions Hockey League in den fünf Jahrgängen zuvor dreimal gewonnen und stand noch ein weiteres Mal im Endspiel. Das aber hielt die Fans der Elbestädter in der mit 6890 Zuschauern ausverkauften ČPP-Arena nicht davon ab, ihre Mannschaft von Anpfiff an leidenschaftlich zu unterstützen:

Marek Mazanec  (Foto: ČTK / David Taneček)
Nach nur sieben Minuten hatten die Anhänger des Mountfield HK dann auch das erste Mal Grund zum Jubeln: Peter Koukal schoss in Überzahl das 1:0 für die Gastgeber. Doch die Gäste aus Göteborg fühlten sich durch das Gegentor eher noch angestachelt als geschockt, sie demonstrierten danach ihre ganze Klasse. Mit Beginn ihres ersten Powerplays setzten sie die Hausherren pausenlos unter Druck und erzielten noch im ersten Drittel binnen drei Minuten drei Treffer. Danach ließen die Schweden ihren Kontrahenten nicht mehr zur Entfaltung kommen und behaupteten den Vorsprung souverän. Und so stand es am Ende der Partie immer noch 3:1 für die Indianer, die somit ihren Titel erfolgreich verteidigten.

Dass ihr Gegner an diesem Abend zu stark war und die Champions Hockey League damit ein weiteres Mal verdient gewonnen hat, das erkannten auch die besten Akteure der tschechischen Mannschaft an. Torhüter Marek Mazanec:

Marek Mazanec: „So ist Eishockey, unser Gegner war heute einfach besser. Ich muss aber meine Mitspieler loben, denn jeder von ihnen hat auf dem Eis alles gegeben. Zugleich war zu spüren, dass Frölunda quasi von einem anderen Stern ist.“

„Ich muss sagen, dass ich gar nicht so enttäuscht bin. So ist Eishockey, und unser Gegner war heute einfach besser. Ich muss aber meine Mitspieler loben, denn jeder von ihnen hat auf dem Eis alles gegeben. Zugleich war zu spüren, dass Frölunda quasi von einem anderen Stern ist. So haben die Schweden dann mit zwei Toren Differenz gewonnen.“

Kapitän Radek Smoleňák hingegen war enttäuscht über den Ausgang des Finales. Dennoch gewann auch er der Niederlage etwas Positives ab:

„Ich denke, dass unser junges Team aus dem Finale viel mitnehmen kann für die Zukunft. Es dürfte vielen Jungs die Augen geöffnet haben, wie toll Eishockey interpretiert werden kann, wenn man hart an sich arbeitet. Dann kann man vielleicht auch einmal wie aus einem Guss spielen so wie Frölunda. Diese Erfahrung werden wir wohl noch zu schätzen wissen.“

Vladimír Růžička  (Foto: ČTK / David Taneček)
Trainer Vladimír Růžička zog ebenso den Hut vor der Leistung der Schweden:

„Binnen knapp drei Minuten schossen sie drei Tore. Sie haben gezeigt, welch starke Mannschaft sie sind. Jetzt haben sie die Trophäe zum vierten Mal gewonnen, und das ist kein Zufall.“

Trotzdem war der 56-Jährige nicht unzufrieden mit der Vorstellung seines Teams. Und schließlich hob er noch eine Komponente hervor, die das Finale zu einem echten Highlight machte:

„Absolut phantastisch fand ich die Zuschauer. Sie waren einfach unglaublich. Erneut haben wir gezeigt, dass wir eine Eishockeynation sind.“

Vladimír Růžička: „Absolut phantastisch fand ich die Zuschauer. Sie waren einfach unglaublich. Erneut haben wir gezeigt, dass wir eine Eishockeynation sind.“

Beim Finale nicht fehlen durften natürlich die führenden Vertreter der Champions Hockey League. Der Wichtigste von ihnen ist zweifellos CHL-Geschäftsführer Martin Baumann. Und der Funktionär aus Deutschland stand auch für folgendes Interview bereit:

Herr Baumann, wie zufrieden sind Sie mit dem heutigen Finale in Hradec Králové?

„Es war eine phantastische Stimmung, einmal mehr. Das Finale ist immer das Größte, es ist das Saisonhighlight der Liga. Was kann man sich mehr wünschen als so faire Fans. Und ich habe noch selten eine solch tolle Choreo gesehen. Die Fans von Mountfield haben nicht aufgeben, sie haben bis zuletzt an den Erfolg geglaubt. Doch Frölunda ist gegenwärtig die wirklich beste Mannschaft in Europa. Beide Teams haben toll gekämpft, es war ein phantastisches Finale.“

Frölunda  (Foto: ČTK / David Taneček)
Frölunda kann man wohl schon gleichsetzen mit Real Madrid im Fußball. Denn die Madrilenen haben ähnlich stark angefangen, als 1955/56 der Europapokal der Landesmeister eingeführt wurde…

„Das habe ich in etwa genauso gesagt auf der gestrigen Pressekonferenz vor dem Finale. Ich stehe zu dem, Frölunda ist sicherlich zurzeit mit Abstand eine der besten Mannschaften in Europa, wenn man die russischen Teams noch hinzuzählt. Das sieht man in nahezu jeder Szene: Die Schweden spielen ihr System ganz clever runter, und auch wenn es noch eng geworden wäre, dann hätten sie bestimmt noch zwei Zacken zulegen können.“

Das habe ich auch so gesehen. Nach der 3:1-Führung hat Frölunda in der Tat ein, zwei Gänge herausgenommen, sonst wäre die Niederlage von Mountfield gewiss noch höher ausgefallen…

Martin Baumann  (Foto: Archiv CHL)
„Ganz bestimmt. Die Göteborger haben jedoch schon zuvor eine unglaubliche CHL-Saison hingelegt. Wer hätte gedacht, dass sie das Spiel gegen Färjestad noch kippen? Wer hätte gedacht, dass sie gegen Biel das Ganze noch einmal drehen können? Wer hätte gedacht, dass sie am Schluss auch gegen Luleå noch gewinnen? Sie haben es geschafft in einer wirklich beeindruckenden Weise. Die Mannschaft hat so viel Potenzial und ist der verdiente Sieger.“

Sind Sie demgegenüber aber nicht auch zufrieden, dass das Finale mal nicht in Schweden oder Finnland stattgefunden hat, sondern in Mitteleuropa?

„Na selbstverständlich, denn das tut dem Sport gut. In dieser Saison hatten wir drei schwedische Teams im Halbfinale und dazu noch eine tschechische Mannschaft. Sicher wünsche ich mir für die Zukunft, dass es wieder so wird wie beispielsweise im letzten Jahr, als wir Vertreter von vier verschiedenen Nationen in den Halbfinals hatten. Das wünscht man sich immer, doch am Ende ist es Sport. Am Schluss muss dasjenige Team gewinnen, das es am meisten verdient hat.“

Martin Baumann: „wir sind zuversichtlich. Ich glaube, wir haben das Fundament geschaffen, wir gehen im Sommer in die siebte Saison, es passt alles. Sportlich ist es eh ein Riesenerfolg, insofern sind wir wirklich happy, dass es mit der Liga so aufgegangen ist.“

Wie schätzen Sie die Entwicklung der CHL generell ein?

„Nach so einem Abend kann ich nur positiv antworten: Die Zuschauerzahlen gingen nach oben, und auch vor dem Fernsehen wurden mehr Zuschauer registriert. Sportlich gesehen gab es in dieser Saison ein Highlight nach dem anderen. Ich glaube an das Produkt, die CHL wird ihren Weg machen. Das zeigt auch die Tatsache, dass wir die Verträge mit unserem Partner Infront Sports & Media bereits bis zum Jahr 2028 verlängert haben. Das gibt mir die Stabilität, das Produkt wirklich weiterzuentwickeln und daran zu arbeiten. Das freut mich.“

Die kritischen Stimmen werden ja auch immer weniger. Und eine ganz kritische Stimme kam ja direkt aus Hradec Králové. Was sagen Sie überhaupt zu dieser Konstellation, dass jemand, der früher gegen die Liga opponiert hat, jetzt im Finale stand? Hat es da einen Sinneswandel gegeben?

Radek Smoleňák  (Foto: ČTK / David Taneček)
„Dazu möchte ich zwei Dinge benennen. Zum einen war es sicherlich logistisch nicht ganz einfach, das Finale hier in Hradec Králové zu implementieren. Aber das hat auch etwas mit der Vorbereitungszeit zu tun, denn die war sehr kurz. Aber am Schluss war die Zusammenarbeit mit Mountfield hervorragend. Wir haben den Event hingekriegt, was heute auch zu sehen war. Und zum Zweiten nur so viel: Die Geschäftsleitung beziehungsweise das Management von Mountfield HK war nicht immer gleich gut eingestellt. Ich hoffe aber, dass sie heute mit diesem tollen Finale auch ihr Dankeschön erhalten hat. Ich denke, mindestens die Fans haben das sehr, sehr geschätzt: Und sie sind sicher auch sehr stolz, dass ihre Mannschaft so weit gekommen ist.“

Ich denke, bei den Spielern war das nicht anders. So hat zum Beispiel Mountfields Kapitän Radek Smoleňák schon im Vorfeld wiederholt gesagt: Wir präsentieren unseren Verein, unsere Stadt und unser Land. Sie haben also schon einen starken Bezug zu dem Wettbewerb gefunden, und ich glaube, für die Zukunft kann dies generell nur noch besser werden, oder?

Mountfield HK  (Foto: ČTK / David Taneček)
„Ja, wir sind zuversichtlich. Ich glaube, wir haben das Fundament geschaffen, wir gehen im Sommer in die siebte Saison, es passt alles. Sportlich ist es eh ein Riesenerfolg, insofern sind wir wirklich happy, dass es mit der Liga so aufgegangen ist.“

Sind möglicherweise einige Modifizierungen geplant?

„Nein, es wird keine Änderungen geben. Der Modus bleibt gleich. Und auch alles andere bleibt so wie es ist, weil es sich bewährt hat. Und was die Zukunft bringt, das werden wir sehen.“

Auch Baumann war also begeistert von den Zuschauern des Finalspiels in Hradec Králové. Ihre Gesänge waren übrigens noch lange zu hören.

Autor: Lothar Martin
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