Ende eines bizarren Streits: Tschechischer Diesel rollt zurück aus Deutschland
Willkommen zu Hause! Am Donnerstag rollt der erste Zug mit tschechischem Diesel aus dem bayerischen Krailling auf böhmische Gleise. Damit scheint ein langer Streit um die strategischen Ölreserven Tschechiens mit dem westlichen Nachbarn beendet zu sein.
„Ich kann bestätigen, dass der erste Zug mit dem Diesel, das in den vergangenen zwei Jahren in Krailling zurückgehalten wurde, im Laufe des gestrigen und heutigen Tages beladen und vom Zoll abgefertigt wurde. Gerade habe ich den Premier darüber informiert, dass der Zug um genau 15.30 Uhr die Tore des Tanklagers in Krailling verlassen hat. Auf der nun reparierten Teilstrecke fuhr der Zug nach Freiham, wo er dem zuständigen Spediteur übergeben wurde. Und jetzt ist er auf seinem Weg nach Tschechien.“
Seit 2010 hat Tschechien einen Teil seiner strategischen Diesel-Reserven in den Tanklagern der Viktoriagruppe beim bayerischen Krailling im Süden Münchens gelagert. Es soll sich dabei um Brennstoff im Wert von rund 1,2 Milliarden Kronen (44,5 Milliarden Euro) gehandelt haben. Als die Viktoriagruppe vor zwei Jahren Pleite ging, brach ein bizarrer Streit aus zwischen Tschechien und Deutschland. Es ging darum, ob der Diesel tatsächlich Tschechien gehört oder durch das Insolvenzverfahren Deutschland zufällt beziehungsweise dem neuen Inhaber der Zisternen. Als die Eigentumslage dann doch zugunsten Tschechiens geklärt war, häuften sich die Probleme: Der Insolvenzverwalter der Viktoriagruppe legte unmögliche Fristen fest, und die Bahnanbindung des Tanklagers war nicht befahrbar. In der Zwischenzeit behielt auch niemand im Auge, ob der Diesel etwa illegal angezapft wurde. Im Laufe dieses Jahres konnte die Regierung in Prag jedoch aufatmen: Der neue Besitzer der Anlage in Krailling, das deutsch-tschechische Unternehmen Krailling Oils Development, gab grünes Licht für den Abtransport. Insgesamt wird die Überführung eine Herkulesaufgabe. Mehrere Monate wird sie dauern und rund 60 Millionen Kronen (2,2 Millionen Euro) kosten. Pavel Švagr:„Es sollen am Ende 70 Züge werden, von denen der erste bereits unterwegs ist. Das bedeutet, wenn dieser Zug angekommen ist und seine Ladung gelöscht wurde, bleiben noch 69 Züge. Insgesamt wird es aber ein schwieriges und anstrengendes logistisches Unterfangen.“
2004 war der Vertrag zur Aufbewahrung der staatlichen Dieselreserven mit der Viktoriagruppe unterzeichnet worden. Offiziell sollte mit der Einlagerung in Deutschland vor allem eins erreicht werden: Kosten für den Staat zu senken. Das war zumindest das Hauptargument der Vorgänger von Pavel Švagr bei der staatlichen Materialverwaltung. Nach dem Fiasko mit der Viktoriagruppe solle nun auf Nummer sicher gegangen und auf den Staat vertraut werden, so Švagr:
„Es handelt sich bei dem Diesel um einen Teil der Notreserven des tschechischen Staates. Jetzt wird sich das staatliche Erdölunternehmen Čepro um den Diesel kümmern. Nach einer Qualitätskontrolle soll der Diesel in einem Tanklager von Čepro aufbewahrt werden. Mit dem Brennstoff soll dabei genauso umsichtig umgegangen werden, wie mit allen anderen Notreserven des Staates.“