Wirtschaftsvertreter halten Maßnahmen der Regierung in Prag gegen hohe Spritpreise für wirkungslos

Die hohen Kraftstoffpreise machen den Verbrauchern und Firmen in Tschechien zu schaffen – wie in anderen Ländern auch. Am Mittwoch hat die Regierung daher ein Maßnahmenpaket beschlossen. Doch Opposition und Wirtschaftsvertreter halten dies für wirkungslos.

Ivan Indráček | Foto: ČT24

Tanken ist in Tschechien so teuer wie nie. Am Donnerstag lag der durchschnittliche Literpreis für Diesel bei rund 49 Kronen und für Benzin bei 46,6 Kronen. Das sind umgerechnet 1,93 Euro beziehungsweise 1,84 Euro.

„Entscheidend für die Entwicklung in Tschechien sind die Preise für Rohöl an der Börse in Rotterdam“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Union unabhängiger Raffineriebetreiber, Ivan Indráček, am Donnerstagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Die Regierung will nun mit drei Maßnahmen die Spritpreise senken. So soll die Pflicht zur Beimischung von Bio-Komponenten in Kraftstoffe aufgehoben werden. Außerdem wird den Plänen nach die Kraftfahrzeugsteuer für bestimmte Firmenwagen gestrichen. Dazu erläuterte Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) am Mittwoch nach der Kabinettssitzung:

Petr Fiala | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

„Diese Regelung bezieht sich auf Pkw und Lieferwagen bis zwölf Tonnen. Damit helfen wir auf direkte Weise vor allem kleineren und mittelständischen Betrieben. Zudem hat der Industrieminister die zuständigen Behörden angewiesen, systematisch die Margen bei den Lieferfirmen und Tankstellenbetreibern zu kontrollieren.“

Oppositionspolitiker befürchten jedoch, dass die Maßnahmen nicht greifen. So sagte Ex-Finanzministerin und Ano-Politikerin Alena Schillerová zur Streichung der Bio-Komponente in Kraftstoffen:

Vojtěch Hromíř | Foto:  ČT24

„Das senkt die Spritpreise nur etwa um eine Krone. Ich glaube, dass die Anbieter dies noch nicht einmal in den Endpreis einfließen lassen. Die tschechischen Bürger haben davon also überhaupt nichts.“

Ähnlich äußerten sich auch zahlreiche Wirtschaftsvertreter. Sie kritisieren aber vor allem die beiden anderen Maßnahmen. Vojtěch Hromíř ist der Geschäftsführer des Verbandes tschechischer Spediteure (Česmad)…

„Die Preiskontrolle an den Tankstellen kommt den professionellen Spediteuren praktisch überhaupt nicht zugute. Sie tanken zu Sonderkonditionen, und in diesem Bereich sind keine Kontrollen angekündigt worden. Die Streichung der Kraftfahrzeugsteuer für Wagen bis zu zwölf Tonnen hilft ihnen ebenso wenig, da ihre Lkw schwerer sind“, so Hromíř.

Foto: Miroslav Chaloupka,  ČTK

Und falls sich der Transport von Waren wegen der Kraftstoffpreise ungebremst verteuert, dreht sich auch allgemein die Inflationsspirale hierzulande weiter.

Den größten Anteil am Preis für Kraftstoffe haben im Übrigen die staatlichen Steuern. Und zwar rund 50 Prozent, wie der Wirtschaftsexperte Dominik Rusinko von der tschechischen Handelsbank (ČSOB) erläutert. Der zweitgrößte Posten sind die Ausgaben für den Kauf und Transport von Rohöl und dessen Verarbeitung. Die Gewinnmargen machen hingegen nur den Rest von gut zehn Prozent aus. Deswegen empfiehlt Rusinko andere Maßnahmen, um die Verbraucher zu schützen:

„Ich könnte mir gezielte Unterstützungszahlungen für Menschen mit niedrigen Einkommen vorstellen. Damit würden jene Bevölkerungsgruppen berücksichtigt, die am meisten unter den Kraftstoffpreisen leiden.“

Karel Havlíček | Foto: David Sedlecký,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

Auch der frühere Industrie- und Handelsminister Karel Havlíček hält weitergehende Maßnahmen für angebracht.

„Eine Obergrenze für Spritpreise und Margen sowie eine Senkung der Mehrwertsteuer – das würde sofort helfen“, so der stellvertretende Vorsitzende der Partei Ano.

Das jetzige Maßnahmenpaket muss noch vom tschechischen Parlament gebilligt werden, bevor es in Kraft treten kann. Es scheint aber, dass die Diskussion über den richtigen Weg weitergehen wird.

Autor: Till Janzer
schlüsselwort:
abspielen