Erneut Polemik: Künstler üben Kritik an Zemans präsidialer Politik

Musikpreise Anděl (Foto: ČTK)

Es sollte eigentlich nur eine ganz normale Preisverleihung sein unter Musikern, die für ihre Leistungen im vergangenen Jahr geehrt wurden. Doch dann wurde die Vergabe der tschechischen Musikpreise Anděl (Engel) am vergangenen Samstag in Prag noch zu einem Aufschrei – zu einer Auflehnung gegen den politischen Kurs, den Präsident Miloš Zeman in seiner Amtszeit fährt. Mehrere Musiker kritisierten, dass Zeman Regimen des Ostens schmeichle, obwohl sie die Freiheit und Demokratie unterdrückten.

David Koller  (Foto: ČTK)
Der Sänger und Schlagzeuger der Band Lucie, David Koller, hat am Samstag gleich drei Anděl-Preise erhalten. Beim Empfang von einem der „Engel“ sagte er vor laufenden Kameras ins Mikrofon:

„Ich wäre froh, wenn sich die Regierung um die Bürger kümmern und den Staat nicht Richtung Osten schleifen würde, so wie es augenscheinlich Herr Babiš, Herr Klaus oder Genosse Zeman tun.“

Mit dem Wort „Genosse“ stempelte er den Präsidenten zudem als Gefolgsmann der kommunistischen Regime in Russland und China ab. Mit deren obersten Repräsentanten hat sich Zeman während seiner bisher dreijährigen Amtszeit schon mehrfach getroffen. Das kritisierte in einer TV-Debatte auch die Abgeordnete der Bürgerdemokraten (ODS), Miroslava Němcová. Ihrer Meinung nach sei es politisch untragbar gewesen, dass Zeman im Mai 2015 als nahezu einziger europäischer Staatsmann die Siegesfeiern zum Jubiläum des Weltkriegsendes in Moskau besucht habe. Als Zweites monierte sie, dass er den chinesischen Präsidenten jüngst mit Pomp und Gloria in Prag empfangen habe. Dies seien Länder, die andere Gebiete besetzten wie Russland die Krim, oder die Menschenrechte mit Füßen träten wie China. Ganz offen daneben getreten sei Zeman aber mit einer Äußerung, die er erst neulich abgegeben hat, so Němcová:

Miroslava Němcová  (Foto: Archiv des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik)
„Und der dritte Moment ist gewiss Zemans Aussage während des Präsidentenbesuches aus China, indem er sagte, die Zeit sei beendet, in der Tschechien unter dem Druck der USA und der EU gestanden habe. Und dass Tschechien jetzt endlich unabhängig verhandeln könne.“

Diese Aussage kommentierten weitere Landespolitiker als Leugnung der langjährigen Außen- und Sicherheitspolitik Tschechiens und als Infragestellung der Zugehörigkeit des Landes zur EU und Nato. Es sei offenkundig, dass der Präsident das Land wieder mehr gen Osten führen wolle, meinte Němcová. Der Chefredakteur der Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“, Jaroslav Plesl, aber kann diese Sorge nicht teilen. Im Gegenteil, er sieht die Ostorientierung als eine wirtschaftliche Notwendigkeit an:

„Diejenigen, die das kritisieren, wissen absolut nichts von dem, was in der internationalen Politik passiert, wie man Wirtschaftsdiplomatie betreibt, und wie unsere Nachbarstaaten handeln. Als die deutsche Bundeskanzlerin Merkel nach China reiste, hat sich ihr dortiger Botschafter förmlich zerrissen bei der Aussage, dass Deutschland der beste Freund Chinas und in Europa der Staat sei, der die Chinesen am besten verstehe. Kein Wunder bei einer bilateralen Handelsbilanz von 160 Milliarden Euro jährlich. Das aber ist Realpolitik.“

Jaroslav Plesl  (Foto: YouTube Kanal Přednášky Schodiště)
Plesl kritisierte zudem, dass die Künstler das falsche Forum für ihren Auftritt gewählt hätten. Eine Preisverleihung sei nicht die Bühne für eine politische Meinungsäußerung. Das sieht Němcová völlig anders:

„Wenn Sie sich verschiedene Übertragungen von Gala-Abenden anschauen, angefangen von der Oscar-Verleihung über weitere Events bis hin zur Verleihung des Berliner Bären, dann ist immer jemand unter den Geehrten, der seine politische Meinung nicht hinter dem Berg hält. In anderen Ländern geht man ganz normal damit um.“

Normal sei indes nicht, wie gemein und ordinär sich Präsident Zeman in der Öffentlichkeit bisweilen zu gewissen Themen äußere. Damit sorge er seit drei Jahren wiederholt dafür, die tschechische Gesellschaft zu spalten. Der Fraktionschef der Kommunisten (KSČM), Pavel Kováčík, hält dem entgegen:

Pavel Kováčik  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Ich bin der Ansicht, eine derbe Äußerung, die konkrete Dinge klar und deutlich anspricht, ist besser als etwas zu übertünchen, zu verschleiern oder zu umschreiben.“

Aus dieser Gemengelage wird ersichtlich, dass Präsident Zeman auch noch in den verbleibenden zwei Jahren seiner Amtszeit für viel Polemik sorgen wird.