Archäologen erforschen Rosenberger Gruft in Vyšší Brod

Blick in die Krypta der Rosenbergs im Kloster Vyšší Brod

Über 400 Jahre nach dem Tod des letzten Mitglieds der Familie Rosenberg wurde die Gruft des Adelsgeschlechts im Stift Vyšší Brod / Hohenfurth von einem Expertenteam erforscht.

Im November 1611 starb der einflussreiche böhmische Ständepolitiker Peter Wok von Rosenberg (Petr Vok z Rožmberka). Er wurde in der Familiengruft im Zisterzienserstift Vyšší Brod bestattet. Mit ihm erlosch die Adelsfamilie der Rosenberger im Mannesstamm. Der unterirdische Raum mit der Gruft blieb Jahrhunderte lang geschlossen und damit auch unzugänglich. Erst 400 Jahre nach dem Tod des letzten Rosenbergs versuchte ein Expertenteam, die geheimnisvolle Gruft zu finden und zu erforschen. Zuzana Thomová war Mitglied des Teams. Sie arbeitet als Archäologin im Südböhmischen Museum in České Budějovice / Budweis. Die Forschungsarbeiten hätten fast 15 Jahre lang gedauert, sagt Thomová:

Zuzana Thomová | Foto: Petr Kubát,  Tschechischer Rundfunk

„Zuerst mussten wir die Gruft überhaupt finden. In der Stiftskirche führten wir darum geophysikalische Forschungen durch. Es zeigte sich, dass sich die Gruft im linken Teil des Presbyteriums befinden könnte. Mit einer Minikamera, die durch eine etwa drei Zentimeter große Öffnung hindurchpasst, dokumentierten wir den unterirdischen Raum. Zu Beginn wollten wir fast nicht glauben, dass wir wirklich auf die Rosenberger-Gruft gestoßen sind.“

Die Archäologin sagt, die Forscher seien von den Berichten aus der Barockzeit ein wenig beeinflusst worden. Diese behaupteten, dass die Rosenberger auf goldenen Sesseln sitzen und auch nach dem Tod weiter regieren würden.

„Die Gruft der Rosenberger, wie wir sie vorfanden, entsprach vielmehr der Beschreibung von Václav Břežan. Er war Chronist der Rosenberger. Břežan schrieb, der Bestattungsort sei im Keller gewesen, in dem der letzte Platz für den letzten Rosenberger, Peter Wok, frei geblieben sei. Und dem war auch so. In der Gruft waren fast 30 Mitglieder der Familie Rosenberg beigesetzt. Als letzter wurde dort Peter Wok mit seiner Frau Kateřina z Ludanic (Katharina von Ludanitz, Anm. d. Red.) bestattet. Sie lagen in einem verzierten Sarkophag aus Zinn.“

Petr Vok | Foto: Barbora Němcová,  Radio Prague International

Die Forschungen im Zisterzienserstift haben laut Zuzana Thomová Antworten auf viele Fragen gebracht: Wo sich die Gruft befindet, wie sie aussieht, wer dort bestattet ist. Es habe auch neue kunsthistorische Erkenntnisse gegeben, etwa wie der Sarkophag ausgesehen habe, so die Expertin:

„Wenn man sich lange mit einem Thema beschäftigt, stellt man sich während der Zeit auch verschiedene Fragen. In diesem Fall betrafen sie den speziellen Ring von Kateřina z Ludanic. Er fiel einst aus dem Sarg heraus und lag auf dem Deckel, und es sah so aus, als ob ihn Kateřina ihrem Mann zurückgeben möchte. Es ist ein zweiteiliger Ring – einen Teil hat vermutlich Peter Wok am Finger, und den anderen trug seine Frau.“

Der Originalring ist in der Gruft geblieben. Er wurde jedoch laut Thomová mit der Kamera so gut gescannt, dass anhand der Kopien die beiden Ringteile angefertigt werden konnten. Es handelt sich um Kopien aus Gold. Diese werden derzeit im Museum im Stift Vyšší Brod gezeigt.

Zwillingseheringe der Rožmberks | Foto: Matěj Vodička,  Tschechischer Rundfunk

Die Forschungsergebnisse wurden in einem Bildband zusammengefasst. Er trägt den Titel „Rožmberská hrobka – příběh hledání“ (auf Deutsch etwa „Die Rosenberger Gruft – die Geschichte des Suchens“). Das Buch wurde vor knapp einem Jahr beim Festival „Šumava Litera“ mit dem Johann-Steinbrenner-Preis ausgezeichnet. Zum Titel des Bandes merkt die Archäologin an:

Jiří Šindelář a kolektiv: Rožmberská hrobka | Foto repro: Verlag Naše historie

„Mit der Suche ist es so: Es war bekannt, dass sich die Gruft im Stift befindet, wir wussten jedoch nicht genau wo. Ich denke, dass die Zisterzienser es als ihre Aufgabe betrachteten, nicht zu verraten, wo die Gruft ist, damit sie niemand beschädigen konnte. Seit der Bestattung des letzten Rosenbergs betrat wirklich niemand den Raum – weder während des Zweiten Weltkriegs, noch in den 1950er Jahren. Als wir die Öffnung für die Minikamera gebohrt haben, waren wir die ersten, die nach Jahrhunderten den Raum besichtigt haben.“

Die Rosenberger wurden in ihrer Gruft ganze 411 Jahre lang nicht gestört, bis die Forscher den Keller mit der Minikamera erforschten. Ganz geöffnet und betreten wurde die Grabstätte bewusst nicht, so die Archäologin. Zuzana Thomová meint, dass alle Mitglieder des Teams neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen noch viel mehr während der Arbeit gelernt haben.

„Das gilt nicht nur für mich, sondern auch für meine Kollegen. Wir haben einen neuen Blick auf Peter Wok und die anderen Rosenberger gewonnen und eine – wie ich sagen würde – neue Beziehung zu den Rosenbergern. Und übrigens stellt sich niemand von uns Peter Wok mehr wie den Schauspieler Miloš Kopecký vor, der ihn einmal in einem tschechischen Historienfilm spielte.“

Goldjuwel gefunden in der Gruft | Foto: Josef Vandělík,  Naše historie

Es gebe mehrere Porträts von Peter Wok, sagt Zuzana Thomová. Diese entsprechen ihren Worten zufolge vermutlich der Wirklichkeit, auch wenn sie erst nach seinem Tod entstanden sind.

Ist Zuzana Thomová nun auf der Suche nach weiteren geheimnisvollen Funden? Die Archäologin:

„Die Archäologie an sich ist ein Abenteuer. In letzter Zeit nehme ich an sehr interessanten Forschungen direkt in České Budějovice teil – konkret in der Altstadt nahe der St. Prokop-und der Johannes-der-Täufer-Kirche. Ein Gotteshaus stand dort schon vor der Stadtgründung. Ich habe inzwischen einen Friedhof gefunden, der zu dieser Kirche gehörte und aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts stammt. Vor kurzem führten wir im Interieur der heutigen Kirche geophysikalische Forschungen durch, um den älteren Sakralbau zu identifizieren, nachdem wir zuvor den dazu gehörenden mittelalterlichen Friedhof entdeckt hatten.“

Der Ring auf dem Sarkophag von Petr Vok | Foto: Josef Vandělík,  Naše historie

Werden auch diese neuesten Funde aus Budweis in einem Bildband für die Öffentlichkeit beschrieben? Zuzana Thomová nickt:

„Bestimmt. Es wurden bereits kurze Informationen darüber veröffentlicht. Da es sich jedoch um die erste Etappe der Forschungen handelt, wurden die Resultate noch nicht groß publiziert. Wir führen die Forschungen natürlich nicht durch, um uns in den Medien zu präsentieren, sondern wegen der Archäologie, der Wissenschaft und den neuen Erkenntnissen. Dies steht an erster Stelle. Mit unseren Forschungsergebnissen wollen wir immer die Öffentlichkeit bekanntmachen, um zu zeigen, wozu die Archäologie dient.“

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