„So macht man Frühling“: Festival bringt tschechische Kultur nach Bremen

  • „So macht man Frühling“: Festival bringt tschechische Kultur nach Bremen
0:00
/
8:58

Bereits zum neunten Mal findet derzeit das deutsch-tschechische Kulturfestival „So macht man Frühling“ in Bremen statt. Organisiert wird es vom Bremer Bündnis für deutsch-tschechische Zusammenarbeit. Der Historiker Klaas Anders ist der erste Vorsitzende des Vereins. Radio Prag International hat mit ihm über das diesjährige Festivalprogramm und die tschechisch-deutsche Community in Bremen gesprochen.

Herr Anders, das Festival „So macht man Frühling“ findet in diesem Jahr schon zum neunten Mal statt. Wie ist es überhaupt zur Gründung dieser Veranstaltung gekommen?

Klaas Anders | Foto: Václav Jabůrek,  Tschechischer Rundfunk

„Das Festival entstand 2016. Man wollte damit die recht vielfältigen Aktivitäten in unserer Stadt bündeln, die einen Bezug zur tschechischen Gegenwart oder Geschichte haben. Zu der Zeit gab es zwei tschechische Dramaturginnen am Theater Bremen, es gab eine Professur für tschechische Geschichte an der Universität und verschiedene Akteure im Kulturbereich. Es ging darum, Synergien zu schaffen und zu zeigen, wie breit die Community aufgestellt ist. Aus dem Festival ist später das Bremer Bündnis für deutsch-tschechische Zusammenarbeit hervorgegangen.“

In diesem Jahr gibt es bei dem Festival wieder verschiedene Lesungen – unter anderem mit Michael Stavarič. Präsentiert wird auch tschechische Musik, es ist ein Swing-Workshop mit einem ehemaligen StarDance-Gewinner im Programm und eine Einheit Dehnübungen, wie sie schon Franz Kafka durchgeführt hat. Wie entsteht dieses Programm?

„Unser Anspruch ist, einen guten Querschnitt zu haben aus den Themenbereichen, die das Projektteam begleiten. Obwohl es personelle Veränderungen gab, sind das immer noch Theater, Wissenschaft sowie Literatur und Literaturforschung. Gleichzeitig organisieren wir gerade ein zweijähriges Projekt zur Verfolgung der Swing-Jugend im Nationalsozialismus. Der Fokus liegt auf Nordwestdeutschland, dem Protektorat Böhmen und Mähren und dem Generalgouvernement Polen. Das Projekt wird von der Stiftung ‚Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ gefördert. Weil wir also gerade viel in der interkulturellen Vermittlungsarbeit zum Thema Swing-Geschichte unterwegs sind, war klar, dass diesem Aspekt ein Programmslot gewidmet sein wird. Viele andere Dinge entstehen immer über unser persönliches Netzwerk. Wir verfolgen auch fleißig, welche Bücher gerade herauskommen. Die Dehnübungen sind ein Beispiel für einen etwas wilderen Programmpunkt, den wir immer dabei haben. Denn wir wollen nicht nur klassische Hochkultur anbieten.“

Was sind dieses Jahr Ihre persönlichen Highlights, auf die Sie sich besonders freuen?

„Ich bin wirklich sehr zufrieden mit dem Programm. Aber drei Veranstaltungen spiegeln vielleicht wirklich gut die bunte Themenpalette des Festivals wider. Zum einen sind das die bereits erwähnten Tanzworkshops mit Jan Onder. Wir freuen uns sehr, dass wir ihn dafür gewinnen konnten. Die Voranmeldungen laufen extrem gut, die Nachfrage ist groß. In jedem Jahr holen wir zudem mindestens eine Theaterproduktion eines tschechischsprachigen Ensembles nach Bremen. Diesmal wird das die ‚Vertreibung von Gerta Schnirch‘ nach dem Buch von Kateřina Tučková sein. Darin geht es um die Vertreibung der Deutschen und die tschechisch-jüdisch-deutschen Konfliktlinien um Brünn herum. Und der letzte Punkt: Ivan Kalmar von der University of Toronto wird aus Kanada zu uns anreisen. Kalmar wurde in Prag als Sohn jüdischer Eltern, die den Holocaust überlebt haben, geboren und ist in Bratislava aufgewachsen. Später hat er in den USA und Kanada studiert und als Anthropologe gelehrt. In seiner Forschung hat er sich mit der Frage beschäftigt, wie westliche Staaten auf das vermeintliche Osteuropa – beziehungsweise ‚Ostmitteleuropa‘ oder ‚Zentraleuropa‘ – schauen. Er hat analysiert, ob es so etwas wie Rassismus gegen Ostmitteleuropäer*innen oder Osteuropäer*innen gibt. Er reist für zwei Veranstaltungen an – eine findet in Bremen statt und die andere in Oldenburg. Wir bieten also eine breite Palette von Veranstaltungen – von Tanz über Theater bis Wissenschaft.“

Was alle Programmpunkte verbindet, ist das Deutsch-Tschechische. Bremen ist relativ weit von der Grenze zu Tschechien entfernt. Auf der Landkarte der tschechisch-deutschen Beziehungen spielt die Stadt aber eine wichtige Rolle. Woran liegt das?

„Das ist eine spannende Frage. Wir merken regelmäßig, dass es etwas Besonderes ist, diese bilateralen Beziehungen in Norddeutschland zu gestalten – relativ weit weg von der Grenze. Bestimmte Fördertöpfe kommen für uns etwa gar nicht erst in Frage, weil sie sich kategorisch nur den Grenzregionen widmen. An der Uni hier gibt es keine Slawistik und erst recht keine Bohemistik. Bremen fällt also immer ein wenig heraus, und das ist auch nicht immer ganz einfach. Dass hier trotzdem recht viel auf dem Gebiet passiert, ist – glaube ich – der historischen Mobilität vieler Tschech*innen geschuldet. Wir haben hier eine gewisse tschechische Community. Zudem gibt es in Bremen gleich zwei Vereine, die sich mit tschechischer Kultur und Geschichte auseinandersetzen. Die guten Beziehungen zum Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds liegen vor allen Dingen auch an personellen Kontinuitäten. Unsere Vereinsgründerin, Libuše Černá, macht hier schon seit Jahrzehnten Kulturpolitik – nicht nur dezidiert tschechische. Den Verein gibt es, weil wir alle auch bei anderen Kulturangeboten aktiv sind und etwa ein großes Literaturfestival organisieren (‚Globale‘, Anm. d. Red.). Wir haben aus persönlichen Gründen, weil wir zum Beispiel in Tschechien studiert haben, oder wegen eines biographischen Backgrounds eine enge Beziehung zu dem Land. Und weil wir uns stark in dem Bereich engagieren, haben wir uns gesagt, dass es sich lohnen würde, ein eigenes Projekt ins Leben zu rufen. Wir halten es für wichtig, auch hier im Nordwesten etwas anzubieten. Und mittlerweile bekommen wir viel Feedback aus anderen Städten, die ebenso weit von der Grenze weg sind, etwa Hamburg oder Düsseldorf. Sie beobachten mit Interesse, was wir hier in Bremen machen und wollen sich gerne weiter vernetzen.“

Das Festival „So macht man Frühling“ hat am Freitag, 28. März begonnen und dauert bis 6. April. Das gesamte Programm findet sich online unter www.somachtmanfruehling.de.