Filmfestival Karlovy Vary
Wie wir Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, in den vergangenen Tagen wiederholt informiert haben, findet im westböhmischen Kurort Karlovy Vary/Karlsbad bereits zum 37.Mal das internationale Filmfestival statt. Im Rahmen mehrerer Sektionen wird hier eine Unmenge von Filmen - nicht selten auch von weniger bekannten oder sogar ganz unbekannten Filmschaffenden - gezeigt. Wenn Sie aber glauben, dass die Entscheidung, einen konkreten Film zu sehen, nur und allein von dem Interesse des jeweiligen Festivalbesuchers abhängt, dann täuschen Sie sich. Denn eine Karte für eine Filmvorstellung zu ergattern ist in Karlsbad eben ein Problem. Die enorme Nachfrage des Publikums, namentlich der jungen Zuschauer, übersteigt nämlich vielfach die Kapazitäten der einzelnen Kinosäle. An den Eingängen drängeln sich viele, die schon zuvor beim Andrang an der Kasse kein Glück hatten, und hoffen doch irgendwie reinzukommen - bereit auch auf dem Fußboden zu sitzen. Unsere Kollegin Marketa Maurova ist seit Mittwoch auch dabei. In ihrem Telefonbericht hat sie sich jedoch ausschließlich auf das Programm des 7.Festivaltages konzentriert:
Und was brachte der siebte Tag? Im Hauptwettbewerb wurden weitere zwei Filme gezeigt. "Khaled" ist ein kanadischer Streifen des Regisseurs iranischer Herkunft Asghar Massombagi. Er erzählt über das dramatische Schicksal eines 10jährigen Knaben, der den Tod seiner Mutter vor seiner Umgebung verheimlicht, denn es ist für ihn unvorstellbar, in einer Ersatzfamilie zu leben. "Ich wollte keine Morbidität der Leiche betonen, ich habe keinen Horrorfilm gedreht. Es handelt sich um eine Geschichte der Liebe zwischen Mutter und Sohn," erklärte der Autor. Der zweite im Wettbewerb aufgeführte Film war der ungarisch- rumänische Streifen von Gyula Gulyás "Das Licht in deinem Gesicht". "Wir wollten keine Illustration, sondern eine visuelle Metapher eines literarischen Werkes schaffen," sagte der Regisseur zu seiner Verfilmung einer Geschichtserzählung. In einem surrealistischen Film schildert er eine Geschichte von zwei Reitern, die aus der Schlacht zurückkehren und in einem zerstörten Dorf Obdach suchen. Sie finden jedoch nur Tote oder durch den Krieg ruinierte Leute.
In der Sektion der Dokumentarfilme kam am Mittwoch auch das tschechisch-slowakische Schaffen zu Wort, und zwar das Dokument "Nicholas Winton - Die Kraft des Guten" von Matej Minac. Das Schicksal des englischen Kaufmanns Nicholas Winton, der 1939 beinahe 700 jüdische Kinder aus der ehemaligen Tschechoslowakei gerettet hatte, ist hierzulande gut bekannt. Matej Minac hat es nämlich bereits früher auch zu einem Spielfilm verarbeitet.
Von den Festivalgästen können wir den bekannten russischen Theaterregisseur Valerij Fokin erwähnen. Obwohl er gekommen ist, um hier seinen neuen Film vorzustellen, erklärte er eindeutig und entschlossen, er bleibe weiterhin Theaterregisseur. Seinen Film, die Verarbeitung der Erzählung Franz Kafkas "Die Verwandlung", widmete er seinem, bereits verstorbenen tschechischen Kollegen, Petr Lébl. Den Zuschauern hierzulande bot sich dabei eine gute Gelegenheit, Fokins Theater- und Filmarbeit zu vergleichen. Seine Theaterversion der "Verwandlung" wurde nämlich vor einigen Jahren auch in Tschechien, im Rahmen des internationalen Theaterfestivals in Pilsen aufgeführt.
Und abschließend noch eine Randbemerkung, die jedoch für die Filmfans und Zuschauer hier in Karlovy Vary von großer Bedeutung ist. Nach mehreren tropisch heißsen Tagen ist am Mittwochabend ein Gewitter gekommen und hat die heiße Luft gereinigt und ein bisschen abgekühlt. Erfrischt und mit neuer Kraft können nun die Gäste und Zuschauer ihre Aufmerksamkeit weiteren Filmen zuwenden.