Grenzübergreifende Denkmalpflege

Logo der Grenzübergreifenden Denkmalpflege

Das Goethe Institut in Prag hat seinen Sitz in einem wunderschönen pistaziengrünen Jugendstilbau direkt am Moldauufer. Über schöne, verfallene und schützenswerte Bauten in Tschechien, Polen, Litauen, aber auch Deutschland und Österreich sprachen kürzlich im Goethe Institut Denkmalexperten auf einer Konferenz über die wir Sie im heutigen Kulturspiegel ein wenig informieren möchten. Zur Sendung begrüßt Sie Marcela Pozarek.

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Vor dem Hintergrund einer Dokumentationsausstellung in den Räumen des Goethe- Institutes, die den komplizierten Titel: "Die Kulturdenkmäler in den historisch deutschen Siedlungsgebieten von Böhmen- Mähren- Schlesien Teil I: Politischer Bezirk Gablonz an der Neiße" trägt, fanden sich am Seminar Fachleute ein, um über die grenzüberschreitende Denkmalpflege nach der Wende zu diskutieren. Einen anschaulichen Anhaltspunkt bot dabei die durch den Historiker Dieter Klein zusammengestellte Denkmaldokumentation über Bauten in der nordböhmischen Stadt Jablonec nad Nisou, die einen Bezug zur ehemals dort lebenden sudetendeutschen Bevölkerung hatten. Während der Konferenz zeigte Dieter Klein mehrere Dias, die sehr gut den Zustand der oftmals architektonisch wertvollen Bauten vor Augen führten. Hören Sie im folgenden einer seiner Erläuterungen:

Als nach der Samtenen Revolution der Generalkonservator des Bayrischen Landesamtes für Denkmalpflege, Egon Greipl die Gelegenheit hatte in Mähren und Tschechien die architektonischen Schätze zu entdecken, war er überrascht:

Wie Sie gerade hören konnten beschrieb Egon Greipl all die Dinge die ihm vor Ort auffielen: Außergewöhnliches, das sich sowohl in der Landschaft, als auch in der Architektur manifestiert. Der bekannte amerikanische Literaturwissenschafter tschechischer Abstammung Peter Demetz beschreibt eine solche Ortsbesichtigung in einer Erzählung " Ein Flaneur in Brünn: 1938"

"Was mit Erinnerungen an Orte und Kindheitslandschaften geschieht, die man vierzig Jahre nicht wiedersehen durfte, darüber weiß ich nichts genaues zu sagen, ob sie weiterwuchern oder sich, wie in einem Dampfdruckkessel potenzieren, oder beides. Ich weiß nur, dass ich, als ich nach vierzig Jahrzehnten durch böhmische und mährische Kindheitsgassen ging, zuerst das Gefühl einer geschäftigen Erregung verspürte, dann eine Art egoistischer Trauer, dass ich dem alten Ort nichts von meinem Leben mitzuteilen im Stande gewesen war ( wenigstens eine Schuhspur im Pflaster), und zuletzt die widerstrebende Einsicht in die Kontinuität, in das "Grundgeflecht" menschlichen Lebensverlangens, das ich mit einem fast archäologischen Blick auf die Veränderung der Topografie, zu erfassen begann."

Soweit Peter Demetz über das Auffinden von Orten und Objekten der Erinnerung, des Andenkens, die zum Denkmal werden können, wie es Dieter Klein während der Konferenz anhand eines Baumes erläuterte:

Die Denkmalpflege kennt keine territorialen Grenzen, überall gibt es schützenswerte Objekte die vom Verfall bedroht sind. Wie der Direktor des Staatlichen Institutes für Denkmalpflege, Josef Stulc, im Gespräch mit Radio Prag ausführte, war die tschechische Denkmalpflege beispielsweise seit je her stark durch Wien beeinflusst:

"Der Einfluss der Wiener Kunstgeschichtlichen Schule war nicht nur wichtig in Zeiten der Monarchie, sie war über diese Epoche hinaus, bedeutend für ganz Mitteleuropa. Diese Wiener Haltung war eine Reaktion auf die sogenannte Ära des Denkmalpurismus, als man versuchte Denkmäler völlig auf ihre ursprüngliche Gestalt hin zu restaurieren, damit sie stilecht aussehen. Ein Beispiel dafür waren die Arbeiten am Kölner Dom bei uns wiederum die Fertigstellung des Veitdoms oder die romantisierende Restaurierung der Burg Karlstein. Die Wiener Denkmalschule brachte dank der Persönlichkeit von Alois Riegl eine grundlegende Veränderung. Riegl, der auf brillante Weise den Wert von Kulturdenkmälern analysierte kam zum Schluss, dass der Lauf der Zeit, alle Facetten des historischen Entwicklungsprozesses auf Gebäuden sichtbar sein dürfen. Sein Motto hieß bezeichnenderweise: Konservieren statt restaurieren."

Als Johannes Greipl nach der Wende wie bereits erwähnt, die Gelegenheit hatte, die Kunst- und Baudenkmäler Tschechiens zu besichtigen, war er nicht nur begeistert über den Reichtum an Konservierungswürdigem. Es gab zwar viel Schönes zu sehen, aber....:

Mutwillige Zerstörung von Statuen und Bauten nur weil sie aus ideologischen oder religiösen jemandem nicht in den Kram passen ist, wie wir am aktuellen Beispiel der Liquidierung afghanischer Monumente durch die Taliban sehen konnten, kein gangbarer Weg, zumal gerade in Europa, Denkmäler immer in einem breiten kulturellen Kontext entstanden sind, wie im Gespräch Josef Sulc ausführte:

Vielleicht haben Sie sich, liebe Hörerinnen und Hörer auch einmal überlegt, was man eigentlich mit all den vielen Lenins und Stalins nach der Wende gemacht hat oder hätte machen können. In diese Richtung zielte auch meine Schlussfrage an den Münchner Denkmalpfleger Johannes Greipl...

Das war wiedereinmal unser Kulturspiegel, am Mikrophon verabschiedet sich von Ihnen Marcela Pozarek. Wir hoffen die Denkmalsendung hat Ihnen gefallen...

Autor: Marcela Pozarek
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