Havel im tschechischen Parlament

Präsident Vaclav Havel, Foto: CTK

Vielleicht zum letzten Mal in seiner Amtszeit besuchte Präsident Vaclav Havel am Mittwoch eine Sitzung des tschechischen Parlaments, um dort vor den Abgeordneten zu sprechen. Der Auftritt Havels vor den Volksvertretern war mit einiger Spannung erwartet worden. Warum dies so war, und wie die Parlamentssitzung schließlich verlaufen ist, das erfahren Sie im folgenden Bericht von Gerald Schubert:

Havel im tschechischen Parlament,  Foto: CTK
Am Dienstag, kurz nach vierzehn Uhr, wurde Staatspräsident Vaclav Havel vom Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, Lubomir Zaoralek, zu seinem vermutlich letzten offiziellen Besuch im tschechischen Parlament empfangen. Viele Abgeordnete haben erst zu Beginn dieser noch jungen Legislaturperiode ihr Mandat erhalten, während Havel bereits vier Monate vor dem Ende seiner Amtszeit steht. Die Begrüßung der neuen Parlamentarier durch den Präsidenten war also möglicherweise auch zugleich dessen eigener Abschied. Und letzteren, so wurde erwartet, könnten manche Parteien, die mit Havel nicht gerade durch die innigste Freundschaft verbunden sind, zu einer Art verbaler Abrechnung mit dem Staatsoberhaupt nutzen. Letztlich waren es aber dann doch nur die Kommunisten, die sich in erster Linie darüber beklagten, dass Havel sich weigere, mit ihnen zu kommunizieren. Vonseiten der Demokratischen Bürgerpartei ODS, deren Vorsitzender Vaclav Klaus seit längerem mit Havel auf Kriegsfuß steht, kam - für viele unerwartet - Dank für all das, was der Präsident für das Land geleistet hatte. Klaus selbst war allerdings in der Sitzung nicht anwesend.

In seiner Rede war Havel zuvor hauptsächlich auf die angepeilte Mitgliedschaft Tschechiens in der Europäischen Union eingegangen. Bezüglich der Abhaltung eines Referendums zum EU-Beitritt, das ja erst am Dienstag vom Parlament in erster Lesung abgesegnet worden war, sprach sich der Präsident für eine Koordinierung des Termins mit den anderen Beitrittskandidaten aus. Warum erscheint ihm gerade dieser Punkt besonders wichtig?

"Keineswegs deshalb, weil ein Referendum das andere beeinflussen sollte, sondern vor allem deshalb, weil wir dadurch signalisieren würden, dass wir kommunikationsfähig sind. Dass wir als Staat dazu in der Lage sind, uns mit anderen Staaten zu koordinieren. Dies ist für die Europäische Union eine ungeheuer wichtige Botschaft."

Und grundsätzlich meinte der Präsident zur EU-Mitgliedschaft seines Landes:

"Ich teile die Befürchtungen mancher Leute nicht, denen zufolge die Mitgliedschaft in der Europäischen Union eine bedenkliche Bedrohung der nationalen Interessen in Form von teilweisen Verlusten der staatlichen Souveränität bedeutet. Ich glaube, dass wir souverän genug sind, und dass wir das auch als Mitglieder der Europäischen Union sein werden."