Heim des heiligen Josefs - eine Hoffnung für Patienten mit Multipler Sklerose

In der heutigen Ausgabe des Themenkaleidoskops lade ich Sie zur Besichtigung der ersten und bis jetzt in der Tschechischen Republik einzigen Heilanstalt für Patienten mit Multipler Sklerose ein. Das Haus des heiligen Josefs, also das Gebäude, in dem sich die bereits erwähnte Heilanstalt befindet, liegt im Dorf Zirec in Ostböhmen. Ursprünglich gehörte es einem Schwesternorden. Seit Dezember 2001 verwaltet das Heim die Charitas und es werden hier insgesamt 14 Patienten mit Multipler Sklerose für jeweils 3 Monate behandelt.

Die Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems. Sie kann bei jedem Patienten ganz unterschiedlich verlaufen und beginnt meist im frühen Erwachsenenalter. Vereinfacht gesagt, die Nervenfasern sind von einer Isolierschicht umgeben. Bei Multipler Sklerose entstehen in dieser Schutzschicht Entzündungsherde und dadurch können die Informationen nicht mehr richtig weiterleiten. Die Grenze des Ausbruchs der Erkrankung wird immer weiter nach unten verschoben und es gibt inzwischen bereits Kinder, die an Multipler Sklerose leiden. Die Ursache dieser Krankheit ist immer noch nicht geklärt. Zu den auslösenden Faktoren können ein stressreiches Leben, eine verschmutzte Umgebung oder auch eventuell indirekte erbliche Dispositionen zählen. Die meisten Patienten mit Multipler Sklerose haben Koordinationsprobleme und ihr Gehvermögen wird beeinträchtigt.

Deshalb ist der Aufenthalt im Heim des Heiligen Josefs in Zirec hauptsächlich auf Rehabilitation ausgerichtet. Denn, wie mir die dortige Oberärztin Iva Valerova sagte, Bewegung und Rehabilitation bewirken vor allem bei chronisch Kranken oft viel mehr als Arzneimittel. Und eben aus diesem Grund bemüht sich das Heim, ein entsprechendes Rehabilitationszentrum auszubauen.

Vielen der kommenden Patienten mangelt es jedoch nicht nur an der richtigen Bewegungstherapie, sondern auch an einer gewissen inneren Ruhe, die laut Frau Valerova äußerst wichtig ist:

"Von der Psyche wird alles abgeleitet. Denn sie spiegelt sich im Gesundheitszustand des Menschen wider. Das gilt nicht nur für Patienten mit Multipler Sklerose, sondern für alle Menschen. Wenn es uns gelingt, Patienten in einen guten psychischen Zustand zu bringen, so ist auch die Zusammenarbeit mit ihnen viel besser. Wir versuchen auch, diejenigen, die sich mit ihrer Krankheit noch nicht abgefunden haben, dazu zu bewegen, sie als ihr Schicksal zu akzeptieren, gegen das sie nicht viel machen können. Aber sobald sie sich damit zufrieden geben, ist für sie das Leben viel einfacher."

Im Heim des heiligen Josefs wird zur Zeit ein neues Projekt realisiert. Zu drei Vierteln, das heißt mit etwa 180 Tausend Euro, wird es von der Europäischen Union unterstützt. Über den Inhalt des Projektes sprach ich mit dem Direktor der Heilanstalt, Miroslav Wajsar:

"Das Projekt ist gerichtet auf den Ausbau einer neuen Abteilung mit 14 weiteren Betten für längere als 3-Monatige Aufenthalte unserer Klienten. Im Rahmen des Projektes wird auch das hiesige Pflegepersonal geschult, um eine höhere Qualifikation zu bekommen. Dabei wollen wir auch unsere Zusammenarbeit mit einer ähnlichen Heilanstalt in Sigmaringen in Deutschland nutzen."

Wie bereits gesagt, können im Haus des heiligen Josefs im Moment immer nur 14 Klienten mit multipler Sklerose stationiert werden. Die Zahl der Patienten in der Tschechischen Republik, die ähnliche Hilfe bräuchten, ist aber mehr als 100-mal höher. Die Chefärztin Iva Valerova sagte mir dazu:

"Unseren Informationen nach gibt es republikweit 8 Tausend registrierte Patienten mit multipler Sklerose. Das ist also die offizielle Zahl. Schätzungen zufolge kann sie jedoch viel höher sein - ich traue mich also nicht, eine genaue Ziffer zu nennen. Jedenfalls besteht bei jedem der 8 Tausend Kranken Rehabilitationsbedarf."

Das Heim des heiligen Josefs besuchte ich Ende Juli während des sogenannten Agnesfestes. Im anliegenden Garten baten unterschiedliche geschützte Werkstätten und ehrenamtliche Organisationen ihre Werke an, für eine gemütliche Atmosphäre sorgten einige Musikgruppen. Unter den Besuchern fand ich auch eine Frau im Rollstuhl. Sie ist zur Zeit Patientin im Heim und ihr Name ist Andela Suchankova:

"Hier im Heim bin ich schon seit über einem Monat. Der Aufenthalt hier hat mir irsinnig viel geholfen. Als ich hierher kam, war ich total erledigt. Hier kümmert man sich um mich und alle helfen mir. Der Aufenthalt hier ist für mich ein richtiger Impuls für das weitere Leben. Ich bin Lehrerin und möchte wieder zu dieser Arbeit zurückkehren. Ich bin überzeugt, dass ich es schaffe. Ich will noch nicht in Rente gehen."

Die Zahl derjenigen, die an Multipler Sklerose erkrankt sind, steigt aus bislang nicht geklärten Gründen weiter. Es bleibt also nur zu hoffen, dass immer mehr Patienten eine entsprechende Behandlung bekommen, damit sie wieder ein so normales Leben wie möglich führen können.

Autor: Lucie Mouckova
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