Künftige Prager Stadtregierung ungewiss
Vor bereits mehr als einer Woche wurden in der ganzen Tschechischen Republik die Gemeindeparlamente neu gewählt. Angesichts der großen politischen Entscheidungen, die dem Land unmittelbar bevorstehen, war jedoch die gleichzeitig stattfindende Senatswahl mit ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung allgemein von größerem Interesse. Die Ergebnisse der Kommunalwahlen traten dabei ein wenig in den Hintergrund. Anders ist aber freilich die Situation in der Hauptstadt Prag. Denn die Entscheidungen, die hier getroffen werden, haben oftmals auch überregionale Aspekte. Und ebenso darf die politische Signalwirkung, die vom Prager Rathaus ausgeht, nicht unterschätzt werden. Gerald Schubert berichtet:
Rekapitulieren wir kurz die Ergebnisse jener Wahl: Die Demokratische Bürgerpartei ODS, in Prag traditionell voran, kam mit mehr als 35 Prozent der Stimmen auf Platz eins und zieht mit 30 Mandaten in das 70 Sitze zählende Stadtparlament ein. Entschieden überraschender verlief das Rennen um Platz zwei: Hier kann sich Jan Kasl mit seiner neu gegründeten Partei "Europäische Demokraten" über einen beachtlichen Erfolg und immerhin 15 Mandate freuen. Kasl, der ehemalige, zu seiner Amtszeit relativ beliebte Prager Oberbürgermeister, war erst Mitte des Jahres zurück- und aus der ODS ausgetreten, der er vor allem mangelnde politische Transparenz vorwarf. Nun trat er sozusagen gegen seine Ex-Partei an. Und das nicht ohne Erfolg.
Erwähnenswert sind nun noch die Sozialdemokratische Partei (CSSD), sie erhielt etwas mehr als 14,5 Prozent, und die Kommunisten mit knapp 11 Prozent der Stimmen. Alle anderen landeten weit abgeschlagen. Wie sehen aber nun die Koalitionsoptionen aus, die nicht zuletzt über den neuen Oberbürgermeister entscheiden werden? Anfangs hatte es so ausgesehen, als seien keine größeren Konflikte zu erwarten. Kasl etwa betonte, mit der ODS und deren Bürgermeisterkandidaten Pavel Bem eine bessere Vertrauensbasis zu haben, als dies mit der alten Rathaus-Riege der ODS der Fall gewesen sei. Vor allem auf den Gebieten Transparenz und Korruptionsbekämpfung:
"Pavel Bem ist in dieser Hinsicht ein neuer Mann im Prager Rathaus, und in dieser Konstellation könnten wir unter bestimmten Voraussetzungen bestimmt zusammenarbeiten."
Bem selbst meinte gar, dass die drei stärksten Parteien, also die ODS, Kasls "Europäische Demokraten" und die CSSD, in wesentlichen stadtpolitischen Fragen sehr ähnliche Programme hätten, und sprach sich für eine Zusammenarbeit auf breiter Basis aus.
So lauteten jedenfalls die ersten Reaktionen. Bald nach der Wahl jedoch begann man allseits, alternative Koalitionsoptionen zu eröffnen und so die eigene Verhandlungsposition zu stärken. Kasl, so hieß es, könnte etwa die ODS aus der Stadtregierung heraushalten und sich mit Hilfe der CSSD erneut zum Bürgermeister wählen lassen. Dazu würde man aber auch die Unterstützung der Kommunisten brauchen. Eine eher unwahrscheinliche Variante zwar, aber Kasl hat Verhandlungen mit den Kommunisten nicht ausgeschlossen. Und auch eine Koalition von ODS und CSSD scheint nicht unmöglich. Bevor allerdings bekannt wird, welcher Bürgermeister mit welcher Regierung künftig die Geschicke im Prager Rathaus leiten wird, muss noch über einige politische Inhalte und wohl auch einige Posten verhandelt werden.