Medikamentenverbrauch in der Tschechischen Republik

Medikamente – léky (Foto: Kristýna Maková, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Im Vergleich mit den europäischen Nachbarn belegt die Tschechische Republik einen der ersten Plätze, was den Verbrauch von Medikamenten betrifft. Wie es dazu kommt erfahren Sie im folgenden Beitrag von Paul Bornkamm.

Medikamente – léky  (Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker." - Jeder kennt die Empfehlung aus der Werbung. In Tschechien scheinen sich Patienten dies nicht all zu sehr zu Herzen zu nehmen. Nicht nur fällt auf, dass Tschechien beim Medikamentenverbrauch im europäischen Vergleich zur Spitzengruppe gehört; viele Leute sind gar bereit, sich Medikamente ohne vorherige Konsultation und ohne Verschreibung selbst zu kaufen. Und das auch, wenn ihnen die Kosten bei Vorlage eines Rezeptes von der Versicherung erstattet würden. Nach den Gründen für den hohen Verbrauch und für die Bereitschaft, Kosten selbst zu tragen, fragten wir Herrn Dr. Josef Suchopár von der Firma Infopharm in Prag:

"Der Verbrauch von Medikamenten in der Tschechischen Republik gehört zwar nicht zu den allerhöchsten, höher ist er zum Beispiel in Frankreich, der Slowakei und in Ungarn. Aber in jedem Fall ist er sehr hoch und dies ist vor allem eine historische Entwicklung, die wir schon in den 70er und 80er Jahren beobachten können. Leider ließ sich das nach 1989 nicht umkehren, vielmehr dauert dieser Zustand bis heute an. Was den Verkauf von Medikamenten ohne Rezept betrifft, so wächst deren Verbrauch weiter, vor allem seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre. Ursache dafür ist, dass viele zuvor rezeptpflichtige Medikamente frei verkäuflich wurden. Im Jahre 1989 hatten wir in der Tschechoslowakei nur etwa 150 nicht rezeptpflichtige Medikamente, jetzt sind es über 2000. Zudem steigt die Zahl der Apotheken und natürlich auch die Kaufkraft, was sich eben darin niederschlägt, dass mehr Medikamenten ohne Rezept verkauft werden."

Seit 1998 regelt eine Bestimmung über die allgemeine Krankenversicherung die Verschreibung von Medikamenten. Ärzte dürfen demnach nur innerhalb eines bestimmten finanziellen Rahmens Medikamente verschreiben. Überschreiten sie die Grenze, so kann die Versicherung den Vertrag mit ihnen lösen, was zur Folge hat, dass sie ihre Zulassung für öffentliche Krankenkassen verlieren. Das Problematische an dieser Regelung ist, dass sie Ärzte zwingt, die Kosten für Medikamente gering zu halten. Dabei droht oft die gute und richtige Versorgung mit Medikamenten auf der Strecke zu bleiben.

Autor: Paul Bornkamm
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