Milena Dopitová – Tschechische Installationskünstlerin mit Weltruhm

Foto: Tschechisches Fernsehen

In der Galerie Video NoD in Prag ist zurzeit eine Ausstellung der Künstlerin Milena Dopitová zu sehen. Dopitová ist seit Beginn der 1990er Jahre ein Begriff in der tschechischen Kunstszene, sie arbeitet vor allem mit Installationen. Fünf neue Videoinstallationen von ihr werden nun in Prag gezeigt, unter dem Titel „Der Donnerstag ist fast wie der Freitag“. In unserem Kultursalon gibt es alles Wissenswerte über die Künstlerin und ihr bisheriges Werk.

 Kunstprojekt Sixtysomething  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
In einem Video tanzen zwei ältere Damen verträumt miteinander auf einer verregneten Fläche in einem öffentlichen Park. Zusätzlich sieht man die beiden Damen auf Fotos nebeneinander Klavier spielen oder gemeinsam an einem Tisch sitzen, bei Kaffee und Kuchen. Das Kunstprojekt heißt Sixtysomething, auf Deutsch etwa Sechzigetwas, es ist ein Werk von Milena Dopitová aus dem Jahr 2004:

„Ich war einmal mit meinem Sohn auf einem Spaziergang im Park und habe dabei ein Tanzparkett entdeckt. Dort tanzten mehrere Senioren, sie waren einfach unglaublich glücklich dabei. Einige Frauen mussten miteinander tanzen, wahrscheinlich weil sie keinen Mann mehr hatten. Das war ein Erlebnis, an das man sich erinnert.“

Milena Dopitová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Daraufhin verwandelten sich Dopitová und ihre Schwester in zwei Seniorinnen, durch Schminke, entsprechende Kleidung und Perücken. Einen Tag verbrachten die beiden eineiigen Zwillinge als ältere Damen, sie tanzten im Park, saßen in Kaffeehäusern und spielten gemeinsam Klavier. Das Ganze wurde von einer Kamera begleitet und führte später zu einer der bekanntesten Installationen der Künstlerin.

Milena Dopitová kam 1963 in Šternberk auf die Welt, sie studierte von 1986 bis 1994 an der Prager Akademie der bildenden Künste im Atelier von Milan Knížák. Seit den 1990er Jahren arbeitet die Künstlerin vor allem mit Installationen. Sie wollte die soziale Lage der Menschen und die Atmosphäre der Gesellschaft nach der politischen Wende darstellen. Eine ihrer ersten Arbeiten aus dem Jahr 1992 war ein Schwimmbecken aus Steinen, über dem an der Wand vier Porträts von Frauen mit Masken hingen:

Ein Schwimmbecken aus Steinen,  über dem an der Wand vier Porträts von Frauen mit Masken hingen  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Mit dieser Arbeit habe ich auf die Nachwende-Zeit reagiert, als ich in der Gesellschaft dieses Gefühl von Neuanfang, von Wettbewerb und von Reinigung wahrnahm. Deswegen das Schwimmbecken.“

Die Masken auf den Porträts hingegen würden die Verschlossenheit der Menschen in dieser Zeit symbolisieren, fährt Dopitová fort. Später arbeitete die Künstlerin mehrere Jahre in den Vereinigten Staaten, unter anderem in Pittsburgh, Philadelphia, Los Angeles und New York. Dort machte sie Bekanntschaft mit dem Feminismus:

„Den ersten Kontakt mit Feminismus hatte ich, als ich mich auf eine Vernissage vorbereitet habe. Ich wurde gefragt, ob ich ein Kleid tragen würde. Ich sagte ja und dass ich vielleicht auch etwas mit den Haaren machen würde. Daraufhin bekam ich die Antwort: Aber dann siehst du ja aus wie eine Frau!“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Dieser Dialog habe sie dazu gebracht, über ihr Geschlecht und über den Feminismus nachzudenken, so Dopitová. Die daraus resultierende Installation besteht aus einem Billardtisch, der vollständig in blaue Wolle gehüllt ist. An der Wand hängt ein fotokopiertes Bild von Jeanne d´Arc, die in einer komplett männlichen Rüstung über dem Billardtisch thront. In beiden Fällen sei das ursprüngliche Objekt also mit einer unnatürlichen Verkleidung überdeckt worden, sagt die Künstlerin.

Dopitovás Liste von Ausstellungen liest sich wie das Tagebuch einer Weltreise. Neben den verschiedensten Orten in den USA finden sich Rom, London und Paris auf der Liste. Aber auch in zahlreichen Städten in Deutschland und Österreich waren die Werke der Künstlerin bereits zu besichtigen. So ist es kein Wunder, dass die Künstlerin ihre Inspirationen immer wieder aus dem Ausland mitbringt. An einer Universität in Canberra, Australien, war ihr zum Beispiel ein Plakat aufgefallen. Dort wurde aufgezählt, was alles als sexuelle Belästigung gelte. Dazu habe unter anderem Hinterherschauen und Pfeifen gehört, berichtet Dopitová:

Foto: Tschechisches Fernsehen
„Da waren also diese Punkte auf dem Plakat aufgeführt. Und darunter dann konnte man Fotografien von Angestellten sehen, die sich um das Problem kümmern sollten, gemeinsam mit ihren Telefonnummern. Das war für mich dann sehr inspirierendes Material, und ich habe eine Installation vorbereitet.“

Das 1995 entstandene Kunstwerk bestand aus einem Boxring, an dem Steckbriefe befestigt waren. Auf jedem dieser Steckbriefe konnte man das Gesicht eines Mitarbeiters erkennen, mit einer Telefonnummer, der sich mit einem speziellen Aspekt der sexuellen Belästigung beschäftigte.

Foto: Tschechisches Fernsehen
Im Werk von Dopitová lassen sich bestimmte Regelmäßigkeiten erkennen. So versucht sie, alle Eindrücke oder gesellschaftliche Phänomene, denen sie in ihrem Leben begegnet, in Installationen zu verarbeiten. Meistens folgt die Künstlerin dabei einem Muster: ein oder mehrere Objekte, kombiniert mit Bildern, Fotokopien oder Porträts.

Im Laufe der Jahre erhielt Milena Dopitová zahlreiche nationale und internationale Preise. Sie ruhte sich aber nie auf ihrem Erfolg aus, sondern veränderte ihren Stil.

Foto: Tschechisches Fernsehen
Ihre Installationen aus der Zeit nach der Jahrtausendwende bis heute sind viel figürlicher geworden, während gleichzeitig weitere Medien zum Einsatz kommen, meistens Ton und bewegte Bilder. Dopitová will damit vor allem Emotionen transportieren. Das Werk „Alles kehrt zurück, weil es seinen Weg verliert“ aus dem Jahr 2007 macht das deutlich. Zu einer Porzellanausstellung sind diverse Unterhaltungen von Menschen zu hören. Die Künstlerin erklärt die Toninstallation:

„Diese Soundinstallation war zuerst in Swansea, in England, im dortigen Porzellanmuseum zu hören. Dort standen herrliche Teller, Tassen, Becher und weitere Porzellandinge in den Vitrinen. Diese Dinge haben ihre Geschichte, sie haben in ihrem Leben viel erlebt. Ich habe daher Dialoge geschaffen, zwischen liebenden Paaren, homosexuellen Paaren und älteren Paaren, die beim Trinken von Tee oder Kaffee zu hören sein könnten.“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Die ursprünglichen Dialoge waren auf Englisch, Dopitová aber hat die Unterhaltungen ins Tschechische übertragen. Nun ist die Toninstallation im Porzellanmuseum von Brno / Brünn zu hören.

Die Inspiration für eine Videoinstallation aus dem Jahr 2008 stammte erneut aus dem Ausland. Im Film waren Menschen zu sehen, die auf mehreren Bodenplatten herumhüpften und damit Töne erzeugten. Das Video hat Dopitová in New York gedreht:

Jede Platte machte einen eigenen Ton...  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Ich habe Menschen beobachtet, die von A nach B eilten. Einige mussten zur Arbeit, andere wiederum waren Touristen. Dann ist mir aufgefallen, dass einige Menschen an einer Stelle stehenblieben, wo Töne erklangen. Einige tanzten dort auf Platten im Boden, und jede Platte machte einen eigenen Ton. Die Menschen waren also stehengeblieben, um zu spielen: einfach nur so, aus Spaß.“

Zu den jüngeren Werken der Künstlerin gehören aber auch weiterhin Installationen, die nur aus Objekten bestehen: zum Beispiel aus Kunstschmuck hergestellte Kakteen und Pflanzen oder Formen aus weißen Ziegelsteinen. Dopitová geht aber auch für sie ungewöhnliche Wege. So besteht ein Teil eines Werks aus dem Jahr 2011 aus großformatigen, gestochenen scharfen Farbfotos - von Maschinen.


Die Ausstellung „Der Donnerstag ist fast wie der Freitag“ ist noch bis zum 4. Mai zu sehen, die Galerie Video NoD befindet sich im Roxy-Kulturzentrum in der Dlouhá-Straße 33 in der Prager Altstadt. Die Räume sind täglich von 10 Uhr vormittags bis 1 Uhr morgens zugänglich.