„Mit den Menschen teilen" - Böhmische Bethlehemskirche in Berlin wiedererstanden

Ursprüngliche Bethlehemskirche in Berlin

Die ursprüngliche Bethlehemskirche in Berlin wurde 1737 gebaut, ihr Name geht auf die bekannte Bethlehemskapelle in Prag zurück. Errichtet wurde sie für die protestantischen Flüchtlinge aus Böhmen, die sich unter Friedrich Wilhelm I. in der Berliner Friedrichstadt ansiedelten. Lange Zeit war sie das Zentrum der tschechischen Gemeinde Berlins, bis der Rundbau 1943 einem Luftangriff zum Opfer fiel. 1963 wurde die Ruine gesprengt, nur eine Glocke wurde in das böhmische Viertel nach Rixdorf in Berlin – Neukölln gebracht. Nun hat sich der spanische Installationskünstler Juan Garaizabal dem vergessenen Sakralbau angenommen und die Kirche in einer Stahlkonstruktion auf dem Bethlehemskirchplatz in Berlin-Mitte nachgebaut. Garaizabal ist bekannt für seine künstlerischen Nachbauten und seine akribischen Recherchen. Für die Installation der Bethlehemskirche war er sogar in Tschechien unterwegs, auf den Spuren der Böhmischen Brüder. Im Interview sprach der Künstler über sein Werk.

Skulptur der Kirche von Juan Garaizabal
Herr Garaizabal, die Bethlehemskirche ist 1943 bei einem Luftangriff zerstört worden. Warum haben Sie sich die Mühe gemacht und sie 1:1 in einem Stahlkonstrukt nachgebaut?

„Ich denke, dass diese Kirche eine sehr schöne und großzügige Geschichte hinter sich hat. Um das zu demonstrieren habe ich diese große Installation, also diese Skulptur gemacht. Ich will das mit den Menschen teilen. Und das nicht nur mit jenen, die die Geschichte kennen, denn das sind nur wenige.“



Juan Garaizabal
Die Installation ruht auf 21 Stahlsäulen und 8 Rundbögen. Sie ist ca. 30 Meter hoch, wiegt knapp 60 Tonnen und wird durch zirka 400 Meter LED-Röhren beleuchtet. Wie lange wird das Stahlkonstrukt noch auf dem Bethlehemskirchplatz in Berlin zu sehen sein?

„Das werden wir sehen. Normalerweise war die Installation bis Ende September vorgesehen, also 4 Monate. Es gibt aber verschiedene Gruppen, die möchten, dass die Skulptur länger bleibt, denn sie wollen die Skulptur studieren. Ich denke, es wird möglich sein, dass die Skulptur länger bleibt.“

Wie lange haben Sie von der Planung bis zur Realisierung des Projektes gebraucht?

Juan Garaizabal
„In den ersten vier Jahren habe ich nur Skizzen und vorbereitende Arbeiten gemacht. Ich habe in vielen Archiven Material gesucht und habe sogar eine Ausstellung im DOX Center for Contemporary Art in Prag im Januar 2011 organisiert, um die vorbereitende Arbeit zu zeigen. Gleichzeitig lief in Berlin ein Prozess mit dem Bürgermeister und anderen Autoritäten, um das Projekt möglich zu machen. Alles in Allem hat es fünf Jahre gedauert.“

Also waren Sie auch in Tschechien für ihre Recherchen?

„Ja, ich war in Prag und in Ústí nad Orlicí. Ich war an verschiedenen Plätzen, an denen sich die Pilger im 18. Jahrhundert aufgehalten haben. Ich habe mich in Prag auch viel über die Nikolaikirche und die Bethlehemskapelle informiert. Die Geschichte der Kirche bezieht sich auf die Mentalität des Philosophen Johann Amos Comenius.“

Bethlehemskirchplatz
Sie sind ja Spanier. Was hat sie an einem Deutsch-Tschechischen Projekt interessiert?

„Ich bin jetzt seit langem ein europäischer Künstler. Ich habe meine Arbeiten in verschiedenen Städten gemacht. Ich bin interessiert an schöner Geschichte und schönen Plätzen.“

Wie sollten Besucher mit ihrer Installation umgehen?

„Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Ich arbeite immer für bestimmte Momente. Diese Momente sind immer sehr besonders und sehr speziell. Eine von den Möglichkeiten wäre: Die Installation bleibt dort erhalten. Eine andere wäre, dass das Konstrukt an eine Stiftung für Skulpturen geht.“

Gab es Reaktionen von deutscher bzw. tschechischer Seite?

„Die Reaktion war am Anfang unglaublich. Am ersten Tag waren die Bilder der Ausstellung in den Zeitungen der ganzen Welt, zum Beispiel in den Vereinigten Staaten, Südamerika oder Russland. Ich habe auch Reaktionen von Menschen über das Internet bekommen. Persönlich habe ich viel Feedback von den Menschen bekommen, die auf der Vernissage am 26.Juni waren: Es war absolut unglaublich, viele Leute haben geweint, ich auch. Es ist eine Erinnerung, die sehr positiv ist.“

In Ihrer Reihe „Memoria Urbana” rekonstruieren sie verschiedene Bauten. Welches Werk werden Sie als nächstes vorstellen?

„Ich werde im September nach Chicago reisen. Dort werde ich ein neues Projekt anfangen. Im Dezember 2013 werde ich in Miami ein Theater aufbauen für die Miami Art Basel Show. Und ich werde verschiedene Ausstellungen in Museen machen zum Beispiel im Januar in Valencia im Contemporary Art Center.“

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