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Tschechen entscheiden in zweitägigem Referendum über EU-Beitritt - Erste Prognosen sprechen von eindeutiger Mehrheit für die EU

Die Tschechische Bevölkerung stimmt in einem zweitägigen Referendum über den EU-Beitritt ihres Landes ab. Die Wahllokale schließen am Samstag um 14.00, unmittelbar darauf werden die ersten Hochrechnungen über den Ausgang der Abstimmung erwartet. Inoffizielle Schätzungen gab es aber bereits am Freitag kurz vor 19.30 Uhr: Zu diesem Zeitpunkt veröffentlichte das Tschechische Fernsehen eine Prognose des Meinungsforschungsinstituts SC&C, die auf Wählerbefragungen während der ersten viereinhalb Stunden nach Beginn des Referendums basiert. Demnach hätten sich in dieser Zeit 84 Prozent für den EU-Beitritt ausgesprochen, 16 dagegen. Für ein gültiges Referendum ist keine Mindestbeteiligung notwendig. Sollte die Mehrheit gegen den Beitritt stimmen, könnte ein ähnliches Referendum laut Gesetz erst wieder in zwei Jahren stattfinden.

Politiker forderten Bürger zum Ja beim EU-Referendum auf

Am letzten Tag vor dem EU-Referendum haben Regierungspolitiker die Bürger nochmals dazu aufgefordert, an dem Volksentscheid teilzunehmen und für den EU-Beitritt zu stimmen. Am Freitag Mittag, zwei Stunden vor Öffnen der Wahllokale, kam auch aus der oppositionellen Demokratischen Bürgerpartei ODS der Aufruf an ihre Wähler, sich beim Referendum für den Beitritt des Landes zur Europäischen Union auszusprechen. Vizeparteichef Jan Zahradil, der als einer von drei tschechischen Politikern im EU-Konvent vertreten ist, meinte, nur als Mitglied der EU könne man deren Entwicklung dahingehend beeinflussen, dass diese nicht zu einem "föderalen Superstaat" werde. Die ebenfalls im tschechischen Parlament vertretenen Kommunisten sind gegen den EU-Beitritt des Landes. Staatspräsident Vaclav Klaus, der als einer der ersten tschechischen Spitzenpolitiker am Freitag seine Stimme abgegeben hatte, gab keine Wahlempfehlung ab und sagte auch nicht, ob er für oder gegen den Beitritt votiert hat.

EU-Konvent: Tschechischer Regierungsvertreter zeigt sich zufrieden

Jan Kohout, der Vertreter der tschechischen Regierung am Konvent der Europäischen Union, hat sich am Freitag zufrieden über den von dem Gremium ausgearbeiteten Vorschlag zu einer EU-Verfassung ausgesprochen. Es handle sich bei dem letztlich verabschiedeten Text um den bestmöglichen Kompromiss, jeder habe in den Beratungen des Konvents Zugeständnisse machen müssen, so Kohout. Die Verhandlungen waren vor allem im Bereich der künftigen Struktur der EU-Institutionen von Meinungsverschiedenheiten zwischen kleinen und großen Staaten geprägt gewesen. Der nunmehrige Vorschlag wird auf einem Gipfeltreffen nächste Woche in Griechenland den Staats- und Parteichefs der 15 EU-Mitgliedsstaaten und der 10 Beitrittsländer vorgelegt. Dort wird man dann über die Einberufung einer internationalen Regierungskonferenz entscheiden, wo gemeinsam über den Konventsvorschlag weiterverhandelt werden soll.

Spidla lehnt Aufhebung der Benes-Dekrete nachdrücklich ab

Der tschechische Premierminister Vladimir Spidla hat die Aufhebung der umstrittenen Benes-Dekrete abgelehnt. Sie seien gültig und würden gültig bleiben, sagte Spidla in einem am Freitag veröffentlichten Interview der "Berliner Zeitung". Der Regierungschef unterstrich, Tschechien befinde sich damit "durchaus in Übereinstimmung mit den europäischen Werten". Auch Deutschland habe, so Spidla, das Münchner Abkommen nie als von Anfang an null und nichtig eingestuft. Und dies aus einem einfachen Grund: Die Rechtsfolgen eines solchen Schrittes wären unabsehbar, so der tschechische Regierungschef.

Spende von Bundesaußenminister Fischer an Jüdische Gemeinde Prag

Im Namen von Bundesaußenminister Joschka Fischer hat der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin, Alexander Brenner, am Donnerstag der Jüdischen Gemeinde in Prag einen Scheck in Höhe von 10 000 Euro überreicht. Fischer hatte die Summe im November 2002 mit dem Heinz-Galinski-Preis in Berlin bekommen und beschlossen, das Geld zur Beseitigung der Hochwasserschäden in Prag zu spenden. Es habe sehr betroffen gemacht, dass jene Synagogen, die die Nazi-Zeit überstanden hatten, von der Flut beschädigt wurden, sagte Brenner. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Prag, Tomas Jelinek, meinte, die Symbolik der Gabe habe "einen noch höheren Wert als die Summe". Die Flut im August 2002 hatte der Gemeinde Schäden von umgerechnet 550 000 Euro zugefügt.

NATO-Generalsekretär Robertson enttäuscht über Kürzungen des tschechischen Militärbudgets

Der neue tschechische Verteidigungsminister Miroslav Kostelka ist am Freitag in Brüssel mit NATO-Generalsekretär George Robertson zusammengetroffen. Im Laufe der Unterredung informierte Kostelka Robertson über die vorgesehenen Kürzungen im tschechischen Militärbudget, die Teil einer von der Regierung in Angriff genommenen umfassenden Finanzreform sind. Robertson habe sich über die entsprechenden Maßnahmen nicht gerade erfreut gezeigt, aber mit Verständnis für die Probleme des tschechischen Staatshaushalts reagiert, so Kostelka im Anschluss an das Treffen. Laut Aussage des neuen Verteidigungsministers würden die zentralen Verpflichtungen gegenüber der NATO von den Einsparungen nicht tangiert. Kostelkas Vorgänger Jaroslav Tvrdik war erst vor zwei Wochen wegen der Streichungen im Armeebudget zurückgetreten.

Viele Schulen werden im September vermutlich streiken

Jene tschechischen Schulen, die von den Ländern und Gemeinden betrieben werden, werden am ersten September aller Voraussicht nach ihre Pforten nicht öffnen. Dies gaben am Freitag Vertreter des böhmisch-mährischen Gewerkschaftsverbandes der Schulbediensteten bekannt. Die Gewerkschafter fordern von der Regierung, insgesamt 10 Milliarden Kronen, das sind etwa 320 Millionen Euro, für die Erhöhung der Lehrergehälter zur Verfügung zu stellen. Mit dem Streik wolle man die Regierung und die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass es sich letztlich auszahle, in das Schulwesen zu investieren. Die angekündigte Arbeitsniederlegung ist einstweilen unbefristet und könnte nach den Sommerferien so lange aufrecht bleiben, bis die Regierung den Forderungen der Lehrergewerkschafter nachgibt.

Wetter

Zum Abschluss die Wetteraussichten: Am Samstag wird es in Tschechien überwiegend heiter, im Tagesverlauf nimmt die Bewölkung von Südwesten her zu, vereinzelt sind Niederschläge und Gewitter zu erwarten. Tageshöchstwerte 24 bis 28 Grad.