Nachrichten Donnerstag, 04. Januar, 2001

Von Martina Schneibergova

100.000 Menschen demonstrierten in Prag ihre Unterstützung für die streikenden Fernsehmitarbeiter

An die 100.000 Menschen haben sich am Mittwochabend auf dem Wenzelsplatz in Prag versammelt, um ihre Unterstützung für die streikenden Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens zu demonstrieren, die es ablehnen, den neuen Generaldirektor des Senders Jiri Hodac anzuerkennen. Hodac wurde am Mittwoch vom Senat zum Rücktritt aufgefordert. Mit seinem Rücktritt soll er nach Meinung der Senatoren zur Stabilisierung der Lage im Sender beitragen. Der Senat brachte auch die Forderung zum Ausdruck, dass die Sendungen des Tschechischen Fernsehens ohne Unterbrechungen und ohne Zensur wieder aufgenommen werden. Die Senatoren verlangen von den Abgeordneten, dass sie den Fernsehrat, der Hodac zum Generaldirektor des Senders ernannt hatte, abberufen soll.

Auch der tschechische Vizepremier und Justizminister Pavel Rychetsky bezeichnete Hodacs Rücktritt als die einzig mögliche Lösung der Krise. Premier Milos Zeman deutete am Mittwoch an, er habe Verständnis für diejenigen, die Hodacs Rücktritt verlangen. Er stellte fest, Hodac habe den zweiten Managerfehler begangen, als er Jindrich Beznoska zum Finanzdirektor des Senders ernannte.

Der Vizepremier und Minister für Arbeit und Sozialangelegenheiten Vladimir Spidla hat auf der Demonstration auf dem Wenzelsplatz gesprochen. Die Demonstration, die von den Beobachtern für die bereits größte Demo seit 1989 gehalten wird, wurde von dem Unabhängigen Gewerkschaftsverband des Tschechischen Fernsehens gemeinsam mit der Bürgerinitiative "Das Tschechische Fernsehen - eine öffentliche Angelegenheit" organisiert. Die Ansprachen aller Redner hatten dasselbe Thema - der Protest gegen Direktor Hodac und gegen die Methoden der neuen Leiterin der Nachrichtensektion Jana Bobosikova sei keine Aktion von einer kleinen Gruppe von Aufständischen und Anarchisten, sondern es geht um eine starke Manifestation souveräner Bürger.

Streikende Fernsehmitarbeiter wurden vor dem Fernsehgebäude im nordmährischen Ostrava von ca. 2000 Menschen und vor dem Fernsehstudio in Brno von ca. 2.500 Menschen unterstützt.

Die katholische Kirche hat am Mittwoch die Politiker aufgefordert, dass sie die Probleme um das Tschechische Fernsehen mit Rücksicht auf das Wohl der ganzen Gesellschaft, auf die Bewahrung der demokratischen Atmosphäre und der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens lösen sollen.

Präsident Vaclav Havel hat wegen der gespannten politischen Lage um das Fernsehen den geplanten Erholungsaufenthalt in Spanien verschoben, wohin er am Donnerstag reisen sollte.

Das Kabinett verabschiedete eine Novelle des Fernsehgesetzes

Das Kabinett hat am Mittwoch die Novelle des Gesetzes über das Tschechische Fernsehen und den Tschechischen Rundfunk gebilligt. Nach dieser Gesetzesvorlage soll das Abgeordnetenhaus künftig die Mitglieder des Fernsehrates und des Rundfunkrates aus Kandidaten wählen, die von verschiedenen Interessenorganisationen vorgeschlagen werden. Darüber informierte Regierungssprecher Libor Roucek während der Regierungssitzung. Er stellte fest, dass die Gesetzesvorlage die öffentlich-rechtliche Stellung des Tschechischen Fernsehens und des Tschechischen Rundfunks deutlicher definiert wird.

Hodac wandte sich an das Gericht

Das Bezirksgericht für Prag 4 hat am Mittwoch den Entwurf zur einstweiligen Verfügung abgelehnt, der vom Generaldirektor des Tschechischen Fernsehens Jiri Hodac vorgelegt worden war. Hodac verlangte darin von dem Gericht, dass es den rebellierenden Redakteuren verbietet, die Fernsehtechnik zu benutzen.

Romano Prodi soll über die Fernsehkrise mit tschechischen Behörden sprechen

Die Internationale Journalistenföderation hat am Mittwoch den Vorsitzenden der EU-Kommission Romano Prodi aufgefordert, die jetzigen Probleme im Tschechischen Fernsehen zu untersuchen. Prodi soll über diese Angelegenheit mit tschechischen Behörden verhandeln und die EU-Kommission soll diese Angelegenheit bei den Beitrittsgesprächen berücksichtigen.

Der Europarat beobachtet die Entwicklung im Tschechischen Fernsehen

"Der Europarat beobachtet die Entwicklung im Tschechischen Fernsehen, weil er alles verfolgt, was mit den Medien und der medialen Legislative in den Mitgliedsländern geschieht." Dies erklärte am Mittwoch der Leiter der Sektion für Medien des Europarates Hanno Hartig gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Hartig lehnte es jedoch ab, die Lage konkret zu kommentieren. Ausführlicher berichten wir über die Fernsehkrise im Tagesecho im Anschluss an die Nachrichten.

Die Gesellschaft "Mensch in Not" hilft in Tschetschenien

Die beim Tschechischen Fernsehen errichtete Gesellschaft "Mensch in Not" wird auch in diesem Jahr ihre Aktivitäten fortsetzen, bei denen sie den Bewohnern Tschetscheniens, die durch den langjährigen Krieg betroffen sind, hilft. Die Gesellschaft schickt Nahrungsmittel nach Grosnyj und hilft bei der Renovierung von Schulgebäuden.

In Tschechien endeten die Schulferien

Am Dienstag haben in Tschechien die Weihnachtsferien geendet. Die Schüler kehrten nach zwölf Tagen Ferien am Mittwoch wieder auf die Schulbänke zurück.