Nachrichten Donnerstag, 14. Oktober, 1999
Havel-Pakistan
Staatspräsident Havel kritisierte die Absetzung des Regierungsvorsitzenden von Pakistan, Navaz Scharif durch die Armee. Es handle sich um einen verfassungswidrigen Schritt, der in Gegensatz stehe zur logischen Entwicklung der Welt. Havel hoffe - so sein Sprecher am Mittwoch gegenüber der ckt - dass möglichst bald Demokratie und Stabilität wiederhergestellt würden, das um so dringlicher, als Pakistan seit letztem Jahr eine Atommacht sei. Das tschechische Aussenministerium forderte die höchsten Präsentanten Pakistans auf, die Prinzipien von Demokratie und Parlamentarismus zu respektieren und möglichst schnell zu einer zivilen Regierung zurückzukehren.
EU-Jahresbericht erwartungsgemäß kritisch
Der Jahresbericht der Europäischen Kommission zum Stand der Vorbereitungen der Tschechischen Republik auf ihren Beitritt zur EU wurde am Mittwoch- nachmittag offiziell der Tschechischen Regierung übergeben. Erwartungsgemäß wurden die Bereich Justiz- und Staatsverwaltung kritisiert. "Entgegen der Bemühungen der Regierung die Legislative vorzubereiten und vorzulegen, fehlte diese Zusammenarbeit innerhalb des Parlaments" heisst es wörtlich in dem Textentwurf, der am Mittwoch den EU-Kommissaren auf ihrer Sitzung vorgelegt wurde und sich noch Änderungen vorbehielt. In einem vergleichenden Bericht über alle fünf Beitrittskandidaten wird kritisiert, dass Tschechien seine Vorbereitungen im letzten Jahr nicht wesentlich vorantreiben konnte.
Für Donnerstag hat die tschechische Regierung eine Sondersitzung angkündigt, auf der der EU-Bericht analysiert und weitere Schritte beschlossen werden, die zur Verbesserung der Situation führen sollen. Personelle Konsequenzen als Reaktion auf die Kritik sind laut Aussenminister Jan Kavan nicht ausgeschlossen.
Parteien erörtern innenpolitische Situation und mögliche Regierungsneubildung
ODS-Parteichef Vaclav Klaus (Abgeordnetenpräsident) trifft sich am Mittwoch mit CSSD-Chef Milos Zeman (Regierungsvorsitzender), um innenpolitische und Fragen einer möglichen Regierungsumbildung zu erörtern. Am Abend soll Zeman mit Kommunistenchef Grebenicek zusammenkommen. Dieser glaubt, das der Haushaltsentwurf der Regierung für 2000 der Grund für den Termin ist. Die Viererkoalition (Christdemokraten, Freiheitsunion, ODA und DEU) hat ihrerseits ODS-Chef Klaus zu einem Treffen eingeladen. Alle Gespräche haben die innenpolitische Situation und die Auslotung einer eventuellen Regierungsneubildung zum Gegenstand.
Debatte zum Haushalt 2000, Referendum zum EU-Beitritt
Die tschechischen Abgeordneten haben dem Gesetzentwurf über den Aufenthalt ausländischer Soldaten auf dem Gebiet der Tschechischen Republik in zweiter Lesung zugestimmt. Innerhalb der nächsten drei Wochen wird endgültig über den Entwurf entschieden, dessen Bedeutung sich aus den Verpflichtungen der tschechischen Nato-Mitgliedschaft ergibt.
Die erste Lesung des von der Regierung vorgelegten Haushaltsgesetzes für 2000 und die von CSSD und ODS geplanten Verfasssungsänderungen sowie das Referendum über den Beitritt der Tschechischen Republik zur EU werden nach Abstimmung des Arbeitsprogrammes Gegenstand der Parlamentssitzung im Oktober sein. Die Erörterung des international kritisierten Pressegesetztes kommt erst im Dezember auf die Verhandlungsordnung. Kurz vor der entscheidenden Abstimmung steht eine Novelle des Asylgesetzes sowie ein Gesetz, das die Bedingungen für den Aufenthalt von Ausländern in der Tschechischen Republik erschwert.
Forum 2000
Das von Staatspräsident Vaclav Havel initiierte internationale Forum 2000 steht kurz vor seinem Ende. Am Mittwoch war es vor allem der Umweltschutzproblematik gewidmet. Mehr dazu im Aktuellen Beitragsblock.
Mauer in Usti nad Labem kurz vor Vollendung
Der Mauerbau zwischen einem mehrheitlich von Roma-bewohnten Stadtviertel der nordböhmischen Grenzstadt Usti nad Labem, die keine Miete zahlen und einer Wohnsiedlung wurde am Mittwoch trotz des Protestes und der Demontage durch Roma am Mittwoch unter Polizeischutz fast fertiggestellt. Das Abgeordnetenhaus soll sich kommende Woche mit der Angelegenheit befassen. Der Bürgermeister der Stadt Usti kündigte an, einen eventuellen Beschluss zur Einstellung des Mauerbaus nicht zu befolgen. Dem Oberbürgermeister zufolge handle es sich bei der Mauer um eine übliche techische Massnahme, sie sei Symbol für Ordnung und Ruhe. Einige Roma-Aktivisten aus dem mährischen Ostrava fordern inzwischen die Abberufung des Regierungsbevollmächtigten für nationale Minderheiten und Menschenrechte, Petr Uhl.
Flugzeugunglück
Am Dienstag ist in Caslav im Rahmen des tschechisch-französischen Luftmanövers Friendly Fly 99 ein Jagdflugzeug vom Typ Mirage 2000 abgestürzt, wobei sich der Pilot durch Herauskatapultieren des Sitzes retten konnte. Es handelt sich um das erste Unglück eines ausländischen Militärflugzeugs auf tschechischem Territorium. Die französche Seite hat eine eigene Kommission nach Tschechien entsandt, die am Mittwoch mit der Untersuchung der Unfalls begonnnen hat. Der Chef der tschechischen Luftstreitkäfte, Ladislav Klima, hat parallel dazu eine tschechische Untersuchungskommission beauftragt, den französischen Kollegen zu helfen und festzustellen, ob Fehler durch die tschechischen Seite verursacht wurden.
Nato-Tschechien
Zu einem dreitägigen Besuch in Prag ist am Mittwoch Harold Gehman, Chef der Nato-Streitkräfte im Atlantik, eingetroffen. Vorgesehen sind laut ctk Gespräche mit Verteidigungsminister Vladimir Vetchy und Jiri Sedivy, Generalstabsführer der Tschechischen Armee sowie Regierungschef Milos Zeman. Dabei stehen die Situation auf dem Balkan und die Zusammenarbeit der Nato mit weiteren Ländern im Rahmen von Partnerschaft für den Frieden, aber auch die erst kürzlich im Parlament angenommenen Gesetze zur Verteidigung der Tschechischen Republik im Mittelpunkt.
Gipfel mitteleuropäischer Innenminister
Zu einem Gipfeltreffen der Innenminister von Tschechien, Polen, Ungarn, Österreich und der Slowakei kommt es am Donnerstag auf Schloss Zidlochovice in Mähren. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen die gemeinsam angestrebte Integration in die EU und damit zusammenhängende Probleme wie das Schengener Abkommen, die illegale Migration, das grenzüberschreitende organisierte Verbrechen und ähnliches sowie die Koordinierung entsprechender gemeinsamer Gegenmassnahmen.
Le Pen in Tschechien
Auf Einladung der tschechischen Republikaner kommt am Donnerstag der Chef der französischen Republikaner und Europa-Parlamentarier Jean Marie Le Pen zu einem mehrtägigen Besuch nach Tschechien. Gemeinsam will man eine landesweite Diskussion über den Beitritt der Tschechischen Republik zur EU starten.
Internationale Historikerkonferenz über das letzte Jahrzehnt
Zehn Jahre Freiheit und Demokratie stellen das Thema einer dreitägigen internationalen historischen Konferenz dar, die am Donnerstag in Prag beginnt und an der Politprominenz teilnimmt, ohne die die politische Wende von 1989 im ehemaligen Ostblock nicht denkbar gewesen wäre. So wird neben dem tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel und anderen prominenten tschechischen und slowakischen EX-Dissidenten auch Michail Gorbatschow erwartet.
Tschechisch-deutsches Symposium zum EU-Beitritt Tschechiens
Die Gegenwart und Zukunft der Tschechische Republik, nämlich ihre Vorbereitung auf den EU-Beitritt, sind Thema eines tschechisch-deutschen Symposiums, das ab Donnerstag im südböhmischen Prachatice von der Hanns Seidel-Stiftung und der Union für gute Nachbarschaft der tschechisch-und deutschsprachigen Länder veranstaltet wird.