Nachrichten Donnerstag, 16. September, 1999

VORSICHTIGE GENUGTUUNG ÜBER WIRTSCHAFTSWACHSTUM

Die am Dienstag durch das Tschechische Statistische Amt bekanntgegebene Steigerung des Bruttoinlandsproduktes im zweiten Quartal dieses Jahres um 0,3 Prozent sollte - den Worten des Gouverneurs der Tschechischen Nationalbank Josef Tosovsky zufolge - das Ende des Abrutschens der tschechischen Ökonomie und zugleich den Beginn einer neuen Epoche bedeuten. "Der Anstieg des Bruttoinlandproduktes sollte auch in einem weiteren Zeitraum zu Tage treten," sagte Tosovsky auf einer Konferenz über die Aktuellen Fragen der Entwicklung der Tschechischen Republik am Mittwoch in Brno/Brünn.

Mit Genugtuung hat auch die Prager Regierung auf die leichte Erholung der tschechischen Wirtschaft im zweiten Quartal 1999 reagiert. Ministerpräsident Milos Zeman sprach vom "schönsten Augenblick" seiner bisherigen, einjährigen Regierungszeit. Finanzminister Pavel Mertlik wertete das Ergebnis mit vorsichtigem Optimismus. Die defizitäre Haushaltspolitik zur Steigerung der Binnennachfrage habe sich als richtiges Mittel in Krisenzeiten erwiesen. Dies sei allerdings kein Grund, "die Nase allzu hoch zu tragen", sagte Mertlik.

SENATOR FISCHER ERHIELT WAHLURKUNDE

Dem klaren Gewinner der Ergänzungswahl für einen frei gewordenen Sitz im tschechischen Senat, Reiseunternehmer Vaclav Fischer, wurde am Mittwoch das Zertifikat über seine Wahl zum Senator aus den Händen des Vorsitzenden der Zentralen Wahlkommission Jiri Kratochvil ausgehändigt. Auf seinem Weg in die obere Parlamentskammer muss Fischer nunmehr nur noch den von der Verfassung vorgeschriebenen Senatoren-Eid ablegen. Dieser Akt ist für Donnerstag vorgesehen. In der bisherigen dreijährigen Geschichte des Senats ist Fischer der erste Gesetzgeber, der ohne jegliche Partei- Unterstützung in diese Funktion gewählt wurde.

VACLAV HAVEL ERHÄLT HÖCHSTEN LETTISCHEN STAATSORDEN

Der tschechische Präsident Vaclav Havel ist am Dienstag in Prag mit dem höchsten Staatsorden Lettlands ausgezeichnet worden. Havel nahm die Auszeichnung "Großes Kreuz des Ordens der drei Sterne" in seinem Amtssitz von der lettischen Botschafterin in Tschechien, Aija Odin, entgegen. In der Laudatio würdigte Odin den Geehrten als einen der Menschen, die sich am meisten um die "Herausbildung neuer Beziehungen in Europa" verdient gemacht hätten. Als Schriftsteller und Dissident habe er den "passiven und aktiven Widerstand" der Letten gegen den "sowjetischen Versuch, die geistigen Werte zu zerstören" gefördert. Havel ist nach dem Gründer und ersten Präsidenten der Tschechoslowakei, Tomas Garrigue Masaryk, der zweite Tscheche, dem die höchste Auszeichnung des Landes zukommt.

HAVEL REIST ZU STAATSBESUCH IN DIE SLOWAKEI

Auf Einladung des slowakischen Präsidenten Rudolf Schuster reist sein tschechischer Amtskollege Vaclav Havel nebst Gattin am Freitag nach Bratislava zu einem zweitägigen Staatsbesuch in die Slowakei. Im Rahmen seines Besuchs, der dazu dienen soll, die politischen Beziehungen zwischen beiden Ländern nach der Trennung im Jahr 1993 wieder zu intensivieren und zu vertiefen, wird Vaclav Havel den Adalbert-Preis für seine Verdienste bei der geistigen und kulturellen Einigung Europas entgegennehmen, der ihm von der deutschen Adalbert-Stiftung verliehen wurde. Neben der slowakischen Hauptstadt Bratislava wird Havel auch die Heimatstadt Schusters, die ostlowakische Metropole Kosice/Kaschau besuchen.

LIBANESISCHE DELEGATION SETZT BESUCH IN PRAG FORT

Auf dem Programm der zu einem fünftägigen Besuch in Tschechien weilenden Delegation des libanesischen Parlaments unter Leitung ihres stellvertretenden Vorsitzenden Ilija Farzli standen am Mittwoch u.a. Treffen mit tschechischen Abgeordneten und dem tschechischen Verteidigungsminister Vladimir Vetchy. Während dieser Treffen ließ Farzli verlauten, dass er in keinem Bereich auch nur eine Hürde für den Zugang tschechischer Firmen zum libanesischen Markt sehe. Ziel des bis Freitag andauernden Besuches der Libanesen in Prag sind die Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Ländern und der Meinungsaustausch zum Friedensprozess im Nahen Osten.

KAVAN FÜR AUFSTOCKUNG DER TSCHECHISCHEN SFOR-EINHEIT

Der tschechische Außenminister Jan Kavan wird sich für eine Aufstockung des Truppen-Kontingents der tschechischen Armee zur Unterstützung der SFOR-Truppen in Bosnien-Herzegowina und die Verlängerung ihres Mandats einsetzen. Zu diesem Schluss gelangte der Minister unmittelbar nach Beendigung seines zweitägigen Besuchs der tschechischen Soldaten, die derzeit bei den UNO-Friedensmissionen in Bosnien und im Kosovo eingesetzt sind. Während Kavan am Montag bei der tschechischen SFOR-Einheit in Bosnien weilte, wurde er am Dienstag von der tschechischen KFOR-Kompanie im Kosovo empfangen, wo Kavan ebenso mit dem KFOR-Oberbefehlshaber Michael Jackson und dem UN-Beauftragten für diese Region Bernard Kouchner zusammentraf. Kavans Vorschlag geht dahin, die in Bosnien eingesetzte tschechische Einheit von bisher 550 auf 600 Mann aufzustocken.

NEUE TSCHECHISCHE SFOR-BRIGADE IST KOMPLETT

Die neue Brigade der tschechischen Armee, die sich ab Mitte Oktober den SFOR-Truppen in Bosnien-Herzegowina anschließen soll, ist seit Mittwoch komplett. Einen Monat vor ihrer Abreise nach Bosnien können sich daher die Soldaten der ersten mechanisierten Brigade auf dem UNO-Übungsstützpunkt in Cesky Krumlov/Krummau in kompletten Kompanien auf ihren Friedenseinsatz vorbereiten. Das gab der Sprecher der Brigade Jindrich Plescher am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur CTK bekannt.

TSCHECHISCHE BÜRGERWEHR FORDERT VERBOT DER KSCM

Der tschechische Verband der bürgerlichen Selbstverteidigung (SOS), in dem insbesondere unzufriedene Antragsteller zur Rückerstattung landwirtschaftlichen Eigentums vereinigt sind, hat den tschechischen Präsidenten Vaclav Havel dazu aufgerufen, die kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSCM) zu verbieten. Dem Verband zufolge genüge es nicht, dass der Präsident es bisher noch stets abgelehnt hat, mit Vertretern der Kommunisten in politische Verhandlungen zu treten. Vor dem Hintergrund ansteigender Präferenzen der Kommunisten bestätigen die Mitglieder des Verbandes in einem offenen Brief an den Präsidenten erneut ihre Auffassung, dass es sich bei der KSCM weiterhin um eine schädliche Organisation handle.

PARADOXER KOMPROMISS BEIM "AUSSIGER MAUERBAU"

In der nordböhmischen Stadt Ústí nad Labem/Aussig soll ein paradoxer Kompromiss den Streit über die geplante Abtrennung zwischen einer Einfamilienhaussiedlung und einem mehrheitlich von Roma bewohnten Viertel beenden. Wie die tschechische Tageszeitung "Lidove noviny" am Dienstag berichtete, fordern die Roma nun die Einzäunung des gesamten Sozialwohnungs-Areals. "Stünde der Wall nur auf der Seite der Wohnhaussiedlung, wäre das diskriminierend", sagte ein Roma-Sprecher. Die Mauer sollte gezogen werden, nachdem sich Anwohner über "Lärm und Schmutz" aus der Roma-Siedlung beklagt hatten. Derzeit trennt ein niedriger Metallzaun die Wohngebiete.

SKODA AUTO PRÄSENTIERT ERSTES KOMPAKTKLASSE-MODELL

Der tschechische Automobilhersteller Skoda bringt erstmals ein Modell der kompakten Mittelklasse auf den Markt. Die VW-Tochter präsentierte am Dienstag den "Fabia" bei der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt/Main. Bislang bot Skoda den kleinen "Felicia" und das Mittelklasse-Modell "Octavia" an. Ein Firmensprecher sagte, zusammen mit dem "Fabia" sollen bei Skoda im kommenden Jahr insgesamt 500 000 Autos vom Band laufen. Mehr dazu im anschließenden Beitragsblock.

TSCHECHIENS FUSSBALLER ZWEITER IN FIFA-WELTRANGLISTE

In der aktuellen Weltrangliste des Internationalen Fußball-Verbandes (FIFA) rückte das tschechische Nationalteam mit 772 Punkten vom dritten auf den zweiten Rang vor und liegt damit vor Weltmeister Frankreich (766). Unangefochtener Spitzenreiter bleiben die Ballkünstler aus Brasilien mit 838 Punkten.

Und hier die aktuelle Wettervorhersage:

Am Donnerstag liegt das Gebiet der Tschechischen Republik unter dem Einfluss eines Tiefdruckausläufers. Es wird heiter bis nahezu wolkenlos sein, morgens ist örtlich mit Frühnebel zu rechnen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 24 und 28 Grad Celsius und in Höhenlagen über 1000 Meter bis zu 20 Grad Celsius.

Die weiteren Aussichten: Am Freitag und Samstag kommt es zu einer Wetterverschlechterung. Es wird bewölkt bis bedeckt sein, örtlich ist mit Regen oder Schauern zu rechnen, vereinzelt kann es auch zu Gewittern kommen. Die Nachttemperaturen bewegen sich zwischen 14 und 10 Grad, die Tageshöchstwerte liegen zwischen 20 und 25 Grad Celsius.