Nachrichten Freitag, 12. Februar, 1999

Headlines:

Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, zum Programm von Radio Prag in deutscher Sprache. In der folgenden halben Stunde hören Sie im Anschlu3 an die Nachrichten wie gewohnt unseren Beitragsblock mit Berichten zum aktuellen Zeitgeschehen in der Tschechischen Republik. Danach senden wir eine neue Ausgabe unserer Sendereihe "Thema heute". Am Mikrophon begrü3t Sie Lothar Martin.

Zunächst die Nachrichten:

PRÄSIDENT HAVEL ERNANNTE VIER NEUE MITGLIEDER DES BANKENRATES

Der tschechische Präsident Vaclav Havel hat am Donnerstag auf der Prager Burg vier neue Mitglieder für den Bankenrat der Tschechischen Nationalbank ernannt. Mit Wirkung vom 13. Februar werden Zdenek Tuma, Oldrich Dedek, Pavel Stepánek und Pavel Racocha diese Funktionen für den Zeitraum von sechs Jahren bekleiden und damit Jan Vít, Pavel Kysilka, Jirí Pospísil und Ota Kaftan als ihre Vorgänger ablösen. Havel sagte anlässlich der Ernennung, dass diesem Akt eine tiefgreifende Umfrage unter den Ökonomen, Analytikern und Kennern der einheimischen wirtschaftlichen Situation vorausgegangen ist, die eindeutig zugunsten der Tschechischen Nationalbank ausgefallen sei. Aus ihr gehe hervor - so Havel - dass sich die Nationalbank im dem etwas unruhigen postkommunistischen Umfeld als ein ziemlich sicherer Pfeiler erwiesen habe, was nicht zuletzt ein Verdienst derer sei, die jahrelang an ihrer Spitze gestanden haben.

ABGEORDNETE BILLIGTEN LOTTERIEGESETZ

Das tschechische Abgeordnetenhaus hat am Donnerstagabend nach der mündlichen Interpellation an das Kabinett seine turnusmä3ige Februarsitzung beendet. Hauptpunkt der Verhandlungen war dabei eine von der Regierung vorgelegte Novelle zum Lotteriegesetz, die von den Abgeordneten gebilligt wurde. Ausländischen Firmen wird es damit künftig möglich sein, im tschechischen Lotterie- und Glücksspielgeschäft unternehmerisch tätig zu sein. Das Abgeordnetenhaus hat die Teilhabe am Lotteriegeschäft allerdings eingeschränkt, indem es entschieden hat, dass die Gesamthöhe der jährlichen Gewinnausschüttung nicht mehr als 200.000 Kronen und der Wert eines Einzelgewinns nicht mehr als 20.000 Kronen betragen darf. Der Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Prag, Ramiro Cibrián, begrüsste die Gesetzesnovelle als einen Schritt in die richtige Richtung bei der Anpassung der tschechischen Legislative mit den Normen der EU im Bereich von ausländischen Investitionen.

CHEF DES NATO-MILITÄRAUSSCHUSSES KLAUS NAUMANN ZU GAST IN PRAG

Der Chef des NATO-Militärausschusses in Brüssel, General Klaus Naumann, der seit Donnerstag zu einer zweitägigen Stippvisite in Prag weilt, wird am Freitag durch Tschechiens Präsident Vaclav Havel mit dem Orden des Weissen Löwen III. Klasse geehrt. Naumann traf bei seinem Besuch in der tschechischen Hauptstadt zunächst mit dem tschechischen Verteidigungsminister Vladimir Vetchy zusammen. Wie Vetchy auf der anschlie3enden Pressekonferenz erklärte, habe er seinen Kollegen mit den Aufgaben seines Ressorts vertraut gemacht, die im Kontext zu dem für März erwartenden NATO-Beitritt Tschechiens stehen. Gegenstand offener Worte zwischen Vetchy und Naumann sind die aufzustellenden Personenlisten gewesen, die für den Umgang mit geheimen NATO-Dokumenten bestimmt sind und bisher weder vom Verteidigungs- noch vom Auswärtigen Amt vorgelegt wurden. Wie General Naumann Radio Prag gegenüber erklärte, hätte es mit Ungarn und Polen ähnliche Probleme gegeben, die aber durch eine schnellere Anpassung der Gesetzgebung nicht zu dieser Verzögerung geführt haben. Es sei Aufgabe der tschechischen Seite, diese abzubauen. Sie stellten aber keine Gefährdung für den Beitritt dar. Naumann erklärte, am Freitag darüber auch mit Aussenminister Kavan sprechen zu wollen. Die Tschechische Republik werde ab dem 1. März alle Mindestanforderungen erfüllen, die für den NATO-Beitritt erforderlich sind, teilte Naumann im Anschluss seines Treffens mit Premier Milos Zeman vor Journalisten mit. Auf dem NATO- Gipfeltreffen im April in Washington werde die Allianz neben der erfolgten NATO-Erweiterung um Tschechien, Polen und Ungarn zudem ihre Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Länder in das Bündnis bekräftigen, sagte Naumann unmittelbar nach seinem Treffen mit dem Vorsitzenden des tschechischen Abgeordnetenhauses und ODS-Chef Vaclav Klaus.

SCHWEDEN BIETET TSCHECHIEN HILFE BEI MILITÄRAUSBILDUNG AN

Die schwedische Regierung hat der tschechischen Regierung ein Ausbildungsprogramm für Militärpiloten, Techniker und Bodenpersonal angeboten. Die Ausbildung würde mit schwedischen Maschinen erfolgen einschliesslich der JAS 39 Gripen- Düsenjäger, die die schwedische Seite dem tschechischen Verteidigungsministerium als Umrüstungsalternative angeboten hatte. Dieses offizielle Angebot unterbreitete der schwedische Verteidigungsminister Björn von Sydow am Mittwoch bei den Verhandlungen mit dem tschechischen Vizepremier für Auslands- und Sicherheitspolitik Egon Lánský, der sich gemeinsam mit Vizepremier Pavel Mertlík zu einem viertägigen Besuch Schwedens in Stockholm aufhielt. Beide Politiker haben ihren Besuch im Schwedischen Königreich am Donnerstag mit einem Treffen mit schwedischen Unternehmern beendet, bei dem sie diese über die wirtschaftliche Situation in der Tschechischen Republik und über entsprechende Investitionsmöglichkeiten informiert haben.

CHRISTLICHE AKADEMIE FORDERT ZEMAN ZUM HANDELN AUF

Die Tschechische Christliche Akademie hat Premierminister Milos Zeman in einem offenen Brief aufgefordert, unverzüglich Ma3nahmen zur Klärung der Beziehungen zwischen Staat und Kirche zu ergreifen. In dem Brief heisst es unter anderem, die politischen Repräsentanten des Landes seien seit der Wende im Jahre 1989 bis heute nicht in der Lage gewesen, das Problem der praktischen Sicherstellung der Kirche in der sich entwickelnden demokratischen Gesellschaft zu lösen.

MUTMASSLICHER MORD AN 30 SUDETENDEUTSCHEN WIRD UNTERSUCHT

Die tschechische Staatsanwaltschaft will einen mutma3lichen Mord an 30 Sudetendeutschen aufklären, der sich Anfang Juni 1945 im westböhmischen Ort Tocov ereignet haben soll. Wie der stellvertretende Leiter des Untersuchungsamtes in Plzen/Pilsen, Frantisek Sedlák, am Donnerstag der Nachrichtenagentur CTK mitteilte, hatte die Staatsanwaltschaft im bayrischen Hof vor drei Wochen der tschechischen Staatsanwaltschaft auf Grund einer Privatklage Unterlagen über eine Gewalttat in Tocov übergeben. Danach sollen im Juni 1945 bei einer Suchaktion der tschechischen Polizei etwa 30 Sudetendeutsche standrechtlich erschossen und in einem Massengrab beigesetzt worden sein. Mehr dazu könne er - so Sedlák - jedoch erst nach dem Aktenstudium sagen, dass bis zu einem halben Jahr dauern könne. Erschwert würde die Ermittlung dadurch, dass Tocov, welches einst 20 Kilometer östlich von Karlovy Vary/Karlsbad gelegen haben soll, nicht mehr existiere, da es nach 1945 gemeinsam mit anderen Dörfern eingeebnet wurde.

KOLUMBIANISCHER DROGENHÄNDLER ZU 11 JAHREN HAFT VERURTEILT

Das Bezirksgericht in Hradec Králové/Könniggrätz hat den Kolumbianer Alfonso Calderon wegen Drogenhandels zu elf Jahren verschärfter Haft verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, da3 der 62jährige im Herbst 1997 eine Lieferung mit kolumbianischem Kaffee nach Tschechien organisierte, unter der sich 60 Kilogramm Kokain befanden. Der Marktwert der Drogen soll bei 350 Millionen Kronen liegen. Das Urteil ist wegen des Einspruchs der Verteidigung jedoch noch nicht rechtskräftig, meldete die Nachrichtenagentur CTK am Donnerstag.

KONTROVERSE UM ANZEIGENSERIE IN TSCHECHIEN

Der tschechische Verband für Au3enwerbung hat eine Anzeigenserie der pornografischen Zeitschrift "Hustler" als unethisch kritisiert und von der Verbreitung der Werbung abgeraten. "Hustler" wollte mit der Zeile "Regiert auf der Burg eine Domina?" und einer blonden Frau in Ledermontur für die neue Ausgabe des Magazins werben. Die Kampagne sollte provokant auf den Einflu3 der Präsidentenfrau Dagmar Havlová hinweisen, mutma3ten Tageszeitungen in Prag am Donnerstag. Den Berichten zufolge plant Staatspräsident Vaclav Havel derzeit keine rechtliche Schritte gegen die Zeitschrift.

VERBRAUCHERPREISE STIEGEN IM JANUAR 1999 LEICHT AN

Die Preise von industriellen Produkten in Tschechien sind im Januar dieses Jahres um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat angestiegen. Für Bauarbeiten wurde sogar ein Preisanstieg von 0,6 Prozent gegenüber Dezember 1998 registriert. Die Preise für Dienstleistungen sanken hingegen um 0,7 Prozent. Dies geht aus der monatlichen Expertise des Tschechischen Statistischen Amtes hervor, die der Presseagentur CTK am Donnerstag durch den Pressesprecher des Amtes, Jaroslav Macháne, bekanntgegeben wurde.

Und abschlie3end der aktuelle Wetterbericht:

Am Freitag nimmt das Tiefdruckgebiet über der Balkanhalbinsel erheblichen Einfluss auf das Wetter in der Tschechischen Republik. Es wird bewölkt bis bedeckt sein, örtlich kommt es zu Schneeschauern oder Schneefällen, die in der Osthälfte des Landes verstärkt auftreten werden. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen minus 7 und minus 3 Grad Celsius. Die weiteren Aussichten: Am Samstag und Sonntag keine wesentlichen Wetterveränderungen, nur die Temperaturen steigen am Sonntag wieder leicht an. Die Nachttemperaturen bewegen sich in der Nacht zum Samstag zwischen minus 8 bis minus 12 Grad und in der Nacht zum Sonntag zwischen minus 5 und minus 9 Grad. Die Tageshöchsttemperaturen liegen am Samstag zwischen minus 7 und minus 3 Grad und zwischen minus 5 und minus 1 Grad Celsius am Sonntag.

Das waren die Meldungen. Durch unser weiteres Programm begleitet Sie nun Jitka Mládková.