Nachrichten Freitag, 17. September, 1999

Chefunterhändler Telicka im Senat

Jedes Land, das sich um den EU-Beitritt bemüht, wird nach Meinung des tschechischen Vizeaussenministers Pavel Telicka, der zugleich Chefunterhändler mit der EU ist, in dem vorbereiteten EU-Gutachten kritisch bewertet. Dies erklärte Telicka gegenüber Journalisten nach den Gesprächen mit dem Senatsausschuss für europäische Integration. Er machte die Senatoren darauf aufmerksam, dass die Tschechische Republik trotz eines gewissen Fortschritts in einigen wichtigen Bereichen kritisiert werde.

Botschafter Lambsdorff im Senat

Der mangelhafte Rechtsschutz fremder Investitionen in der Tschechischen Republik wirkt nicht nur auf ausländische Unternehmer negativ, sondern widerspricht auch den Bemühungen Tschechiens um einen baldigen EU-Beitritt. Die langsame Tätigkeit der Gerichte sowie das Fehlen der entsprechenden Legislative im erwähnten Bereich wurde am Donnerstag im tschechischen Senat von deutschen Botschafter in Prag Hagen Lambsdorff sowie vom Vertreter der EU-Kommission in Prag, Ralf Dreyer, kritisiert. Der bislang erreichte tschechische Fortschritt auf dem Weg in die EU soll im Oktober im Jahresbericht der EU-Kommission grundsätzlich eingeschätzt werden.

Shelton über tschechische Integration in die Nato

Die weitere Entwicklung der tschechisch-amerikanischen Zusammenarbeit im militärischen Bereich, die Integration der Tschechischen Republik in die Nato sowie die Entwicklung in Südosteuropa sind die Hauptthemen der Gespräche gewesen, die der Vorsitzende der Stabschefs der US-Streitkräfte, Henry Shelton, am Donnerstag in Prag mit dem Generalstabschef der tschechischen Armee Jiri Sedivy führte.

Shelton erklärte, die Tschechische Republik sei sehr vorangeschritten, was ihre Beteiligung an den Nato-Strukturen anbelange. Er würdigte auch die Transformation der tschechischen Armee nach den Sicherheitsansprüchen der Nato. Shelton erinnerte an die Zusammenarbeit der tschechischen und US- amerikanischen Soldaten im Rahmen der Friedenstruppen auf dem Balkan. Der tschechische Verteidigungsminister Vladimir Vetchy verlieh dem US-General das Verdienstkreuz des Verteidigungsministers. Damit würdigte er Sheltons Verdienste um die Entwicklung der tschechisch-amerikanischen Zusammenarbeit im militärischen Bereich sowie die Unterstützung der Tschechischen Republik bei ihrem Nato-Beitritt. Der US-General, der zu einem zweitägigen Besuch in Prag weilt, traf nach der Begegnung mit Sedivy mit Staatspräsident Vaclav Havel zusammen.

Senat: ein Feldlazarett für die Türkei

Die Senatoren haben am Donnerstag erwartungsgemäß den Regierungsentwurf zur Entsendung eines Feldlazaretts in die Türkei gebilligt. Der Entschluss war zuvor mit großer Mehrheit im Abgeordnetenhaus angenommen worden. Verteidigungsminister Vladimir Vetchy erklärte, auch vier Wochen nach dem verheerenden Erdbeben sei medizinische Hilfe in der Region dringend notwendig. Im Katastrophengebiet sind gegenwärtig 58 Angehörige der notärztlichen Einheit des tschechischen Militärs im Einsatz. Die erste Gruppe von Helfern war am 23. August in das Gebiet entsandt worden.

Libanesische Parlamentarier bei Lansky

Eine Delegation des libanesischen Parlaments, die zu einem dreitägigen Besuch in Prag weilt, hat am Donnerstag Gespräche mit dem Vizepremier für Außen- und Sicherheitspolitik Egon Lansky geführt. Der Vizepräsident des libanesischen Parlaments, Ilija Farzli, der die libanesische Parlamentsdelegation leitet, würdigte im Gespräch für die Nachrichtenagentur CTK am Mittwoch die Atmosphäre, die den Aufenthalt libanesischer Abgeordneter in Tschechien begleitet. Er erklärte zugleich, er sehe keine Barrieren, die der Durchsetzung tschechischer Firmen auf dem libanesischen Markt im Wege stünden. Er erinnerte daran, dass in der Vergangenheit z.B. tschechische Baufirmen im Libanon tätig waren.

Bahama-Inseln führenVisapflicht für Tschechen ein

Die Einführung der Visapflicht für tschechische Staatsbürger bei ihren Reisen auf die Bahama-Inseln hänge nicht mit der britischen Visapolitik zusammen. Dies wurde der Nachrichtenagentur CTK am Mittwoch von der britischen Botschaft in Prag mitgeteilt. Trotzdem müssen die Tschechen eben auf der britischen Botschaft Visa für die Bahama-Inseln, die Mitglied des Commonwealth sind, beantragen. Die Bahama-Inseln haben keine offiziellen diplomatischen Beziehungen mit der Tschechischen Republik. Das tschechische Aussenministerium kennt immernoch nicht den Grund für die Einführung der Visapflicht von den Bahama-Inseln. Es sieht keinen Zusammenhang dieses Schrittes mit den Problemen mit der Migration tschechischer Roma nach Großbritannien und der damit verbundenen Drohung, dass London die Visapflicht für tschechische Bürger einführen würde. Dies erklärte der Sprecher des auswärtigen Amtes, Ales Pospisil, am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Er fügte hinzu, die Zahl der tschechischen Bürger, die in den vergangenen Jahren auf die Bahamas reisten, sei gering gewesen.

Konferenz über Kirchen eröffnet

Die Konferenz zum Thema "Religion, Staat und Gesellschaft im postkommunistischen Mitteleuropa", die am Mittwoch in Prag eröffnet wurde, soll bis zum Freitag Unterlagen und Informationen für die Ausschüsse des US- Kongresses für Medien, Religions- und andere Organisationen sammeln. An der Konferenz nehmen neben einigen US-Bürgern vor allem tschechische Intellektuelle und Politiker teil, darunter der Philosoph Radim Palous, der Soziologe Fedo Gal, die Politiker Jiri Payne und Pavel Bratinka und die evangelischen Pfarrer Milos Rejchrt und Svatopluk Karasek.

Bischof Maly über die Vergangenheitsbewältigung

Die tschechische Gesellschaft hat ihre Vergangenheit nicht ausreichend bewältigt. Dies meint der Prager katholische Weihbischof Vaclav Maly. Nach Informationen der Tschechischen Bischofskonferenz wird Maly diese These auf dem von der Organisation "Renovabis" organisierten Kongress in Freising in Bayern präsentieren. Maly wird auf dem Kongress eine Rede zum Thema des Beitrags der katholischen Kirche zum gesellschaftlichen Versöhnungsprozess in der ganzen Gesellschaft in den böhmischen Ländern halten. Vaclav Maly wird in diesem Zusammenhang auch den internationalen Aspekt der Bewältigung der eigenen Vergangenheit erwähnen, und zwar im Zusammenhang mit dem Problem des Nationalismus und des Fremdenhasses. Im Bereich der tschechisch- deutschen Beziehungen ist die Kirche imstande, eine effektive Grundlage für den Dialog zu bieten, und wie aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre folgt, war die Kirche auf dieser Ebene weiter vorangeschritten als die Politiker, betonte Bischof Maly.