Nachrichten Freitag, 29. Januar, 1999

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Havel - Abgeordnete

Der tschechische Staatspräsident Václav Havel ist am Mittwoch Abend traditionsgemäss mit den führenden Vertretern des Abgeordnetenhauses vor dessen für den Dienstag einberufenen Tagung zusammengetroffen. Den Worten des Vizevorsitzenden des Unterhauses Ivan Langer zufolge interessierte sich der Präsident vor allem für die von den Christdemokraten entworfene Novellierung des Gesetzes über aussergerichtliche Rehabilitationen. Diese würde es auch Landsleuten ohne tschechische Staatsbürgerschaft ermöglichen, ihr Eigentum zurückzubekommen. Langer räumte jedoch ein, dass die Abgeordneten den Gesetzentwurf höchstwahrscheinlich nicht billigen werden.

Regierung - Kirche

Die Regierung hat am Mittwoch das Verzeichnis von Personen gebilligt, die als Mitglieder der Regierungskommission vorgesehen sind, die sich mit der Regelung der Beziehung zwischen Staat und Kirche befassen wird. Das Kabinett hat parallel die Kommission eingerichtet, an deren Spitze Kulturminister Pavel Dostál steht.

Die Vertreter der Tschechischen Bischofskonferenz lehnen es den Worten ihres Sprechers Daniel Herman zufolge ab, an der Regierungskommission, die sich mit den Beziehungen zwischen Staat und Kirche befasst, gemeinsam mit einem Vertreter der kommunistischen Partei teilzunehmen. Der Sprecher betonte am Donnerstag, die Bischofskonferenz habe eindeutig beschlossen, dass ihre Vertreter unter diesen Bedingungen an der Arbeit der Kommission nicht teilnehmen können. Es sei - so Herman - unmöglich mit einer Partei zu verhandeln, die im Grunde genommen eine Verbrecherorganisation und für eine der brutalsten Formen der Kirchenverfolgung in Europa im 20. Jahrhundert insgesamt verantwortlich sei. Gegen die Teilnahme eines Kommunisten an der Arbeit der Kommission sprachen sich auch die evangelische Brüdergemeinde sowie die tschechoslowakische hussitische Kirche aus.

Chef des Nachrichtendienstes abberufen

Der Direktor des tschechischen Nachrichtendienstes Karel Vulterin will sich zu seiner Abberufung nicht äussern. Dies liess er heute durch die Vermittlung seines Sprechers Jan Subert ausrichten mit dem Verweis darauf, er habe kein Interesse an direkten Kontakten zu den Journalisten. Ausführlicher befassen wir uns mit diesem Thema im aktuellen Block im Anschluss an die Nachrichten.

Kommission für Massenmedien

Die Abgeordnetenkommission für Massenmedien wird sich auf ihrer Sitzung u.a. mit den Vorbereitungen des Pressegesetzes beschäftigen. Der Vorsitzende der Kommission Ivan Langer informierte darüber, die Kommission werde auch die Frage eines neuen Fernsehsenders für Prag diskutieren.

Banken - Kaftan

Tschechische Banken sollten in ihrem eigenen Interesse an dem Sanierungsprogramm für tschechische Unternehmen teilnehmen. Dies erklärte der Chef der Bankaufsicht der tschechischen Nationalbank Ota Kaftan gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Der Sinn des Revitalisierungsprogramms, das vom Kabinett ausgearbeitet wird, ist es, die Bedingungen für eine effektive Privatisierung der Unternehmen vorzubereiten, die mit der sog. Kuponmethode formal privatisiert wurden und jetzt Probleme haben. Wie Vizepremier Pavel Mertlík erklärte, kann nur ein enger Kreis von Unternehmen diese Möglichkeit nutzen.

Grossbritannien - Roma

Die Bemühungen des tschechischen Kabinetts um die Verbesserung der Lage der Roma sind am Mittwoch vom britischen Vizeinnenminister Mike O Brien gewürdigt worden. Nach den Gesprächen mit dem tschechischen Aussenminister Jan Kavan in London erklärte er, Grossbritannien habe nicht die Absicht, in absehbarer Zeit die Visapflicht für die Tschechische Republik einzuführen. Jan Kavan erklärte nach seinen Gesprächen mit der britischen Vizeaussenministerin Joyce Quin, Grossbritannien sehe keine Probleme, die den Beitritt der Tschechischen Republik in die EU gefährden könnten. Kavan traf in London privat auch mit seinem britischen Amtskollegen Robin Cook zusammen, mit dem er u.a. über die Einberufung einer internationalen Kosovo- Konferenz diskutierte. Grossbritanien habe - so Kavan nach dem Treffen - den Vorschlag des tschechischen Staatspräsidenten zur Einberufung einer Friedenskonferenz über Kosovo inoffiziell unterstützt.

Sedivy - Bulgarien

Der Generalstabschef der tschechischen Armee Jirí Sedivý hat am Mittwoch in Sofia einen Vortrag über die Integration der Tschechischen Republik in die NATO gehalten. Mit dem Vortrag eröffnete Sedivý seinen zweitägigen offiziellen Besuch in Bulgarien. Sedivy wird noch mit dem bulgarischen Verteidigungsminister Georgi Ananiev und mit dem Generalstabschef der bulgarischen Armee Micho Michov Gespräche führen.

Spidla - Basta

Die Ansicht des Premiers und CSSD-Vorsitzenden Milos Zeman, dass es möglich wäre, den sog. Oppositionsvertrag, der nach den Wahlen zwischen der CSSD und der ODS abgeschlossen wurde, zu vertiefen, wird nicht von allen Mitgliedern des sozialdemokratischen Kabinetts unterstützt. Dagegen sind der Vizevorsitzende der CSSD und der Regierung Vladimir Spidla sowie Minister Jaroslav Basta. Spidla erklärte, seiner Meinung nach sei es nicht notwendig, den Vertrag näher zu spezifizieren. Basta meinte, der Begriff der Vertiefung sei ihm unklar und er vermisse dessen genaue Definition. Der Sprecher der Demokratischen Bürgerpartei-ODS Lukas Herold bestätigte, dass Zemans Vorschlag auch den ODS-Vertretern nicht völlig klar sei, auch wenn die ODS Verhandlungen über die eventuelle Präzisierung des Vertrags nicht ablehne.

Vlacil

Nach einer langen Krankheit ist gestern im Alter von 75 Jahren der namhafte tschechische Filmregisseur Frantisek Vlácil gestorben. Zu seinen berühmtesten Filmen gehörten: Markéta Lazarová oder Adelheid. Sehr fruchtbar war Vlacils Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor und Schriftsteller Vladimír Körner.