Passionsspiele in Horice/Höritz
Maria und Joseph haben ihrem neugeborenen Sohn Jesus in einem Stall auf Stroh gebettet, die Hirten sehen zum Himmel und erblicken einen Stern. Ein Szenario aus der Osterzeit? Weit gefehlt! Mitten im Hochsommer finden im kleinen südböhmischen Städchen Horice/Höritz österliche Passionsspiele mit dem Namen "Passionsspiel von den letzten Tagen und vom Leiden Jesu Christi" statt. Das ganze spielt sich auf der Bühne eines Amphitheaters ab, die 60 Schauspieler sind fast ausschließlich Laiendarsteller, zumeist stammen sie aus Horice selbst.
Die Höritzer Passionsspiele haben eine bis ins 13. Jahrhundert reichende Tradition. Diese wurde zum ersten Mal durch den ersten Weltkrieg unterbrochen und zum zweiten Mal im Jahre 1948 auf Grund der Machtübernahme der Kommunisten in der damaligen Tschechoslowakei, die die Passionsspiele als der kommunistischen Ideologie nicht entsprechend bezeichneten und schließlich verboten. Bis zum Jahre 1939 wurden in Horice die Passionsspiele auf deutsch aufgeführt, ab dem Jahre 1936 durch eine tschechische Übersetzung ergänzt. Als im Jahre 1936 das Nazi- Regime die Spiele in Oberammergau verbot, wurde Horice sogar zum Hauptträger der alten Tradition. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die meisten Bewohner von Horice vertrieben und die tschechischen Neuansiedler versuchten, die alte Tradition wiederzubeleben. Es wurde allerdings nur zwei Jahre gespielt und dann war es für die nächsten 40 Jahre aus, da die Menschen dem Vorschlag der Kommunisten, Jesus in die Landwirtschaftliche Produktionsgesellschaft eintreten zu lassen, nicht zugestimmt haben. Nach der Wende war die Idee, die Passionsspiele erneut aufzuführen, wieder da und dieses Jahr werden die Spiele bereits zum achten Mal aufgeführt.
Haben die Bewohner von Horice immer noch soviel Elan, die Passionsspiele aufzuführen, wie es nach der Samtenen Revolution der Fall war? Das fragten wir den Vizebürgermeister von Höritz und gleichzeitig Leiter der Stiftung für die Wiederbelebung der Passionsspiele, Frantisek Bublik:
"Immer, wenn ich am Ende der Saison die Darsteller frage, ob auch im nächsten Jahr die Passionsspiele aufgeführt werden, ist es leise, keiner sagt: Ich werde nicht mehr mitspielen. Die Tradition muss weiter bestehen bleiben, sie darf nicht untergehen. Denn nicht nur ich müsste mich dafür schämen, sondern alle Bewohner von Höritz und ganz Tschechien."
Wenn Sie Lust bekommen haben, liebe Freunde, sich die Höritzer Passionsspiele anzusehen, können Sie dies immer Samstags und zwar am 12., 19. und 26. August tun. Die Vorstellungen beginnen jeweils um 17 und 20h30. Gespielt wird bei jedem Wetter, denn der Zuschauerraum ist überdacht.