Horice

Jungfrau-Maria-Geburt-Kirche in Horice (Foto: Jirka23, CC BY-SA 3.0 Unported)

Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, zu einer weiteren Ausgabe von Regionaljournal, der letzten in diesem Jahr. Nachdem wir in der vergangenen Ausgabe - von Cesky Krumlov aus - die Quizreihe der Tschechischen Inspiration beendet haben, die uns seit acht Monaten in dieser Rubrik begleitet hat und deren letzte Gewinner in der ersten Sendung im neuen Jahr verkündet werden, laden wir Sie heute in eine viel weniger bekannte Stadt ein, die für die meisten von Ihnen, liebe Freunde, wahrscheinlich ganz unbekannt ist. Wir begeben uns Richtung Nordost, Richtung Krkonose/Riesengebirge, werden aber im Vorgebirge anhalten. Wo, erfahren Sie gleich von meinen Kollegen Silja Schultheis und Dagmar Keberlova.

Jungfrau-Maria-Geburt-Kirche in Horice  (Foto: Jirka23,  CC BY-SA 3.0 Unported)
Als wir in Horice, einer malerischen Kleinstadt im ostböhmischen Vorgebirge angekommen sind, hat sich keiner vom Team vom Radio Prag ausgekannt. So sind wir gleich zur besten Begleitung, ins Informationszentrum der Stadt, aufgebrochen. Dort wartete schon unsere Begleiterin, Frau Michaela Beckrova. Horice schien uns auf den ersten Blick gar nicht so alt als Stadt, da haben wir uns aber getäuscht:

"Erste schriftliche Erwähnung von Horice stammt aus dem Jahre 1143. Die ursprüngliche Besiedlung stammt aus der Steinzeit. Früher befand sich die Siedlung auf dem Berg Gothard, wo eine Festung war. Dann wurde eine zweite Festung hier, wo die Stadt jetzt liegt, gegründet und die Siedlung verschob von dem Berg Gothard in die Ebene. Diese zweite Festung gibt es noch, die ist jetzt inmitten des Schlösschens eingeschlossen."

Diese kann aber nicht besucht werden, da das Schloss nun der Waldverwaltung gehört. Der Berg Gothard sei heute der berühmteste Teil von Horice, weil sich hier die meisten Kunststücke befänden. Auch viele Skulpturen wären vor Ort, führt Frau Beckrova weiter aus:

"Derzeit ist auf dem Berg Gothard auch ein Skulpturensymposium, 88 Plastiken stehen frei in der Landschaft herum, auch eine Galerie ist oben sowie der berühmte Portal von dem alten und neuen Friedhof. Am Berghang gibt es dann die Smetanas Allee, wo die 11 schönsten Skulpturen überhaupt sind."

Die Bildhauersymposien haben in Horice eine lange Tradition, erzählt Frau Beckrova weiter. Bereits in den 50er Jahren fanden die ersten statt und sie gehen bis in die heutigen Tage. In Horice an sich entstand die erste Skulptur bereits im Jahre 1910, also die Bildhauerkunst hat hier wirklich eine sehr lange Geschichte.

Unter den Autoren finden wir die bekanntesten Namen wir Stursa und Kocian. Horice sind für die Förderung von Sandstein berühmt. Sind die hiesigen Skulpturen aus diesem Sandstein angefertigt?

"Ja, richtig. Die absolute Mehrheit unserer Skulpturen sind aus dem hiesigen Sandstein angefertigt, dessen Fundstelle in der Nähe von Horice, in Chlumy ist. Heute wird der Sandstein hier nicht mehr gefördert."

Der Sandstein ist so berühmt, dass man ihn fast überall finden kann. Wo vor allem? Hierzu weiter Frau Beckrova:

"Im Grunde praktisch überall. Unter anderem in der St. Veits - Kathedrale, wo auch einige Werke aus dem Sandstein von Horice zu finden sind. Abgesehen von Prag fast in ganz Tschechien, weil der Sandstein von hier sich durch die beste Qualität auszeichnet, lässt sich gut bearbeiten und gleichzeitig ist der fest genug."

Die Menschen in Tschechien kennen Horice aber mehr als für seinen Sandstein für eine Süßigkeit, und zwar die Röhrchen von Horice. Als wir in die Stadt gefahren sind, haben wir auch einige Herstellergeschäfte gesehen. Weiß Frau Beckrova wie viele es hier gibt?

Masarykturm in Horice  (Foto: Lysippos,  CC BY-SA 3.0 Unported)
"Die genaue Zahl von Herstellern kann ich ihnen nicht sagen. So ca. an die 10 größten. Mit der Entstehung der Tradition der Röhrchen von Horice verbindet sich eine Legende. Napoleons persönlicher Koch, als dessen Armee über Horice flüchtete, blieb in Horice, weil er schwer verwundet war. Hier wurde er von einer alten Tante gepflegt und er wusste nicht, wie er ihr für die Rettung seines Lebens danken könnte, so hat er ihr das Geheimnis der Herstellung Napoleons beliebtester Speise verraten und das waren gerade unsere Röhrchen. Sie begann es dann, zu Hause zu backen, dann verbreitete sich die Rezeptur in Horice und heute ist es schon ein gutes Geschäft."

Ob diese Spezialität Frau Beckrova auch schmeckt?

Röhrchen
"Ja natürlich, da wäre ich doch nicht eine gute Patriotin von Horice, wenn mir diese nicht schmecken würden."

Wie schmecken sie aber eigentlich, denken wir uns, da wir sie noch nicht gekostet haben. Frau Beckrova gab uns eine genaue Beschreibung, auch für Sie liebe Hörerinnen und Hörer, im Ausland:

"Das Röhrchen wird eigentlich aus einem ganz normalen Oblatenteig gemacht, die in die Form eines Röhrchens gerollt wird. Noch davor allerdings wird sie mit Butter, Zucker, Zimt und Nüssen bestrichen. Heutzutage werden auch dünnere Röhrchen produziert, die dann mit einer Creme-Füllung gefüllt werden. Diese hat die verschiedensten Zutaten, Vanille, Kakao, Nüsse, Kokos, Erdbeeren, Schokofüllung."

Klingt sehr lecker, nicht wahr? Wir wollten uns auch gleich eine Packung kaufen, aber da enttäuschte uns Frau Beckrova, weil sie im Informationszentrum nur leere Schachteln ausgestellt hatte. Wir müssten auf unserem Rückweg bei einer Konditorei anhalten und uns dort ein paar Packungen besorgen.

Hořice  (Foto: Prazak,  CC BY-SA 3.0 Unported
Horice haben heute an die 10 000 Bewohner. Wo die Menschen hier Arbeit finden? Dazu sagte uns mehr Michaela Beckrova:

"Der größte Arbeitgeber hier in der Region ist Mileta. Diese Fabrik ist ein traditioneller Hersteller von den Taschentüchern in Horice. Derzeit produziert sie auch Stoffe beispielsweise für Hemde, da die enge Spezialisierung für Mileta fast verhängnisvoll war. Sie musste daher ihr Sortiment erweitern und jetzt geht es wieder gut. Dan gibt es noch eine weitere Industriefirma, die derzeit etwas Schwierigkeiten hat, und noch der ehemaliger Hersteller von tschechischen Bussen, Karosa. Aber die meisten Menschen müssen jeden Morgen in die nächsten Städte zur Arbeit fahren, also nach Jicin oder nach Hradec Kralove."

Es gibt hier auch ein Invalidenhaus, erzählt weiter Frau Beckrova, dessen Gründung weit in die Geschichte geht. Der Stifter dieses Hauses war der Adelige Jakub Jan Strossi, der das bereits erwähnte Schlösschen erbauen lies und da er keine Kinder hatte, hat er sein ganzes Vermögen der Stadt für die Erbauung des Invalidenhauses verwiesen. Doch dieses wurde zuerst in Prag in Strahov gebaut, erst später ist es hierher umgezogen. Aber Jakub Jan Strossi ist nicht die einzige berühmte Persönlichkeit, die aus Horice stammt. Zu weiteren berühmten Personen gehört der Maler von historischen Gemälden Petr Maixner, der hier geboren wurde sowie der bekannte Arzt Jan Lewit, Kinderarzt. Eine Bindung zu dieser Region hatte auch der berühmte Komponist Bedrich Smetana, denn seine Mutter stammte aus dem unweit gelegenen Miletin und seine Eltern hatten einst die Hochzeit in der hiesigen Kirche gefeiert. Eine Legende hat uns Frau Beckrova bereits erzählt, sie hat aber noch eine für uns parat:

"Es ist die Geschichte zu unserer Rübenzahlstatue auf dem Gothard Berg. Die Menschen von hier haben geglaubt, dass es der gute Geist von dieser Gegend ist, der zwei Kinder rettet, die auf seinen Händen sitzen. In Wirklichkeit war es ganz anders, Rübezahl ist böse, er ist die Verkörperung von Nazismus und er entführt tschechische Kinder in deutsche Schulen."

Die Umgebung von Horice eigne sich Frau Beckrova zufolge sehr gut für Touristik, es gebe sehr viele Wander- und Radwege. Und das unweit gelegene Krkonose/Riesengebirge kann die Touristen auch anziehen, denn dies kann von hier aus auch bequem besucht