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Präsident Havel scheidet nach fast 13 Jahren aus dem Amt/ In einer Fernsehrede dankte Havel den Bürgern für Vertrauen und Sympathie
Die Tschechische Republik ist seit Mitternacht ohne Staatspräsidenten, Präsident Vaclav Havel schied am Sonntag nach fast 13 Jahren aus dem Amt. In einer Abschiedsrede im Fernsehen dankte der Präsident den tschechischen Bürgern "für Vertrauen und Sympathie, ohne die er keine Sekunde im Amt hätte sein können". Er bitte alle, die er enttäuscht habe, um Entschuldigung, sagte Havel. Er habe Entscheidungen stets "nach bestem Wissen und Gewissen gefällt." Er betrachte es als ein "Geschenk des Schicksals", Präsident gewesen sein zu dürfen, für das er "ewig dankbar sein" werde, betonte er. Havel schloss mit den Worten: "Liebe Freunde, ich verabschiede mich von Euch als Präsident, aber bleibe als Mitbürger unter Euch."
Am letzten Tag im Amt legte der Präsident mit seiner Frau Dagmar am Sonntagvormittag Kränze am Denkmal von Tomas Garrigue Masaryk auf dem Hradschiner Platz nieder, weiter am Denkmal für die Opfer des Kommunismus im Stadtteil Motol, an den Gräbern der politischen Gefangenen im Stadtteil Dablice und am Hl. Wenzeldenkmal auf dem Wenzelsplatz. Dort warteten bei frostigem Wetter auch mehrere Menschen auf den Staatspräsidenten, um sich von ihm zu verabschieden. Präsident Havel unterzeichnete am Sonntag noch einige offizielle Dokumente und nahm den Rücktritt der Vorsitzenden des Tschechischen Statistischen Amtes, Marie Bohata, entgegen.
Havel übergibt Amtsgeschäfte an Premier Spidla und Abgeordnetenchef Zaoralek
An seinem letzten Tag im Amt übergab der Staatspräsident am Sonntagnachmittag einige seiner Vollmachten an Premier Vladimir Spidla und an den Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, Lubomir Zaoralek. Die beiden Sozialdemokraten werden das Amt bis zur Wahl eines Nachfolgers kommissarisch weiterführen. Sie versprachen, mit den Vollmachten des Staatsoberhauptes vorsichtig umzugehen.
Havel verabschiedete sich am Sonntagnachmittag von den tschechischen Soldaten, deren Oberbefehlshaber er war. Anlässlich der Zeremonie hatten sich trotz großer Kälte zahlreiche Menschen im Innenhof der Prager Burg versammelt. Sie verabschiedeten den Präsidenten mit lang andauerndem Applaus und "Es lebe Havel"-Rufen.
Das Parlament will noch im Februar, nach zwei erfolglosen Versuchen im Januar, eine dritte Runde zur Wahl eines Nachfolgers anberaumen. Die Bewerber stehen noch nicht fest. Havel kann aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mehr kandidieren.
Havel: "Aufruf der Acht" widerspricht nicht dem tschechischen Standpunkt zur Irak-Krise
Präsident Vaclav Havel hat vergangene Woche gemeinsam mit sieben europäischen Premierministern den Aufruf für eine intensive transatlantische Solidarität in der Irak-Frage unterzeichnet, weil er seinen Worten zufolge mit dessen Inhalt einverstanden ist und weil der Text nicht dem tschechischen Standpunkt zur Irak-Krise widerspricht. Dies betonte Havel am Sonntag vor Journalisten.
Bogorazova: Die vergangenen 13 Jahre sind Vaclav Havels Epoche
Die vergangenen dreizehn Jahre werden als Epoche von Vaclav Havel in die Geschichte eingehen. Dies erklärte die ehemalige sowjetische Dissidentin Larissa Bogorazova im Gespräch für die Nachrichtenagentur CTK. Bogorazova war eine der acht Demonstranten, die im August 1968 auf dem Roten Platz in Moskau gegen die Okkupation der Tschechoslowakei protestierten. Sie betonte, sie habe dank Havel begriffen, dass Politik keine schmutzige Angelegenheit zu sein brauche.
Wilhelm, Illnerova und Klener als Präsidentschaftskandidaten angesprochen
Vertreter der Regierungskoalition, die nach einem geeigneten Präsidentschaftskandidaten suchen, haben inzwischen den Rektor der Karlsuniversität, Ivan Wilhelm, deren Prorektor, Pavel Klener, sowie die Vorsitzende der Akademie der Wissenschaften, Helena Illnerova, angesprochen. Dies erklärte am Sonntag der Vizevorsitzende der Sozialdemokraten, Stanislav Gross, gegenüber der Nachrichtenagentur CTK.
Nachrichtenmagazin "Respekt": Terroristen aus Pankisi-Tal unterwegs nach Westeuropa
Terroristen mit Kontakt zum Netzwerk Al-Kaida sind nach Informationen des tschechischen Geheimdienstes auf dem Weg aus dem georgischen Pankisi-Tal nach Westeuropa. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Respekt" in seiner Montagsausgabe. Die Behörden hätten glaubwürdige Informationen von afghanischen Asylbewerbern erhalten, die sich in tschechischen Sammellagern aufhalten. Nach "Respekt"-Angaben reisen die Terroristen mit gefälschten pakistanischen, usbekischen und afghanischen Pässen.
Das Magazin bestätigt damit Berichte deutscher Medien der vergangenen Woche, nach denen dem Bundeskriminalamt (BKA) ähnliche Hinweise vorliegen, meldete die Nachrichtenagentur dpa am Sonntag. Damals hatte es geheißen, 20 mutmaßliche Terroristen wollten mit gefälschten pakistanischen Pässen nach Deutschland, Großbritannien, Tschechien und Frankreich einreisen. Es handele sich bei den mutmaßlichen Terroristen um Gefolgsleute des Paschtunen-Führers Gulbuddin Hekmatjar. Die tschechischen Geheimdienste hätten die Informationen nicht dementiert, berichtet "Respekt". Nach Angaben des Magazins haben die Prager Behörden in den vergangenen Wochen die Telefone zahlreicher islamischer Vereine abgehört. Dabei habe der Geheimdienst festgestellt, dass mehrere pakistanische und türkische Organisationen Interesse am Kauf von Waffen in Tschechien geäußert hätten. Zudem halten sich nach Angaben des Magazins mehrere Mitglieder der radikal- islamischen Hisbollah-Bewegung in Tschechien auf.
Oberbürgermeister Bem konnte Streik der Prager Straßenbahnfahrer nicht verhindern
Dem Prager Oberbürgermeister Pavel Bem ist es am Sonntagabend nicht gelungen, den Streik der Prager Straßenbahnfahrer zu verhindern. Der Streik begann am Montagmorgen. Die Straßenbahnfahrervereinigung verlangt den Rücktritt des Direktors der Prager Verkehrsbetriebe, Milan Houfek. Darüber informierte am Sonntag der Chef der Vereinigung, Antonin Dub. Die Straßenbahnfahrer verlangen außerdem die Angleichung ihrer Löhne an die Löhne der Prager Busfahrer.