Der Tschechische Rundfunk von außen betrachtet (2)
Liebe Hörerinnen und Hörer, der Tschechische Rundfunk (Cesky rozhlas) feiert dieses Wochenende sein 80jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wird sich deshalb auch die heutige Folge von "Im Spiegel der Medien" ausführlich mit dem Cesky rozhlas befassen. Im Mittelpunkt unseres Interesses wird dabei insbesondere dessen Übergang vom kommunistischen Staatsfunk zum angesehenen öffentlich-rechtlichen Medium stehen. Dazu begrüßt Sie Robert Schuster recht herzlich am Mikrophon.
Vielleicht können Sie sich, verehrte Hörerinnen und Hörer, noch erinnern, dass wir Ihnen ungefähr vor zwei Wochen versprochen haben, anlässlich des Rundfunk-Jubiläums Kollegen aus anderen Medien zu bitten, quasi einen wertenden Blick von außen auf den Tschechischen Rundfunk zu werfen. Den Auftakt besorgte damals der Journalist Jan Potucek von der Tageszeitung Lidove noviny. Heute nimmt für uns der amerikanische Journalist Jolyon Naegele den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter die Lupe. Naegele kam in den Tagen der politischen Wende als Korrespondent der Voice of America nach Prag, nicht jedoch ohne gewisse Vorkenntnisse, wie er im Gespräch mit Radio Prag erläutert. Schließlich verfolgte er schon vor 1989 von Wien aus das Geschehen und auch die Rundfunklandschaft in der damals noch sozialistischen Tschechoslowakei. Welches Bild gab der staatliche Rundfunk in der Vor-Wende-Zeit von sich?
Jolyon Naegele meint im folgenden, dass der Rundfunk nach der Wende erstaunlich bald in die neue Rolle eines demokratischen Mediums schlüpfte. So konnten seinen Worten zufolge bereits etwas mehr als eine Woche nach der großen Studentendemonstration vom 17. November die Sendungen des Tschechoslowakischen Rundfunks als objektiv bezeichnet werden. Es war die Zeit nicht nur der großen Kundgebungen, wo auf den Marktplätzen im ganzen Land Tausende Tschechen und Slowaken gegen die kommunistische Regierung protestierten, sondern vor allem eine Zeit der großen Aufbruchstimmung, die natürlich auch die ins Land angereisten ausländischen Journalisten mitriss, wie sich Naegele zurückerinnert:
Auch nachdem die Voice of America Mitte der 90er Jahre ihr Engagement in Mitteleuropa stark einschränkte, blieb Jolyon Naegele in Prag und verfolgte für einen weiteren, in früheren Zeiten verbotenen, Sender - nämlich für Radio Free Europe das Geschehen im Lande. Somit konnte er auch indirekt die Entwicklung des nach der Auflösung der Tschechoslowakei entstandenen Tschechischen Rundfunks verfolgen. Gefragt, ob sich irgendwelche Unterschiede zwischen dem öffentlich-rechtlichen Radio in Tschechien oder etwa in Deutschland oder Österreich ausmachen ließen, zögerte Jolyon Naegele lange mit einer Antwort. Dennoch ließ er sich von Radio Prag zumindest folgende Einschätzung entlocken:
Aber vielleicht seien, so Naegele weiter, die geringen Unterschiede in der Art der Berichterstattung und der vielfältigen Themenpalette ja auch ein Beleg dafür, dass etwa im Vergleich zu Deutschland oder Österreich in der tschechischen Rundfunklandschaft mittlerweile vergleichbare und somit normale Verhältnisse bestehen.
Diese Art von Normalität hat jedoch auch in einem anderen Bereich vor Tschechien nicht halt gemacht. Auch hierzulande beklagen Vertreter verschiedener Medien, auch des Rundfunks, immer wieder, dass es von Seiten der Politik Versuche gäbe, aktiv die Berichterstattung zu beeinflussen. Abschließend kommt noch einmal der langjährige Korrespondent der Voice of America in Prag, Jolyon Naegele, zu Wort:
Liebe Hörerinnen und Hörer, soweit unser heutiger Medienspiegel. Für Ihr Interesse bedankt und auf ein Wiederhören freut sich Robert Schuster.