Karel Capek als Erzieher im Schloss Chyse (Chiesch)

Karel Capek

In Westböhmen, etwa auf halbem Weg zwischen Karlovy Vary (Karlsbad) und Rakovnik, liegt das unauffällige Städtchen Chyse (auf deutsch Chiesch), das vom gleichnamigen Schloss, dem Sitz des Grafengeschlechts Lazansky geschmückt wird. Im Jahre 1917 fand hier der Schriftsteller Karel Capek für fünf Monate Zuflucht. Über seinen Aufenthalt in Chiesch und das frühere und heutige Schicksal des Schlosses hören Sie mehr in der heutigen, literarischen, Ausgabe von "Reiseland Tschechien". Im Studio warten auf Sie Markéta Maurová und Lothar Martin.

Die Gemeinde Chyse wird in schriftlichen Quellen erstmals im 12. Jahrhundert erwähnt. Ein ursprünglicher Landadelssitz wurde im 15. Jahrhundert durch eine gotische Burg abgelöst, die im 16. Jahrhundert zu einem Renaissanceschloss umgebaut wurde. Großzügige Bauaktivitäten im Städtchen und in dessen Umgebung betrafen in der Barockzeit auch das Adelshaus, das ein barockes Antlitz bekam. Aus allen diesen Etappen sind im heutigen Bau wertvolle Spuren erhalten geblieben: von gotischen Kellern, über Renaissance-Gewölbe und Portale bis zu barocken Stuckdecken und einem Deckengemälde von Petr Brandl.

1766 kaufte Graf Prokop Lazansky von Bukova, der Erbe der nahe liegenden Herrschaften Manetin und Rabstejn, im Rahmen einer Versteigerung Chiesch, und seine Familie hielt es bis 1945. In den Jahren 1823 -1868 war das Schloss im Besitz von Prokop III. Lazansky, der sich an dessen bedeutendem romantischem Umbau verdient machte. Heute finden wir in Chiesch ein pseudogotisches Schloss, das nach dem Entwurf von Ignaz Ullmann gebaut wurde.

Es ist vom Mai bis September für die Öffentlichkeit zugänglich. Neben den Schlossräumen findet man dort auch eine Ausstellung mit dem Namen "Karel Capek und die Westböhmische Region", die in Zusammenarbeit mit dem Museum für nationales Schrifttum (Pamatnik narodniho pisemnictvi) in Prag vorbereitet wurde. Auch eine Büste im Schlossgarten erinnert an den Schriftsteller. Und warum? Karel Capek weilte im Jahre 1917 in Chiesch. Er hatte seine Studien abgeschlossen und suchte nach Arbeit. Letztlich nahm er die Stelle eines Erziehers bei Graf Lazansky an. Die Familie Lazansky pflegte Prag im Sommer zu verlassen, und so traf eines Tages auch Karel Capek als Hofmeister des jungen Herrn in Chyse ein und blieb fünf Monate. Der heutige Bewohner des Schlosses, Ing. Vladimir Lazansky, hat uns erzählt, dass sich Capek nicht besonders gern an diesen Aufenthalt erinnerte, weil seine Arbeitspflichten zu viel Zeit in Anspruch genommen hätten:

"Karel Capek konnte sich z.B. nicht den Übersetzungen widmen, die er gerade vor hatte - so konnte er etwa nicht gemeinsam mit seinen Kollegen und Freunden in Prag französische Dichter übersetzen. Und wenn er sich nicht gerade mit dem jungen Knaben befassen musste, musste er dem alten Herrn Gesellschaft leisten. Er diskutierte mit ihm über die politische Lage, spielte mit ihm Schach usw. Karel Capek war sich dessen gar nicht bewusst, dass er zahlreiche bedeutende Erlebnisse aus dem Aufenthalt hier auf dem Schloss in seinem weiteren späteren Schaffen geltend machte. Besonders erkennbar ist dies in seinem Roman "Krakatit" aus dem Jahr 1923. Es handelt sich um nichts anderes als um die riesige Tragödie, die er hier auf dem Schloss Chyse erlebte, als es zur Explosion der Munitionsfabrik in Bolevec bei Pilsen kam. Dies ereignete sich am 25. Mai 1917. Karel Capek hielt sich damals bereits die dritte Woche hier auf. Und natürlich nutzte er dies im Roman "Krakatit". Er beschrieb dort auch dieses Schloss und sogar die hiesigen Dienstleute."

Das Schloss soll Karel Capek angeblich zur Verfassung noch eines Werkes inspiriert haben - des Theaterstücks "Die Sache Makropulos". Capek und sein Freund Jiri Foustka sollen einmal das ganze Schloss besichtigt und dabei ein Zimmer im Turm entdeckt haben, das nur aus dem Dachboden zugänglich war und einen schönen Ausblick bot. Sie baten den alten Grafen um Erlaubnis, dieses Zimmer für ein paar Tage zu bewohnen.

"Eines der Dienstmädchen, Marenka Havrankova, die Gefallen an Karel Capek fand, und umgekehrt, sagte ihm: "Herr Doktor, Sie haben keine Angst dort in dem Turm?" Er wunderte sich, warum er Angst haben sollte, und sie erzählte ihm eine Sage über dieses Schloss. In früheren Zeiten, sagen wir in der Barockzeit, bewohnte diese Schlossecke eine Frau von Lazany, die ein Elixier der ewigen Jugend bzw. des ewigen Lebens genossen hatte. Sie fand natürlich den physischen Tod, ihr Geist soll jedoch hier geblieben sein. Capek hat sich daran später sicher erinnert, "Die Sache Makropulos" bearbeitet einen sehr ähnlichen Stoff über eine unsterbliche Sängerin. Also diese Sage bezieht sich auf dieses Schloss."

Vielleicht haben Sie es bemerkt, dass wir über das Schloss und den Aufenthalt Karel Capeks dort mit einem Mann namens Lazansky gesprochen haben. Dies ist kein Zufall, denn 1996 haben Vladimir und Marcela Lazansky den früheren Sitz ihrer Familie gekauft und sorgen seitdem für dessen Wiedergeburt. Vladimir Lazansky hat uns mehr erzählt:

"Das Schloss wurde 1945 konfisziert, der letzte Besitzer hier auf Chyse war zuvor Prokop IV. Leider wird dies auch in der Fachliteratur als eine Ausnahme genannt, die die Regel bestätigt. Die Familie Lazansky war nämlich immer eine tschechische Familie, sogar so tschechisch, dass sie zur Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert tschechisch sprach und korrespondierte, was zu jener Zeit eine Rarität war. Und Prokop IV., der 1933 heiratete, heiratete leider eine Deutsche, die Gräfin von Königswald. 1933 verkaufte er das Lazansky-Palais in Prag und saß seitdem hier in Nordwestböhmen auf seinem Schloss Chyse. Wir wissen alle, was etwa nach 1935 im Grenzland passierte. Er hat dafür gezahlt, dass er die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Das ganze Herrschaftsgebiet hier wurde auf Grund eines der Präsidentendekrete konfisziert, und Prokop verließ Anfang Frühling 1946 dieses Land und ging in die Emigration."

Nach 1989 haben sich die Töchter des letzten Besitzers, die in England leben, für die Restitution interessiert, die jedoch nicht möglich war. Schließlich hat sich ihr Verwandter, Ing. Vladimir Lazansky zum Kauf des Schlosses entschieden, der in dessen Renovierung den gesamten Gewinn aus seiner unternehmerischen Tätigkeit investiert. Bei den Restaurierungsarbeiten wurde ein wertvolles Deckengemälde des Malers Petr Brandl aus dem 17. Jahrhundert entdeckt, das im Rahmen der Führungen besichtigt werden kann. Mit der Entstehung dieses Bildes ist eine interessante Geschichte verbunden. Im Jahre 1697 sollte Brandl ein Werk für das Karmeliter-Kloster in Prag schaffen, er verließ jedoch Prag und war diesem Auftrag gegenüber nicht besonders eifrig eingestellt. Damals half ihm der Kunstmäzen Graf Josef Vaclav Lazansky:

"Er bot Brandl sehr eigennützig Asyl im Schloss Manetin auf seiner Herrschaft. Brandl dankte ihm dadurch, dass er die St.-Barbora-Kirche in Manetin wunderschön ausschmückte, indem er das Hauptaltarbild "Die Enthauptung der Hl. Barbora" malte. Und in jener Zeit malte er auch das erwähnte Deckengemälde im Schloss Chyse. Nach 16 Jahren kehrte Brandl auf Einladung der Gräfin Marie Gabriela nach Manetin zurück. Damals erfüllte er den Wunsch des verstorbenen Josef Vaclav Lazansky und malte die Taufe Christi in der Kirche des Hl. Johannes des Täufers. Diese Region ist durch Brandls Hand deutlich gekennzeichnet und so freut es uns, dass auch wir eines seiner Bilder bei uns haben, und dass es sich dabei um eine der wertvollsten Sachen in diesem Schloss handelt."

Zum Schloss gehört auch ein 12 Hektar großer Park, der im 17. Jahrhundert gegründet wurde. Als ihn die heutigen Besitzer übernommen haben, habe er nach Worten von Vladimir Lazansky an einen Dschungel erinnert:

"Der Park wurde gereinigt. Wir haben eine bedeutende Subvention aus dem staatlichen Umweltfonds bekommen - etwa 2,8 Millionen Kronen, d.h. 60 Prozent der Kosten. Weitere 40 Prozent müssen wir freistellen. Es gibt hier viele alte Bäume, wir haben hier sogar eine etwa 430 Jahre alte Linde."

Wie Vladimir Lazansky betonte, war das Schloss immer eine Dominante der Region und spielte die Rolle eines Gesellschaftszentrums. Und diese Rolle möchte er ihm wieder zurückgeben. Im Schloss werden Ausstellungen veranstaltet, Hochzeiten gefeiert und Konzerte gegeben:

"Hier im nahen Podborany wirkt ein hervorragender Musiklehrer, Josef Basta. Mit seinen Schülern und mit Freunden machen wir hier Konzerte, z.B. Weihnachtskonzerte, Frühlingskonzerte zur Eröffnung der Saison und Herbstkonzerte zu deren Abschluss."

Soweit unser Gespräch mit dem Herrn des alten Familiensitzes in Chyse, Vladimir Lazansky. Unsere heutige Sendung wollen wir - wie üblich - mit einer Quizfrage für Sie abschließen: Auf Grund des erwähnten Theaterstücks Capeks "Die Sache Makropulos" hat ein tschechischer Komponist eine Oper verfasst. Wer war dieser Komponist? Ich wiederhole die Frage: Wer hat die Oper "Die Sache Makropulos" komponiert? Schreiben Sie uns an die Adresse: Radio Prag, Vinohradska 12, 120 99, Praha 2. Oder per e-mail an die Adresse: [email protected].

Die richtige Antwort auf unsere letzte Quizfrage lautet: Winterolympiade in Innsbruck. Wir haben nämlich gefragt, von welcher bedeutenden Sportveranstaltung der Schriftsteller und Journalist Ota Pavel im Jahre 1964 als Sportreporter des Tschechoslowakischen Rundfunks berichtet hat. Ein Gewinn in Form eines Buches geht an:

Hans Gosdschan aus Cottbus

Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Aus Prag verabschieden sich Lothar Martin und Markéta Maurová.