Sozialistische Altlasten beeinträchtigen tschechische Umwelt nach wie vor
Nur wenige Tage nach dem Volksentscheid für den EU-Beitritt der Tschechischen Republik beschloss die Prager Regierung ein Strategiepapier für Investitionen in den Sektor Umwelt. Danach sollen in den nächsten sieben Jahren 285 Milliarden Kronen (ca. 9,5 Milliarden Euro) in diesen Bereich gesteckt werden. Warum das notwendig ist, das erfuhr Radio Prag auf einer Pressekonferenz mit Umweltminister Libor Ambrozek, auf der die Medien mit den Veränderungen vertraut gemacht wurden, die der tschechische EU-Beitritt für dieses Ressort nach sich ziehen wird. Lothar Martin war für Radio Prag zugegen.
Dass die Europäische Union der tschechischen Umwelt nicht erst im Mai kommenden Jahres ein schützendes Zuhause bieten wird, sondern für deren Erhaltung und Verbesserung eigentlich schon eine feste Größe geworden ist, belegen folgende Zahlen: In den Jahren 2000 bis 2002 wurden allein durch den europäischen ISPA-Fonds 156 Millionen Euro in neun große infrastrukturelle Projekte in Tschechien gesteckt, die allesamt dem Umweltbereich zuzuordnen sind. Auch andere europäische Programme, wie zum Beispiel Phare oder die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Deutschland und Österreich halfen der hiesigen Umwelt. Die aus ihnen stammenden mehrjährigen finanziellen Zuwendungen bewegten sich mit jeweils rund 20 Millionen Euro zwar in einem etwas kleineren Rahmen, doch die böhmisch-, mährisch- und schlesischen Landschaften haben sich schon so an sie gewöhnt. Mit dem EU-Beitritt werden zwar einige von ihnen hinfällig, dafür aber wird Tschechien in den Jahren 2004 bis 2006 allein mittels des so genannten Kohäsionsfonds mit Zuwendungen von bis zu 500 Millionen Euro unterstützt werden. Eine nicht unerhebliche Summe, die vor allem in vier Bereiche gesteckt werden soll, und zwar in die geschützte Sicherstellung der Wasserversorgung und -entsorgung, in die Müllbehandlung, in die Verbesserung der Luftqualität und in die Beseitigung ökologischer Altlasten. Unter welchen Voraussetzungen, sprich: auf welchem Level im Vergleich zu den EU-Mitgliedsländern diese Aufgaben in Angriff genommen werden - das wollte ich von Umweltminister Ambrozek wissen:
"Im Bereich des Wasserschutzes, da ist die Verunreinigung des Wassers wirklich beträchtlich zurückgegangen, und zwar auf ein Zehntel des Wertes vor dem Jahr 1989. Hier haben wir, das wage ich zu behaupten, bereits ein gutes EU-Durchschnittsniveau erreicht. Im Bereich der Luftqualität haben wir weiterhin erhöhte Stickstoffemissionen zu verzeichnen. Sie liegen um etwa ein Drittel über dem EU-Standard."
Das sei auf einige immer noch vorhandene Altlasten aus der Industrieproduktion zurückzuführen, monierte Ambrozek. Die Beseitigung der ökologischen Altlasten stellt überhaupt eine der größten Aufgaben für die kommenden Jahre dar, denn so der Minister:
"Das ist ein spezifisches Problem der ehemaligen Ostblockländer, ein Problem, das in Westeuropa vermutlich schon vor 20 Jahren gelöst worden ist. Hier werden vor allem Investitionen aus dem Fonds des Nationalen Eigentums eingehen, und das in einer Höhe von immerhin 150 Milliarden Kronen (ca. fünf Milliarden Euro). Also das ist eine verhältnismäßig große Investition für die folgenden Jahre."
Das ist sie in der Tat. Also packen wir es an, und zwar ganz egal, ob der Einzelne dabei nun mehr als Tscheche oder als Europäer wahrgenommen werden will!