Innovative Abwasserreinigung: Tschechien sucht die Superalge
Wasser von Giftstoffen und Medikamentenrückständen zu befreien – das ist die Aufgabe für Algen, die derzeit an der Mendel-Universität in Brno / Brünn gezüchtet werden. Ihre Fähigkeiten sollen demnächst im Rahmen eines großen Experiments in einem Klärwerk überprüft werden.
Im Labor von Jan Veselský wachsen in verschiedenen Behältern unterschiedliche Algen. Das Ziel der Zucht ist es, die ideale Alge zu finden, um Giftstoffe und andere schädliche Substanzen aus dem Wasser zu ziehen. Getestet werden die kleinen Pflänzlein derzeit in einem Bioreaktor. Veselský erläutert:
„Hier untersuchen wir gerade, wie Antibiotika abgebaut werden können. Unter dem Bioreaktor befindet sich ein Tank, in den das teilweise gesäuberte Wasser hineinfließt. Mittels Pumpen wird es dann wieder nach oben geleitet und fließt erneut über die Algen. Dieser Vorgang wird über einige Tage hinweg mehrere Hundert oder Tausende Male wiederholt.“
In dem Bioreaktor leben aber nicht nur Algen, sondern auch Bakterien und mikroskopisch kleine Pilze. All diese Lebewesen zersetzen die gefährlichen Moleküle im Wasser in einzelne Bestandteile, die nicht mehr schädlich sind.
Wasser ist mitunter aber auch mit Schwermetallen verseucht, die von den Algen nicht zersetzt werden können. Helfen könnten die kleinen Pflanzen aber dennoch, meint Veselský:
„Sie können die Stoffe immerhin in ihren Zellen festhalten und sie dadurch aus dem Wasser entfernen“, erläutert der Biotechnologe.
Wie gut die Algen bei der Wasseraufbereitung tatsächlich funktionieren, wird derzeit noch erforscht. Erste Tests seien aber vielversprechend gewesen, meint Laborleiter Pavel Chaloupský:
„Wir haben etwa mit Paracetamol und Ibuprofen experimentiert. In fünf Tagen konnten 80 Prozent der Stoffe abgebaut werden.“
In Flüssen und Bächen schaden aber nicht nur Medikamentenrückstände der Umwelt. Auch Düngemittel von Feldern stellen eine Gefahr dar – unter anderem, da sie Phosphor und Stickstoff enthalten. Diese beiden Stoffe begünstigen die Entstehung von Cyanobakterien und Blaualgen – durch die die Wasserqualität massiv leiden kann. Chaloupský betont allerdings, dass seine Reinigungsalgen auch dahingehend Abhilfe schaffen könnten:
„Bei Phosphor geht alles sehr schnell, innerhalb weniger Stunden können wir 90 bis 95 Prozent entfernen. Der Abbau von Stickstoff dauert länger. In rund einer Woche entfernen die Algen 80 Prozent.“
Die Forscher rechnen derzeit damit, dass ihre Algen in Kläranlagen als letzter Reinigungsschritt eingesetzt werden könnten. Demnächst wolle man deshalb einen ersten Feldversuch starten, sagt Chaloupský:
„Wir kooperieren mit der Kläranlage von Židlochovice bei Brünn. Die ersten Experimente dort sollen noch vor Ende des Jahres beginnen.“
Die Forscher von der Mendel-Universität ziehen auch in Erwägung, die Algen nach dem Klärvorgang als Brennstoff in Biogasanlagen zu recyceln. Zudem könnten die ausgedienten Unterwasserpflanzen – positive Sicherheitschecks vorausgesetzt – als Düngemittel eine weitere Verwendung finden.