UNO zeichnet Tschechien mit dem „Wasser-Oscar“ aus
Tschechien hat den „Wasser-Oscar“ bekommen. Dies ist keine Trophäe, und er wird auch nicht für Dokumentarfilme vergeben, in denen es etwa um das kühle Nass geht. Vielmehr erkennt die UNO damit jene Fortschritte an, die ein Land beim Thema Trinkwasserversorgung und Gewässerschutz macht. Die Details zu dieser Auszeichnung haben wir mit Umweltminister Petr Hladík (Christdemokraten) besprochen.
17 Ziele haben die Vereinten Nationen (UNO) vor neun Jahren formuliert, um die Welt bis 2030 nachhaltiger zu machen. Diese dienen auch der Regierung Tschechiens als Leitfaden, und für einige der Bereiche ist vor allem das Umweltministerium zuständig. Es wird derzeit von Petr Hladík geleitet. Anlässlich der Verleihung des „Wasser-Oscars“ gab er Radio Prag International ein Interview. Einleitend erläuterte er:
„Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung betreffen die drei Grundsäulen des sozialen, ökonomischen und ökologischen Fortschritts. Das Thema Wasser kommt in mehreren Bereichen vor. Am wichtigsten ist dabei aber das Ziel Nummer sechs mit dem Titel 'Sauberes Wasser und Sanitär-Einrichtungen'.“
Dieses Ziel stand im Mittelpunkt des Hochrangigen Politischen Forums zu nachhaltiger Entwicklung (HLPF) Anfang Juli in New York. Dieses zweiwöchige Treffen wird jedes Jahr von der UNO ausgerichtet, um die Zwischenbilanz einzelner Nachhaltigkeitsziele zu überprüfen. Diesmal seien für Tschechien die Beratungen der Unterorganisation UN Water von besonderer Bedeutung gewesen, berichtet Hladík. Die Delegation aus Prag, der auch Vertreter der Ministerien für Regionalentwicklung und für Landwirtschaft angehörten, stellte dort die Fallstudie der hiesigen Regierung vor. Und dafür hat Tschechien, neben Jordanien und Kambodscha, den diesjährigen „Wasser-Oscar“ bekommen…
„Dies ist ein inoffizieller Name, den wir für die Auszeichnung benutzen. UN Water wählt dafür jedes Jahr drei Staaten aus und honoriert den größten Fortschritt beim Nachhaltigkeitsziel Nummer sechs. Das berücksichtigt nicht nur die Verbesserungen beim Trinkwasser und dem Sanitärsystem, denn die meisten Staaten auf der Welt kommen in diesen beiden Punkten voran. Das sechste Ziel beinhaltet aber ganze elf Kriterien. Dabei geht es etwa auch um den Schutz von Wasserquellen oder die internationale Zusammenarbeit. Tschechien hebt sich dadurch hervor, dass es sich in allen Kriterien verbessert hat.“
Damit wurde Tschechien als erstes Land in Europa mit dem „Wasser-Oscar“ bedacht. Diese Ehrung zur schnellen Umsetzung des UN-Nachhaltigkeitsziels Nummer sechs gibt es seit 2022. Die ersten drei ausgezeichneten Länder waren Costa Rica, Pakistan und Senegal, im vergangenen Jahr standen Singapur, Ghana und Brasilien im Mittelpunkt. Eine Trophäe werde aber nicht übergeben, so Hladíks Hinweis:
„Gegenstand der Anerkennung ist die Fallstudie, die alle Aspekte beschreibt, in denen das Land gut ist. Diese Studie wird dann öffentlich für alle anderen Staaten der Welt als Beispiel guter Praxis präsentiert.“
So ist nun auch Tschechiens Fallstudie in englischer Sprache auf der Website von UN Water einsehbar und wird bei internationalen Treffen als Druckerzeugnis verteilt.
Tschechen gehen mit Wasser sparsam um
Ein Viertel der Weltbevölkerung hat keinen dauerhaften Zugang zu sicherem Trinkwasser, so die UN-Statistik. Das sind etwa zwei Milliarden Menschen. Und etwa doppelt so viele Menschen, also die Hälfte der Weltbevölkerung, haben nicht immer saubere Sanitäreinrichtungen zur Verfügung. In Tschechien gehört diese Ausstattung hingegen zum Alltag. Der Umweltminister hat genaue Zahlen:
„In Tschechien sind fast 98 Prozent der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser versorgt. Im Vergleich dazu waren das 1989 nur 82 Prozent. Aus weltweiter Sicht sind dies eindeutig beneidenswerte Zahlen. Auch beim Thema Anschluss an die Kanalisation liegt der Anteil heute bei fast 90 Prozent. Im Jahr 1989 waren es noch 79 Prozent.“
Darüber hinaus zeichnet sich die hiesige Bevölkerung laut Hladík dadurch aus, dass sie sparsam mit Wasser umzugehen wüsste…
„Herausragend ist Tschechien beim Prokopfverbrauch von Trinkwasser. Weltweit weisen wir einen der niedrigsten Werte auf. Ähnlich ist es auch bei dem Leitungsverlust von Trinkwasser im Versorgungssystem. Dabei sind wir auf unter zehn Prozent Schwund im gesamten Röhrennetz gelangt. Zum Vergleich sei gesagt, dass der Verlust in anderen europäischen Ländern oft bei 40 oder 50 Prozent liegt. Tschechien bewegt sich hinsichtlich dieses Kriteriums also an der weltweiten Spitze.“
Dass in Privathaushalten und öffentlichen Gebäuden sauberes Wasser aus den Hähnen fließt, ist nur einer von zwei Hauptaspekten beim „Wasser-Oscar“. Der zweite betrifft natürliche Vorkommen. In Tschechien habe sich die Wasserqualität in Flüssen und den zugehörigen Ökosystemen sehr stark verbessert, betont Hladík. Die Regierung führe dafür eine ganze Reihe von Maßnahmen durch:
„Für das Umweltministerium und für mich persönlich hat das eine hohe Priorität. Wir haben die Novelle zum Wassergesetz durchgebracht, die zum Beispiel ein Online-Monitoring der größten Verschmutzer einführt, etwa in der Chemieindustrie oder bei Papierfabriken. Weiter wurde verankert, dass für jegliches Wasser, was in diesen Produktionsprozessen in die Flüsse abgelassen wird, ein Register aller Ableitungsrohre erstellt wird.“
So sollen hierzulande Katastrophen wie etwa die Cyanid-Verseuchung des Flusses Bečva, durch die vor vier Jahren fast 39 Tonnen Fisch verendeten, künftig verhindert werden. Entsprechend sei auch das Strafmaß für den Verstoß gegen die Vorgaben erheblich erhöht worden, wirft der Minister ein und ergänzt:
„Beispiele für eine verbesserte Wasserqualität gibt es viele, so etwa die Flüsse Sázava, Ohře oder Morava. Oder aber die Bílina, die vor 30 Jahren noch eine tote Kloake war. Heute ist sie wieder ein Fluss, in dem sogar Krebse zu sehen ist. Dies ist ein bedeutendes Beispiel dafür, wie sich die Wasserqualität hierzulande verbessert hat.“
Und im Zusammenhang mit der Landwirtschaft erwähnt Hladík, dass die Rasenstreifen an Wasserläufen nun mindestens sechs Meter breit sein müssten. Auf dieses Gebiet dürften weder chemische Sprühmittel noch Dünger gelangen. Und der Puffer verhindere außerdem, dass der Feldboden in das anliegende Flussbett geschwemmt werde, so der Umweltminister.
Lokale Wasseraufbereitung fördern
Die Auszeichnung mit dem „Wasser-Oscar“ bedeutet für die tschechische Regierung nun nicht, sich auf dem bisher Erreichten auszuruhen. Vielmehr gehe die Arbeit kontinuierlich weiter, sagt der Umweltminister. Derzeit werde die Novelle des Wasser-Gesetzes umgesetzt, die am 1. Juli in Kraft getreten ist. Dazu gehörten etwa Schulungen der Beamten in der Wasserverwaltung. Hladík fährt fort:
„Parallel dazu gehen wir aber schon weitere Probleme an. So etwa die mangelhafte Filterung von Phosphor. Dies wird im Sommer immer an dem Algenbefall sichtbar, der die Stauseen und Teiche grün färbt. Daneben geht es um die Aufbereitung des Abwassers in Städten. Stichpunkte hierbei sind die ganzen neuen Schmutzmittel wie Antibiotika, Arzneimittel, Verhütungsmittel oder Mikroplastik.“
Das Ministerium müsse zudem auf die extremen Wetterlagen der letzten Jahre reagieren, wie etwa häufigeren Starkregen. Damit dabei das Abwasser, das aus den Kanälen tritt, nicht mehr in die Bäche und Flüsse gespült wird, müssten sogenannte Entlastungsräume geschaffen werden, kündigt Hladík an. Und weiter:
„Zudem wollen wir die Nutzung von Heimanlagen zur Wasseraufbereitung ausweiten. Vor allem in Gemeinden mit weniger als 1000 Einwohnern gibt es ein großes Potential für lokale Initiativen. Das braucht aber klare Regeln, damit in den kleinen Orten gemeinsam Geld angelegt werden kann für eventuelle Reparaturen und Sanierungen.“
Das Umweltministerium sei ein großer Unterstützer für die Dezentralisierung der Kanalisation, unterstreicht der Ressortleiter noch. Das richte sich besonders an dünn besiedelte Regionen, in denen eine zentrale Anlage zu teuer wäre, sagt Petr Hladík.
Die tschechische Fallstudie ist als PDF auf Englisch auf den Seiten von UN Water einsehbar.