Universitäten in Tschechien streiken drei Tage lang fürs Klima
An neun Universitäten in Tschechien hat am Mittwoch ein Hochschulstreik für das Klima begonnen. Die Studenten sind noch bis Freitag, 17. November, im Ausstand wegen der Klimakrise, die sich ihrer Meinung nach immer weiter verschärft.
Insgesamt 21 Fakultäten aus neun tschechischen Universitäten in Prag, Brno / Brünn, Olomouc / Olmütz, Hradec Králové / Königgrätz und Pardubice / Pardubitz beteiligen sich an dem dreitätigen Klimastreik. Sie wollen darauf aufmerksam machen, dass eine auf endlosem Wachstum basierende Wirtschaft nicht mehr haltbar ist, und eine gesellschaftliche Debatte anstoßen. Jan Voves vertritt den Zusammenschluss „Universitäten für das Klima“, der den Streik organisiert hat:
„Wir wollen über eine Alternative sprechen, die demokratischer, nachhaltiger und gerechter ist. Gleichzeitig stellen wir drei Forderungen: ein Klimagesetz, die Einrichtung eines sogenannten Bürgerforums und einen anderen Indikator als das Bruttoinlandsprodukt. Und nicht zuletzt appellieren wir an die breite Öffentlichkeit, sich solchen Initiativen anzuschließen, die gesellschaftliche Veränderungen für eine nachhaltigere Zukunft anstreben.“
Das geforderte Gesetz soll eine Kontinuität der tschechischen Klimapolitik gewährleisten, unabhängig davon, wer an der Regierung ist. Laut Umweltminister Petr Hladík (Christdemokraten) wäre ein solches Gesetz zwar vor zehn Jahren sinnvoll gewesen, aber nicht jetzt. Die Klimaverpflichtungen Tschechiens seien bereits in den EU-Richtlinien und Anordnungen implementiert, betont der Minister.
Die Organisatoren der Aktion fordern auch, dass die Leistung der Wirtschaft anhand einer anderen Zahl als dem Bruttoinlandsprodukt beurteilt wird. Jan Voves nennt Wales, Island, Finnland oder Neuseeland als Vorbilder:
„Man bemüht sich in diesen Ländern, die Ökonomie auf den Wohlstand der Menschen zu auszurichten. Wir müssen das gesellschaftliche Narrativ vom Glauben an das unendliche Wachstum als Ziel der Wirtschaft umlenken in Richtung Wohlstand, gutes Leben und Nachhaltigkeit.“
Die Bürger sollen den Streikenden nach zudem mehr an politischen Entscheidungen beteiligt werden – und zwar über sogenannte Bürgerforen. In diesen sollten spezifische Probleme und wichtige Fragen unter Einbeziehung von Experten und informierten Laien aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen behandelt werden, beschreibt Voves:
„Die Bürgerforen schlagen meist Entscheidungen vor, die viel ambitiöser sind als das, was Politiker und Politikerinnen wagen. Gleichzeitig helfen sie, die Polarisierung in der Gesellschaft zu überwinden. Sie tragen dazu bei, zu umstrittenen Themen eine Diskussion zu führen und Entscheidungen zu treffen. Sie helfen, einen Konsens zu finden, und bringen die Demokratie vorwärts.“
Die Bewegung „Universitäten für das Klima“ organisiert nach einem Jahr wieder Workshops, Vorträge und Übernachtungen an den Fakultäten. Die Leitung der Karls-Universität ist mit der Besetzung der Gebäude zwar nicht einverstanden, arbeitet aber mit, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Lenka Hennebergová ist Mitglied des Rektoratskollegiums für Nachhaltigkeit:
„Aufgrund der bisherigen Verhandlungen scheinen die Studenten selbst daran interessiert zu sein, dass Bildungsaktivitäten die Aktion dominieren und es nicht zu Reibungen kommt. Das Programm ist selbst für die Nachtstunden sehr sorgfältig vorbereitet. Wir sind überzeugt, dass auch die Besetzung friedlich verläuft.“
Studierende aus Prag versammelten sich am Mittwoch unterhalb der Prager Burg, um den Streik mit einer Kundgebung gemeinsam zu eröffnen. Zu weiteren Aktivitäten gehören etwa Kurse in ökologischer Bestattung, Computerprogrammieren oder der Herstellung von Schuhen. Am Freitag werden sich die Teilnehmer des Klimastreiks an Veranstaltungen in Prag und Brünn zum Staatsfeiertag des Kampfes für Freiheit und Demokratie beteiligen. Es ist zugleich der Weltstudententag.