Drei Kulturtipps für den Sommer: die erste deutsche CD über den kleinen Maulwurf, eine Literaturausstellung im Schloss Stern und das Open-Air-Festival auf der Prager Schützeninsel

In unserem heutigen Kultursalon bietet Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, unsere Mitarbeiterin Lucie Drahonovska drei Kulturtipps an. Der erste führt uns zurück in die Kinderwelt, der zweite zum Schloss Stern im Prager Stadtviertel Brevnov und der letzte, nicht weniger poetische, auf die Prager Schützeninsel. Viel Spaß beim Zuhören.

Er ist schwarz, kuschelig, aufgeweckt und für neue Abenteuer stets offen: der kleine Maulwurf. Als 1956 der tschechische Illustator, Autor und Regisseur Zdenek Miler, das niedliche schwarze Tierchen erfand, ahnte er nicht, dass die beliebteste tschechische Zeichenfigur geboren wurde. Und das auch jetzt, in der Zeit der Computerspiele, Pokemons und Barbies. Für seine erste Maulwurfgeschichte, in der der kleine schwarze Held seine Leinenhose bekommt, gewann Zdenek Miler auf dem Filmfestival in Venedig den Silbernen Löwen. Auch die vielen weiteren Folgen, darunter "Der Maulwurf und das Auto", "Der Maulwurf und der Regenschirm" und viele andere haben Herzen vieler kleiner sowie großen Zuschauer in mehr als 80 Ländern der Welt erobert.

Seit 1972 ist der schwarze Kinderliebling als ein fester Bestandtteil der "Sendung mit der Maus" auch deutsprachigen Kindern ein Begriff. Zu den vielen Zeichentrickfilmen, Büchern und Spielen über den kleinen Maulwur f kam im Mai dieses Jahres die erste deutschsprachige CD hinzu, "Die drei Geschichten über den kleinen Maulwurf". Mehr darüber verrät die Direktorin des tschechischen Musikverlags Supraphon, Jana Gonda:

"Vor ein paar Jahren hatten wir eine Idee, dass der kleine Maulwurf eigentlich sprechen könnte. Wir haben ein kleines Kind mit niedlicher Stimme gefunden, und das Kind hat den Maulwurf sehr schön reproduziert. Und da wir wussten, dass der Maulwurf besonders in Deutschland beliebt ist, haben wir gedacht, ihn auch auf Deutsch heraus zu geben. Und das ist uns am Anfang Mai dieses Jahres gelungen und diese CD ist in Deutschland, wie ich weiß, inzwischen sehr populär."

Das Ergebnis ist eine CD, die die ersten drei Geschichten des kleinen Abenteuerers erzählt, nämlich "Wie der kleine Maulwurf zu seiner Hose kam", "Der Maulwurf und sein Auto" und "Der Maulwurf und der Regenschirm". Die Geschichte mit Otto Mellies als Maulwurf wird von Moritz Hagemann erzählt und mit der Original-Filmmusik untermalt.

Und bevor wir die Welt des kleinen Maulwurfs verlassen, hören wir uns doch eine Kostprobe aus der deutschsprachigen CD an:

Und nun, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, möchte ich gemeinsam mit Ihnen bis an den Stadtrand von Prag reisen, wo sich das Lustschloss Stern befindet. Am gleichen Ort, wo 1620 bei der entscheidenden Schlacht am Weißen Berg Waffen klirrten, ließ Erzherzog Ferdinand von Tirol nördlich der Hauptallee ein Jagdschloss mit sechsstrahligem Grundriss erbauen. Zuerst diente es seiner künftigen Frau als Wohnsitz, später wurde das Schloss als Pulvermagazin genutzt. Seit 1992 finden in dem unikaten Renaissancebau Konzerte, Literaturvorträge und Ausstellungen statt.

Eine Zeitreise, die alle Freunde des tschechischen Schrifttums erfreuen wird, biete t derzeit die im Schloss Stern laufende Ausstellung "Zaznamy casu"/"Notizen der Zeit", zur Ehren des 50. Gründungstags des Museums des tschechischen Schrifttums. Anhand von Handschriften, Dokumenten, Fotografien, Büchern und Porträten bedeutender tschechischer Literaten kann sich der Ausstellungsbesucher mit der Geschichte des Museums sowie mit der tschechischen Literatur des 20. Jahrhunderts vertraut machen. Für diejenigen Literaturliebhaber, die weitere Informationen über das Museum des tschechischen Schrifttums sowie über seine Tätigkeit und Bestände erfahren möchten, haben die Veranstalter ein Informationszentrum vorbereitet, das mit Computern ausgestattet ist. Auf diese Weise kann man schnell weitere Details über ausgestellte sowie aufbewahrte Archivalien des Museums erfahren.

Dass die Auswahl von Ausstellungsexemplaren, die eine 50-jährige Museumsexistenz dokumentieren sollen, nicht einfach gefallen ist, kann die Direktorin des Museums, Eva Wolfova, nur bestätigen:

"Man kann sagen, dass die Institution während der 50 Jahre eine riesengroße Menge von Handschriften, Bildmaterial und dreidimensionalen Gegenständen zur Entwicklung des Schrifttums und der Buchkultur in böhmischen Ländern gesammelt hat. Heute erreicht die Zahl der Sammlungen unglaubliche sieben Millionen Archivalien, Bücher, Kunstwerke usw. Es handelt sich also um ein der größten europäischen Literaturarchive mit einer Bibliothek mit über 600 Tausend Büchern. Bei einer solchen Anzahl von Materialien ist eine Auswahl natürlich sehr schwierig. Trotzdem bin ich überzeugt, dass die Autorinnen der Ausstellung wirklich gerecht werden konnten."

Ich hoffe, dass die Ausstellungsbesucher der gleichen Meinung sein werden. Die Ausstellung "Zaznamy casu"/ "Notizen der Zeit" ist im Schloss Hvezda auf dem Weißen Berg bis zum 30. Oktober 2003 zu sehen.

Und zum Schluss lade ich Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, auf eine grüne Oase mitten in Prag ein. Sie heißt "Strelecky ostrov"/"Die Schützeninsel" und gehört gemeinsam mit der "Slawischen Insel"/"Slovansky ostrov" zu den beliebten Erholugsgebieten der Prager. Doch die Salven sind auf der Schützeninsel seit langer Zeit nicht mehr zu hören. Stattdessen verwandelt sich die Insel jährlich von Juni bis Anfang September in einen regen Kulturort, an dem täglich Musik-, Film- und Kinoveranstaltungen stattfinden.

Weiße Plastikstühle, eine große Leinwand und beim schlechten Wetter ein mittelgroßes Zelt für etwa hundert Zuschauer - das ist die notwendige Ausrüstung, um ein Freilichtkino zu eröffnen. Man braucht nur eine gute Idee und eine Menge Mut. Die Brüder Josef und Pavel Cadik haben beides gehabt, und so haben sie vor zwölf Jahren einen ausgedienten Wohnwagen (auf Tschechisch "Maringotka"), zum mobilen Kino umfunktioniert. Inzwischen sind schon insgesamt acht Kinowagen unterwegs und man kann sie überall dort antreffen, wo es kinofreundliche Menschen gibt.

Zu den wenigen Betreibern des mobilen Kinematografs der Brüder Cadik gehört bereits seit Jahren auch Nikola Baranova. Sie erklärt den Sinn eines solchen Unternehmens folgendermaßen:

"Das Projekt des mobilen Kinematografs der Brüder Cadik veranstalten wir zusammen mit der Verwaltung der tschechischen Zentren in Prag. Sein Hauptziel besteht in der Propagierung der tschechischen Filme, der tschechischen Kinematografie und der Tschechischen Republik zu Hause und im Ausland. Und nicht zuletzt bietet das auch den Menschen, die keine Filfestivale besuchen, die Möglichkeit, die tschechische Filmproduktion kennenzulernen. Deshalb ist es möglich, dass Sie auch irgendwo in der Welt auf dem Marktplatz unser Kinematograf, Leinwand und tschechische Filme sehen können."

Die Dramaturgie des Prager Open-Air-Festivals ist jedoch etwas anders als die der sonstigen Projektionen: Außer tschechischen und ausländischen Kinoklassikern werden auch neue Filme gezeigt. Die täglichen Kinoprojektionen ergänzen kleine und große Konzerte. Eingeladen wurde der legendäre Gitarrenspieler Johny Winter, der sein Europa-Tourne am 19. Juli in Prag abschließen wird. Ein Tag später wird auf der Schützeninsel mit ihrer Show die Blueskapelle "The Original Blues Brothers Band" auftreten, die der eingeweihte Kinofan auch aus den beiden "Blues Brothers"-Filmen kennt. Die tschechische Musik wird von der Gruppe Echt!, dem populären Liedermacher Jiri Schmitzer und den drei Brüdern Eben vertreten. Nicht zuletzt sorgt die Sommerbar für das Wohl der Kino- und Konzertbesucher, und so kann man eine gute Sommerzeit auch mitten in Prag erleben.

Mit dem Hinweis auf die Internetseiten des Open-Air-Festivals auf der Schützeninsel - www.strelak.cz - verabschiedet sich und einen schönen Sommer wünscht Lucie Drahonovska.