Regionen: 1 Monat vor dem EU-Beitritt
Herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe des Regionaljournals. Bis zum EU-Beitritt fehlt noch knapp ein Monat und daher wollen wir uns heute einem europäischen Thema widmen. Wir laden sie in den westlichsten Zipfel der Tschechischen Republik ein, um ein wenig von der Situation in der Grenzregion zu erfahren. Gerald Schubert und Dagmar Keberlova führen durch die Sendung.
Die im westlichsten Ausläufer Tschechiens gelegene Stadt As/Asch wird am 1. Mai endlich auf der offiziellen politischen Landkarte dort sein, wo sie seit langem ist: in Europa eben. Doch wie der Bürgermeister der Stadt, Dalibor Blazek, uns gesagt hat, fühlt sich die Stadt bereits wie ein Bestandteil Europas. Dies aufgrund der regionalen Zusammenarbeit mit ihren deutschen Nachbarn. Im Jahre 2000 hat die Stadt As mit dem bayerischen Rehau und dem sächsischen Oelsnitz ein trilaterales Abkommen unterzeichnet, aufgrund dessen diese drei Städte begonnen haben, sehr eng zusammen zu arbeiten. Dies hat Interesse bei anderen Städten rund um As geweckt, und man fragte um Zusammenarbeit an. Die Stadt As hat vorgeschlagen, eine tschechisch-bayerisch-sächsischen Mikroregion zu bilden. Es handelt sich um die engste Form einer Mikroregion, die die Zusammenarbeit von Schulen, Kindergärten etc. unterstützen soll. So ist die Mikroregion namens "Freunde mitten in Europa" entstanden, ursprünglich bestehend aus 14 tschechisch-bayerisch-sächsischen Städten. Heute gibt es schon 16 Mitglieder. In dieser Form existiert der Verband seit 2001, und Bürgermeister Blazek meint, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert. Die Bürgermeister treffen sich regelmäßig, und auch auf der bürgerlichen Ebene läuft es gut:
"Die tschechisch-bayerisch-sächsische Mikroregion hat in allen ihren drei Teilen ähnliche Probleme. Diese bestehen darin, dass sie weit entfernt von ihren Zentren liegen, also von Prag, Dresden und München. "Freunde mitten in Europa" ist auch aus diesem Grund entstanden, wir wollen unsere jeweiligen Zentren auf diese Entfernung aufmerksam machen. Und selbstverständlich wollen wir gute Bedingungen für das Leben unserer Bürger schaffen."
Worauf konzentriert sich As vor allem im Rahmen dieser regionalen Zusammenarbeit?
"Eine der möglichen Richtungen der künftigen Entwicklung unserer Region ist die weitere Entwicklung des Tourismus. Unsere Stadt As kam mit der Initiative, die Informationszentren aller beteiligten Städte zusammenzuschließen und eine gemeinsame Homepage zu bilden. Diese wird die wichtigsten touristischen Attraktionen der Städte und ihrer Umgebung anbieten, einen Überblick über die gerade laufenden Aktionen, Tipps für aktuelle Ausflüge etc. An diesen Seiten arbeiten wir derzeit sehr fleißig und hoffen, dass sie so in etwa zwei oder drei Monaten in Betrieb genommen werden."
Dies ist einer der Bereiche, wo die Zusammenarbeit am stärksten wirkt. Ein weiterer ist das einander Nahebringen von Menschen, Organisationen etc., führte Bürgermeister Blazek weiter aus:
"Derzeit wird ein Konzert von Schülern von Musikschulen vorbereitet, wo alle Städte vertreten sein werden. Aus jeder Stadt sollten ein bis zwei Kinder oder Ensemble auftreten. Dieses Konzert bereitet die Direktorin unserer Musikschule gemeinsam mit ihren Kollegen aus Rehau, Oelsnitz und Selb vor. Zum ersten Mal wird das Konzert in As ausgetragen, und dann soll es in jeder Stadt unserer Mikroregion wiederholt werden."
Eine weitere Idee, die man in der Mikroregion hat, ist Kindern gewidmet. Man will für sie eine Olympiade veranstalten. In den jeweiligen Städten könnten verschiedene Teile der Olympiade ausgetragen werden, in einer Fußball, in einer anderen Schwimmen, Volleyball etc. Damit wollen sie die Bürger und verschiedene Freizeitorganisationen ihrer Städte einander näher bringen. Darin sieht Bürgermeister Blazek die Erfüllung des Ziels der Mikroregion. Dieses werde nicht als ein Treffen von Bürgermeistern angesehen, die ihren Kaffee trinken und wieder heim fahren, sondern die Mikroregion soll vor allem den Bürgern dienen. Dies gelingt vor allem dank der Aktivität der Bürgermeister von Rehau und Oelsnitz. Die Mikroregion ist auch ein Mitglied in der Euroregio Egrensis, obwohl sie manchmal als Konkurrenz dazu gesehen wurde:
"Die Gründung wurde manchmal als eine Konkurrenz zur Euroregio Egrensis angesehen, denn die Mitgliedschaften überschneiden sich. Selbst die Stadt As ist ein bedeutendes Mitglied, ich bin Vizevorsitzender des tschechischen Teils der Euroregio. Dadurch, dass die Mikroregion nicht so groß ist, kann es die konkreten Gedanken der Euroregio in konkrete Taten umsetzen."
Und wie sieht es mit dem tatsächlichen EU-Beitritt aus? Freuen Sie sich darauf? Welche Erwartungen haben Sie? Was wird sich verändern? Dazu der Bürgermeister der Stadt Dalibor Blazek:"Ich bin ein bisschen skeptisch, was Veränderungen beispielsweise für uns, für As, betrifft. Denn wir sind heute schon in der Europäischen Union. Wir arbeiten sehr eng mit unseren bayerischen und sächsischen Freunden zusammen. Daran wird sich bei uns also gar nichts ändern. Es wird sogar nichts an der Grenze ändern, die Schlangen werden wir, solange Tschechien kein Mitglied des Schengener Abkommens sein wird, weiterhin haben. Eine Frage ist, wie sich der Beitritt auf das Arbeitsangebot auswirken wird. Unsere deutschen Kollegen fürchten ein wenig, dass die Nachfrage nach gewissen Arbeiten nach Tschechien übersiedeln wird. Wir fürchten wiederum, dass die Arbeitskraft bei uns teurer wird und daher diese Arbeiten weiter in den Osten ausgelagert werden. Das kann ich nicht abschätzen. Im Jahre 1990, als die Grenzen sich öffneten, hatten wir uns davon für unsere Stadt, die 50 Jahre im Grenzgebiet war und eine 'dichte Grenze des Sozialismus und Friedens' war - und der Sozialismus hat es fast zugrunde gerichtet - viel erwartet. Diese Erwartung, dass wir endlich Mitglied Europas werden, wenn auch nicht am Papier, die wurde damals nicht erfüllt. Daher bin ich, was Erwartungen betrifft, schon vorsichtig."
Ein Vorteil ist aber unbestreitbar:
"Bestimmt sollte uns helfen, dass wir aus den Strukturfonds der EU schöpfen werden können, gerade dafür, damit wir die besser entwickelten Regionen einholen. Da wird es darauf ankommen, wie gut die tschechische Regierung und die Städte selbst vorbereitet sein werden."
Gefeiert wird am 1.Mai in As auf jeden Fall:
"Die Feiern organisiert jede Stadt für sich alleine. Also unsere Stadt hat für den 30. April ein Kulturhappening vorbereitet. Es wird dort auch ein Bierzelt geben, die Musik sollte zum Tanzen mindestens bis Mitternacht spielen. Zu Mitternacht gibt es dann ein kleines Feuerwerk. Am 1. Mai, dem Tag der tatsächlichen Erweiterung, werden sich dann die 16 Bürgermeister aller Städte der Freunde mitten in Europa offiziell an Grenze bei Nove Domy treffen, wo ein Denkmal enthüllt wird. Der Abend wird dann im Rosenthaltheater in Selb unter der Schirmherrschaft der bayerischen Regierung ihren Höhepunkt erreichen."