Hoffmann als einziger Politiker der kommunistischen Ära hinter Gitter

Karel Hoffmann (Foto: CTK)

Der ehemalige kommunistische Politiker Karel Hoffmann hat am Montag als erster und einziger Repräsentant des früheren Regimes eine Haftstrafe angetreten. Das Prager Stadtgericht sah es als erwiesen an, dass der einstige Direktor der Zentralverwaltung für Fernmeldewesen der ehemaligen Tschechoslowakei in der Nacht vom 20. zum 21. August 1968 das Telekommunikationsgesetz verletzt habe, worauf es ihn zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt hatte. Am Montag ist der inzwischen 80-jährige Hoffmann zum Vollzug seiner Haftstrafe in das Gefängnis Prag-Pankrác eingerückt. Nähere Einzelheiten von Lothar Martin.

Karel Hoffmann  (Foto: CTK)
Nun ist es also amtlich: Knapp fünfzehn Jahre nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in der ehemaligen Tschechoslowakei und der damit verbundenen politischen Wende sitzt der erste und wohl auch einzige Protagonist dieses Unrechtsstaats hinter Gitter. Es handelt sich hierbei um den heute 80-jährigen Karel Hoffmann, der in seiner kommunistischen Politkarriere eine ganze Reihe von führenden Funktionen inne hatte. So war Hoffmann von 1971 bis 1989 Mitglied des Zentralkomitees der KPTsch und langjähriger Chef der kommunistischen Gewerkschaftsorganisation ROH gewesen. Verurteilt wurde er jedoch für eine Straftat, die er in seiner Funktion als Direktor der Zentralverwaltung für Fernmeldewesen der ehemaligen Tschechoslowakei begangen hatte: Die Sabotage des Telekommunikationsgesetzes, indem er unmittelbar nach dem Einmarsch der Sowjetarmee und der sie unterstützenden Truppen der Warschauer Paktstaaten in der Nacht vom 20. zum 21. August 1968 die Abschaltung des Tschechoslowakischen Rundfunks veranlasst hatte. Damit habe Hoffmann angeblich versucht, die Verbreitung von die Okkupation verurteilenden Meinungen legaler Organe zu verhindern. Eine Tatsache, die zwischenzeitlich zwar als Landesverrat eingestuft wurde, die jedoch in keinem Verhältnis zu den tatsächlich begangenen Verbrechen während der Niederschlagung des "Prager Frühlings" im August 1968 stehe. Dies findet jedenfalls Staatspräsident Václav Klaus, der derzeit am Überlegen sei, den greisen Ex-Politiker zu begnadigen. Klaus begründete das mit diesen Worten:

"Man sollte über diejenigen richten, die den Befehl zum Einmarsch der Armeen gaben. Mir kommt es schon etwas absonderlich vor, dass ich nach 36 Jahren Jemanden ins Gefängnis schicke, der das Telekommunikationsgesetz verletzt hat. Ich denke, das ist doch etwas völlig anderes, als eine halbe Million Soldaten in Marsch zu setzen."

Karel Hoffmann hat am Montag seine Haftstrafe physisch angetreten  (Foto: CTK)
Aber noch weitere Gründe bewegen das Staatsoberhaupt, eine Begnadigung in der Tat ernsthaft in Betracht zu ziehen. Noch nie seien so viele Begnadigungsgesuche für einen Verurteilten beim Präsidenten eingegangen wie im "Fall Hoffmann", hieß es aus der Präsidialkanzlei. Und zum zweiten sei Hoffmann mit seinen 80 Jahren der absolut älteste Inhaftierte, der je in einem hiesigen Gefängnis eingesessen ist. Noch aber steht die Entscheidung des Präsidenten aus, und so hat Hoffmann am Montag seine Haftstrafe dann auch physisch angetreten. Nicht aber ohne zuvor auf einer eigens von ihm einberufenen Pressekonferenz noch einmal deutlich zu machen, worum es ihm gehe:

"Ich habe nicht um Gnade gebeten, sondern ich fordere Gerechtigkeit."

Diese Gerechtigkeit hätten die Opfer der kommunistischen Diktatur auch gern erfahren. Angesichts der Tatsache, dass Hoffmann nun allerdings als einziger "Sündenbock" für die Vergehen dieser Ära herhalten soll, ist seine Forderung jedoch nur allzu verständlich.