Ex-Politiker Hoffmann nach nur 25 Tagen Haft wieder auf freiem Fuß

Ex-Politiker Hoffmann wieder frei... (Foto: CTK)

Am vergangenen Freitag ist der ehemalige kommunistische Politiker der Tschechoslowakei, Karel Hoffmann, nach nur 25 Tagen aus seiner vierjährigen Haft im Gefängnis Prag-Pankrác entlassen worden. Der Gesundheitszustand des 80-Jährigen habe sich derart verschlechtert, dass eine Fortsetzung des Strafvollzugs für ihn "fatale Folgen" haben dürfte, hieß es in dem zur Begründung seiner Entlassung vorgelegten Arztbericht. Mit der weiteren Haftverschonung endet de facto auch das Kapitel der juristischen Aufarbeitung der 1968 verübten Okkupation der Tschechoslowakei und der nachfolgenden Epoche der Normalisierung. Hören Sie dazu einen Beitrag von Lothar Martin.

Ex-Politiker Hoffmann wieder frei...  (Foto: CTK)
August 1968. Mit dem Reformprogramm des "Prager Frühlings" will sich die damalige Tschechoslowakei einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" schaffen und wirtschaftlich den angestrebten "dritten Weg" beschreiten". Doch die Politeliten in Moskau und den anderen Warschauer Paktstaaten haben etwas dagegen und schicken ihre Panzer und Soldaten. Gemeinsam zerschlagen sie den auf mehr Freiheit und Selbstständigkeit beruhenden Traum der Tschechen und Slowaken, auch bzw. gerade weil ihnen politische Günstlinge in Prag und Bratislava dabei helfen. Aus ihnen geht danach die von Moskau gewünschte Nomenklatura der so genannten "Normalisierer" hervor - eine politische Oberschicht, deren Protagonisten die progressiven Ideale der eigenen Landsleute quasi verraten haben. Eine Tatsache, die nach der heutigen demokratischen Rechtssprechung dem Strafbestand des Landesverrates ziemlich nahe kommt. Dieses und ähnliche Strafvergehen haben sich die meisten der nach 1968 die politische Macht im Lande ausübenden kommunistischen Funktionäre zu Schulden kommen lassen. Doch nur einer musste auch tatsächlich physisch dafür büßen - das ehemalige Mitglied des Zentralkomitees der KPTsch und langjähriger Chef der sozialistischen Gewerkschaftsorganisation ROH, Karel Hoffmann. Nach einer halbjährigen Hauptgerichtsverhandlung war ihm im Juni vorigen Jahres Amtsmissbrauch angelastet worden. Im Ergebnis der Berufung wurde Hoffmann dann im Oktober vergangenen Jahres zu sechs Jahren Haft aufgrund von Sabotage verurteilt. Das Prager Stadtgericht hat ihm diese Strafe später noch einmal im Einklang mit der Amnestie des Staatspräsidenten auf vier Jahre Haft abgemildert. Andere, wie der ehemalige KPTsch-Vorsitzende Milos Jakes und der Ex-Chef der slowakischen Kommunisten Jozef Lenárt hingegen waren in vollem Umfang freigesprochen worden. Und so blieb Hoffmann nichts anderes übrig, als am 9. August den Strafvollzug auch anzutreten. Allerdings in einem vom Alter gezeichneten schwachen Gesundheitszustand. Dieser habe sich inzwischen soweit verschlechtert, dass man nunmehr Hoffmanns vorzeitige Entlassung vollzogen habe. Das wurde dem Tschechischen Rundfunk gegenüber von der Vorsitzenden des Gerichtssenats, Pavla Augustinová, bestätigt:

Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
"Der Grund für die Entlassung sind gesundheitliche Komplikationen, die bei dem Verurteilten aufgekommen sind, seitdem er seine Haftstrafe angetreten hat. Seine Erkrankung, unter der er schon bei seinem Haftantritt litt, hat sich während des zurückliegenden Monats weiter verschlechtert, weil das Stressklima, dem er im Gefängnis ausgesetzt ist, einem Mann in seinem Alter abträglich ist. Die Ärzte leiten daraus ab, dass auch in Zukunft von keiner Verbesserung seines Gesundheitszustandes auszugehen sei."

Tschechiens Präsident Václav Klaus hatte sich kurz vor der Urteilsvollstreckung bereits damit befasst, den greisen Ex-Politiker eventuell zu begnadigen. Zum einen, weil er mit seinen 80 Jahren der weithin älteste Gefangene war, der in einer hiesigen Haftanstalt einzusitzen hatte. Zum zweiten, weil ihm die Tatsache, dass "Hoffmann als einziger für die dem Land nach 1968 widerfahrenen tragischen Schäden und Folgen zu büßen habe, etwas eigenartig erscheine". Aber Klaus zögerte letztlich mit seinem Entschluss so lange, bis ihm das ärztliche Gutachten die Entscheidung jetzt abgenommen hat. Und damit komplettiert sich auch das Bild, nämlich jenes, dass sich nach dem Wendejahr 1989 keine politische oder gesellschaftliche Kraft wirklich ernsthaft für die juristische Aufarbeitung der 68er Okkupation und ihrer Folgen eingesetzt hat. Dies wird nunmehr nur noch den Historikern in den Geschichtsbüchern vorbehalten sein.