Niederschlagung des Prager Frühlings: Erste rechtskräftige Verurteilung nach 35 Jahren

Karel Hoffmann, Foto: CTK

Im Zusammenhang mit der Niederschlagung des sogenannten Prager Frühlings und der Invasion des Warschauer Pakts im August 1968 wurde am Montag erstmals ein früherer kommunistischer Funktionär rechtskräftig verurteilt. Hören Sie mehr von Gerald Schubert.

Karel Hoffmann,  Foto: CTK
21. August 1968, zwei Uhr früh. Die Invasion von fünf Staaten des Warschauer Paktes in die damalige Tschechoslowakei hat begonnen, erste Schüsse fallen, es herrschen Verzweiflung und Verunsicherung. Plötzlich verstummt der Tschechoslowakische Rundfunk. Und zwar gerade, als das damals noch amtierende, reformfreudige Zentralkomitee der Kommunistischen Partei eine Erklärung verlautbaren will, die den Einmarsch verurteilt.

Der Mann, der damals für die Abschaltung des Rundfunks verantwortlich war, heißt Karel Hoffmann, ist mittlerweile 79 Jahre alt, und wurde am Montag nach jahrelangem Instanzenweg vom Oberen Gericht in Prag zu sechs Jahren Haft verurteilt. Hoffmann war im August 1968 Leiter der Zentralen Kommunikationsverwaltung gewesen, und er bestreitet auch gar nicht, in jener Nacht die Abschaltung der Sendeanlagen befohlen zu haben. Er habe damit jedoch nur die übliche technische Pause zwischen 2 und 4 Uhr früh einhalten wollen, so Hoffmann. Diese Argumentation aber ließ Richter Robert Fremr in seiner Urteilsbegründung nicht gelten:

Karel Hoffmann,  Foto: CTK
"Der Rundfunk war damals das einzige funktionierende Medium, das imstande war, die Bürger über die weitere Entwicklung der Ereignisse zu informieren. In dieser Situation auf einer üblichen technischen Pause zu bestehen, das war wirklich absurd und schlichtweg im Widerspruch zum Auftrag des Rundfunks."

Und auch das zweite Argument Hoffmanns, er habe auf Befehl des damaligen Präsidenten Ludvik Svoboda gehandelt, wurde nicht anerkannt. Die vorliegenden Dokumente, hieß es, würden allesamt darauf hindeuten, dass es keine solche Anordnung des Präsidenten gegeben habe.

Mit dem Urteil vom Montag wurde die vierjährige Haftstrafe, die im Juni ein Prager Stadtgericht verhängt hatte, um zwei Jahre erhöht. Die Anklage der Staatsanwaltschaft, lautend auf Hochverrat, konnte sich jedoch auch in dieser letzten Instanz nicht durchsetzen. Denn, so das Gericht: Die vorherige Planung seiner Handlungen, und zwar in Zusammenarbeit mit fremden Mächten, also der Sowjetunion und deren Verbündeten, konnte Hoffmann nicht nachgewiesen werden. Verurteilt wurde er statt dessen wegen Sabotage.

Karel Hoffmann,  Foto: CTK
Hoffmann selbst fühlt sich, obwohl der Hochverratsvorwurf fallen gelassen wurde, unschuldig:

"Ich bin ernüchtert. Ich habe darauf vertraut, dass vor dem Oberen Gericht endlich die Wahrheit zum Durchbruch kommt. Aber wie man sehen kann: Die Bestellung eines Urteils durch die Öffentlichkeit macht auch vor dem Oberen Gericht nicht halt."

Hoffmann ist übrigens der erste Mensch überhaupt, der im Zusammenhang mit der Niederschlagung des Prager Frühlings vor 35 Jahren verurteilt wurde. Sonst gab es durchwegs Verfahrenseinstellungen, Freisprüche, oder die Beschuldigten sind bereits gestorben. Ob Hoffmann seine Strafe je wird absitzen müssen, das ist ebenfalls fraglich. Denn obwohl das Urteil rechtskräftig ist, kann noch der Oberste Gerichtshof angerufen werden. Und auch sein hohes Alter könnte Hoffmann vor einem Haftantritt bewahren.