Brücke in die tschechisch-deutsche Zukunft

Mánes-Brücke bleibt am Samstag für den Verkehr gesperrt (Foto: Markéta Kachlíková)

Die Mánes-Brücke im Zentrum Prags ist am Samstag für den Verkehr gesperrt. Denn der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds veranstaltet dort ein Nachbarschaftsfest mit dem Titel Brücke 20.0., mit dem sein zwanzigjähriges Bestehen gefeiert wird. Radio Prag hat anlässlich des Jubiläums die Ko-Vorsitzende des Zukunftsfonds Petra Ernstberger und die für das Fest zuständige Fondsmitarbeiterin Lenka Kopřivová vors Mikrophon gebeten.

Große Feier: Die Mánes-Brücke ist am Samstag für den Verkehr gesperrt  (Foto: Markéta Kachlíková)
Frau Ernstberger, der Deutsch-Tschechische Zukunftsfond feiert in diesen Tagen sein 20-jähriges Bestehen. 1997 wurde er aufgrund der deutsch-tschechischen Erklärung und nahm ein Jahr später auch seine Tätigkeit auf. Was war damals der Schwerpunkt und mit welchem Anliegen wurde der Fonds eigentlich gegründet?

„Damals ging es darum, dass die Opfer des Nationalsozialismus entschädigt werden sollten. Dies hatte bereits Ansätze in Polen, sollte aber für die Tschechen genauso gelten. Dazu wurde der ein Verein ‚Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ gegründet. Dieser wurde damit beauftragt, diese Zahlungen durchzuführen. Es waren jedoch über 7000 Zahlungen, die verarbeitet werden mussten. Deswegen hat man als Unterstützung den Zukunftsfonds hinzugezogen. Im Prinzip war das dann die ersten zehn Jahre auch seine Hauptaufgabe.“

Danach wurde die Tätigkeit des Fonds in Richtung Zukunft ausgeweitet. Das geht ja auch schon aus dem Namen hervor. Wie ging es also weiter?

Von Entschädigungen zum Jugendaustausch

Petra Ernstberger | Foto: Archiv des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds
„Damals haben wir im Deutschen Bundestag dafür gekämpft, dass die auswärtigen Ämter Tschechiens und Deutschlands erneut finanzielle Mittel in ihrem Haushalt bereithalten dürfen für eine Stiftung, die hier in Prag nach tschechischem Recht gegründet worden war. Mit diesen Geldern sollte wirklich etwas für die Begegnung von Mensch zu Mensch organisiert werden. Daraus haben sich bis heute mehrere Zehntausend Projekte ergeben. Das geschah durch die Unterstützung der beiden Staaten, aber auch durch Eigenleistungen der Projektträger.“

Können Sie einige konkrete Projekte nennen?

„Es ist ein ganz buntes Programm, zum einen Schülerbegegnungen beziehungsweise Gastschulaufenthalte in den Ländern. Es gibt auch eine Begegnung von Vereinen und Verbänden, die etwas zusammen machen wollen, sowie Städtepartnerschaften. Des Weiteren werden kulturelle Ereignisse gefördert, bei denen sich Musikerinnen und Musiker treffen, um gemeinsam zu proben und eine gemeinsame Aufführung zu planen. Außerdem wird der Sport unterstützt, genauer Jugendliche, die sich zum Fußballspielen treffen. Wir haben sogar eine deutsch-tschechische Fußballmannschaft, die wirklich eingetragen ist. Zu den kulturellen Dingen gehört um Beispiel das Übersetzen von tschechischer Literatur ins Deutsche, damit auch diese mehr bekannt wird. Es gibt Festivals, das Theaterfestival der deutschen Sprache etwa oder auch das Berlin-Prag-Festival. Gefördert werden ebenso Seminare und Workshops, bei denen die Menschen zusammen an gemeinsamen Themen arbeiten. Dort treffen immer Deutsche und Tschechen zusammen.“

Der Zukunftsfonds wurde eigentlich durch die Entscheidung hochrangiger Politiker gegründet. Glauben Sie, dass seine Tätigkeit heute ein Beweis dafür ist, dass auch eine Entscheidung von oben gesellschaftlich funktionieren kann?

„Es wurde damals so angelegt, das ist richtig. Die große Basis an Vertrauen zwischen unseren beiden Staaten und zwischen den Menschen geht auf die Verantwortung zurück, die die Menschen durch ihre Initiativen selbst übernommen haben. Diese sind auf uns zugekommen und haben etwa gesagt: ‚Wir möchten etwas verändern, wir möchten die Via Carolina gestalten und möchten zeigen, dass wir gemeinsame Handelswege hatten.‘ All diese Dinge und die Menschen, die die Motoren sind, um etwas anzutreiben, unterstützen wir. Damit hat sich die Politik eine wirklich gute Basis geschaffen, um von den Ressentiments, die hier früher noch bestanden haben, einen Schritt weiter zur Normalität zu machen.“

Die Pflanze muss gegossen werden

Die heutige Arbeit des Zukunftsfonds war ursprünglich nur für zehn Jahre angelegt. Im vergangenen Jahr wurde seine Tätigkeit aber um weitere zehn Jahre verlängert. Eigentlich sagen die Politiker, die Beziehungen könnten heute nicht besser sein zwischen Deutschland und Tschechien. Wie sehen Sie die Zukunft des Fonds? Hat seine Arbeit weiter Sinn?

„Absolut, der Zukunftsfonds ist vergleichbar mit einer Pflanze. Man muss sie gießen, sonst wächst sie nicht und geht kaputt. Genauso ist es mit den Beziehungen zwischen unseren Staaten. Viele andere Staaten sind neidisch auf uns, dass wir in den deutsch-tschechischen Beziehungen solche Möglichkeiten haben. Deswegen muss der Fonds auch weiterhin bestehen. Denn wenn man hier nachlässt, ist das Vertrauen schnell zerstört. Dann dauert es sehr lange, bis es wieder aufgebaut wird.“

Der Fonds fördert Projekte und Veranstaltungen, die sich andere Menschen ausdenken. In diesen Tagen ist der Fonds auch Organisator einer großen Veranstaltung in Prag, einer Feier zum 20.Jubiläum. Was ist das alles geplant?

„Der Fonds hat inzwischen auch sehr viele eigene Ideen eingebracht, wie zum Beispiel den Journalisten-Preis. Dieser zeichnet Journalisten aus, die sich speziell mit dem Thema Deutschland-Tschechien befassen. Jetzt nach den 20 Jahren haben wir gesagt, wir sind Brückenbauer, denn wir haben die Brücke zwischen Deutschland und Tschechien geschlagen. Deswegen wollen wir ein großes Fest in Prag feiern. Das steigt auf der Mánes-Brücke über die Moldau, die für diesen Tag für den Verkehr gesperrt wird.“

Nachbarschaftsfest auf der Prager Mánes-Brücke

Foto: pixel2013,  Pixabay / CC0
Frau Kopřivová, das Programm haben hauptsächlich Sie gestaltet. Worauf dürfen sich die Besucher am Samstag freuen?

„Das Programm ist sehr vielfältig, so wie auch die Projekte, die der Zukunftsfond in der Vergangenheit gefördert hat. Deswegen war es für uns wirklich schwierig zu entscheiden, was alles auf der Brücke im Rahmen des Festivals stattfinden soll. Die Besucher können sich etwa auch Musik freuen, also Bands aus Tschechien und Deutschland, und auf Theater. Wir richten auch eine Werkstätte ein, in der jeder selbst etwas gestalten kann. In einem Straßenbahn-Waggon finden Diskussionsrunden statt. Im übertragenen Sinn steht die Straßenbahn als Verkehrsmittel, sich nicht nur im Raum weiterzubewegen, sondern auch in den Gedanken. Eine der vier Diskussionen dort dreht sich um die deutsch-tschechischen Beziehungen. Eine zweite beschäftigt sich mit Architektur, Leben und Wohnen in der Stadt und wie man das Leben in der Stadt so gestalten kann, dass es den Leuten dort Spaß macht. Dann gibt es eine weitere Diskussion zum aktuellen Thema ‚Fake-News in Tschechien und Deutschland‘.“

Was halten Sie persönlich für den Höhepunkt des Fests? Gibt es etwas, auf das Sie sich besonders freuen?

„Ich freue mich wirklich auf alles. Es wird für mich aber ein ziemlich anstrengender Tag. Wenn man überall sein will, dann wird es kompliziert, das zu koordinieren. Ich persönlich freue mich sehr auf Grotest Maru. Das ist ein Theaterensemble aus Berlin. Diejenigen, die Sport mögen, können auf der Brücke übrigens auch Fußball spielen. So etwas gab es wohl in der Weise bisher noch nicht in Prag. Viele meiner Kollegen aus Deutschland freuen sich auch auf die Band Kraftklub aus Deutschland.“


Die Feier mit dem Titel Brücke 20.0 findet auf der Mánes-Brücke im Prager Stadtzentrum statt. Das Programm beginnt am Samstag um 10.00 Uhr und geht bis 22.00 Uhr. Der Eintritt zu den vielfältigen Veranstaltungen ist kostenlos. Die Brücke ist an diesem Tag für Autos und Straßenbahnen gesperrt, der Verkehr wird umgeleitet.